Basilou hat geschrieben:Folgende Ausgangslage:
[INDENT]Arbeitnehmer (AN) X ist regelmässig krank und erhält deshalb nach Ablauf der 90 Tage Sperrfrist
(die offenbar addiert werden dürfen, wenn es sich immer um die gleiche Krankheit handelt) Ende Dezember 2011 die Kündigung per Ende März 2011. AN ist 2012 weiterhin durch den Arzt krankgeschrieben, hat aber noch nicht bezogene Überstunden und Ferien aus dem Jahr 2011. Im Februar 2012 erhält AN einen Brief, er sei ab sofort freigestellt, womit sämtliche Ferien- und Überstunden-Ansprüche abgegolten seien. Trotzdem habe AN eine Krankmeldung (Arztzeugnis) für die Zeit bis Ende März 2012 abzuliefern.
[/INDENT]Frage: ist das rechtens?
Nach gesundem Menschenverstand und als juristischer Laie würde ich meinen, wenn jemand krankgeschrieben ist, kann der AG nicht einfach kommen und sagen "Du bist jetzt freigestellt und hast damit sämtliche Ferien- und Überzeit-Ansprüche verloren". Die nicht bezogenen Ferien und geleisteten Überstunden sind ja der Firma bereits zugute gekommen.
Und freistellen und gleichzeitig ein Arztzeugnis zu verlangen beisst sich meiner Meinung nach auch.
Was meinen die Experten dazu? Vielen Dank!
PS: AN bin nicht ich, und falls das jemand nicht glauben sollte, tut das ja eh nicht viel zu Sache.
Folgendermassen: Zutreffend ist zunächst, dass Krankheitsperioden für die Berechnung der Sperrfrist addiert werden können, wenn es sich um einen Rückfall handelt. Da hat der Arbeitgeber richtig gehandelt.
Wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber während der Kündigungsfrist von der Pflicht zur Erringung der Arbeitsleistung freigestellt wird, muss er nicht arbeiten, erhält aber Lohn. Ist er in der Freistellungszeit arbeitsunfähig, hat er Lohnfortzahlungsanspruch (ich nehme an, inzwischen zahlt die Krankentaggeldversicherung). der Arbeitgeber kann weiterhin ein Arztzeugnis verlangen,trotz Freistellung.
In der Freistellungszeit darf der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer sodann grundsätzlich verlangen, dass er Ferientage "verbraucht", wenn er die Möglichkeit hat, Ferien auch wirklich geniessen zu können. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab: Waren ohnehin Ferien geplant? Wer hat die Kündigung ausgesprochen? Muss der Arbeitnehmer eine neue Stelle suchen oder hat er bereits einen neuen Arbeitsvertrag in der Tasche? Dies lässt sich also nur im Einzelfall und mit genaueren Informationen beantworten. Für Deinen Fall ist aber entscheidend, dass der Ferienbezug natürlich dann ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitnehmer "ferienunfähig" ist. Ferienunfähigkeit ist nicht dasselbe wie Arbeitsunfähigkeit. Massgebend ist, ob die Ferien den Erholungszweck erfüllen können (bei Bettlägerigkeit, Spitalaufenthalt etc. ist dies nicht der Fall). Die Frage ist daher, welche Krankheit Dein Bekannter hat. Ist er ferienfähig, kommt eine Kompensation von Ferienansprüchen mit der Freistellungszeit - je nach Umständen des Einzelfalls - in Frage.
Die Kompensation von Überstunden durch die Freistellungszeit ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer ohnehin in die Freizeitkompensation von Überstunden eingewilligt hat (bei Überstunden ist nämlich die Abgeltung die Regel, nicht die Kompensation). Fehlt eine solche Vereinbarung, kann ohnehin keine Kompensation angeordnet werden (die Verweigerung der Überstundenkompensation kann aber gegebenenfalls missbräuchlich sein). Soweit dagegen die Freizeitkompensation grundsätzlich vereinbart wurde, kann die Kompensation von Überstundenguthaben während der Freistellungszeit vom Arbeitgeber angeordnet werden. Allerdings ist Arbeitsfähigkeit vorausgesetzt; und auch hier kann bspw. das Erfordernis der Stellensuche der Kompensation von Überstundenguthaben entgegenstehen. Der Arbeitsunfähige kann keine Überstundenguthaben durch Freistellung kompensieren.
Lange Rede kurz zusammengefasst: Dein Bekannter kann (bei Arbeits- und Ferienunfähigkeit) grundsätzlich geltend machen, dass er sich infolge Arbeits- und Ferienunfähigkeit keine Kompensation von Ferien- und Überstundenguthaben gefallen lassen muss. Er hat aber weiterhin ein Arztzeugnis vorzuweisen. Alles weitere hängt vom Einzelfall ab. Bei weitergehenden Fragen auch PN.