"Bei 5000 Euro würde ich schwach werden"
Er hat das große Los gezogen: Der Hamburger Sven Gronau bekam zwei Tickets für das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft zugesprochen. Im Interview spricht der St.-Pauli-Fan über seine Schwarzmarkt-Schmerzgrenze, den Fußballgott und verrät, warum sein bester Freund nicht mit zum Finale darf.SPIEGEL ONLINE: Herr Gronau, wir haben gehört, dass Sie seit vergangenem Freitag eine gute Partie sind?
Gronau: Warum? Nur weil ich als einer der wenigen Karten für die WM zugelost bekommen habe?
SPIEGEL ONLINE: Sie untertreiben. Schließlich sprechen wir nicht von irgendwelchen Karten.
Gronau: Stimmt. Tickets für ein WM-Finale bekommt man nicht alle Tage.
SPIEGEL ONLINE: Sind Sie vom Stuhl gefallen, als die glückliche Botschaft am vergangenen Freitag sie erreicht hat, oder sind Sie gleich in die nächste Kneipe marschiert?
Gronau: Weder noch. Ich wurde erst am Samstag dran erinnert, als ich in der Zeitung von den vielen Fans las, die leer ausgegangen sind. Dann bin ich an den Rechner gegangen und habe gesehen, dass ich einige Karten bekommen habe.
SPIEGEL ONLINE: Wie bitte? Haben Sie etwa neben den Finalkarten noch mehr Tickets zugelost bekommen?
Gronau: Ja. Meine Quote liegt bei 66 Prozent. Ich hatte je zwei Karten für ein Vorrunden-, ein Viertelfinalspiel und das Finale bestellt. Jeweils in der günstigsten Kategorie. Bis auf das Viertelfinale gingen meine Wünsche in Erfüllung.
SPIEGEL ONLINE: Dann kostet Sie das Finale 240 Euro. Auf dem Schwarzmarkt könnten Sie mindestens mit dem zehnfachen Betrag rechnen. Davon kann man sich eine lange Karibik-Reise finanzieren.Gronau: Ich habe es schon einmal bereut, Karten für ein Sporthighlight verkauft zu haben. Damals war ich 13 und lebte in Kiel. Mein Lieblingsverein, der THW, hatte ein Spitzenspiel gegen Gummersbach. Vor der Halle hat mir jemand 100 Mark für mein Ticket geboten. Bei 10 Mark Taschengeld im Monat konnte ich das nicht ablehnen.
SPIEGEL ONLINE: Die Zeiten ändern sich. Wie viel Geld müsste man Ihnen denn 2006 für ein Finalticket bieten?
Gronau: Ich kenne meine Schmerzgrenze nicht. Eigentlich will ich die Karten gar nicht verkaufen. Schon als Kind habe ich vor dem Fernseher die Fans beneidet, die beim Finale 1974 in München live im Stadion waren. Aber wenn jemand mit 5000 Euro vor mir rumwedelt, könnte ich schon schwach werden.
SPIEGEL ONLINE: Das wird ihr bester Freund nicht gern hören.
Gronau: Das muss den gar nicht interessieren, da ich meiner Frau versprochen habe, dass sie mitkommt. Alles andere würde unsere Ehe ernsthaft gefährden.
SPIEGEL ONLINE: Das dürfte ihren Beliebtheitsgrad bei ihren Fußballfreunden nicht unbedingt steigern.
Gronau: Die haben bereits ausgiebig versucht, mir die Karten abzujagen. Sogar von Entführung war die Rede. Doch es ist sinnlos, die Karten sind an einem sicheren Ort.
SPIEGEL ONLINE: Sie hatten wirklich Glück. Glauben Sie jetzt an den Fußballgott?
Gronau: An den glaube ich schon immer. Wäre ich sonst St.-Pauli-Fan? Nach allem, was ich mit diesem Verein in den letzten Jahren durchleben musste, empfinde ich das mit den Finalkarten als gerecht. Ich freue mich, endlich mal etwas anderes zu sehen als das Gegurke am Millerntor.
Quelle Spiegel online