Ottmar Hitzfeld nach Qatar?

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Ernesto
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Ottmar Hitzfeld - Fussballtrainer im (momentanen?) Ruhestand

Beitrag von Ernesto »

OTTMAR HITZFELD, FUSSBALLTRAINER IM (MOMENTANEN?) RUHESTAND

Die Folgen fehlender Alarmbereitschaft

Von Fredy Wettstein, München

Wäre er noch Trainer, er hätte es so nicht gesagt. Und was er sagte, war harmlos, sagen viele und steht überall zu lesen, wenn von Jose Mourinho, dem portugiesischen Trainer des Londoner Klubs FC Chelsea, die Rede ist. «Arrogant» sei Mourinho, er habe ihn vor einigen Jahren bei einem Trainerkongress kennen gelernt, und er sei mit seiner Art nicht sehr angenehm aufgefallen, er sei eben «kein Sportsmann». Das war alles, mehr nicht.

Aber es war ein Urteil von Ottmar Hitzfeld. Von dem Mann, den man als Gentleman-Trainer kennt, der, wenn er in der Öffentlichkeit stand, jedes Wort, fast jedes Komma genau prüfte. Und der sich deshalb vor jedem Auftritt überlegte, was und wie er etwas sagen wollte, der immer korrekt, immer sehr anständig und immer souverän blieb.

Nie hätte Hitzfeld das Wort «arrogant» in den Mund genommen, wenn er von einem Kollegen gesprochen hätte. Er tat es jetzt vor einigen Tagen als Gast-Kommentator im deutschen Pay-TV-Sender Premiere, er hat sich nicht viel dabei gedacht, weil «ja alle so von Mourinho sprechen». Aber weil es Hitzfeld war, der sich auch so äusserte, nutzte die Fernsehanstalt die Gelegenheit, um mit seiner Aussage auf die Sendung aufmerksam zu machen. Was dann geschah, ist das, was Hitzfeld selber die «bekannten Mechanismen» nennt: Seine Worte machten Schlagzeilen, in deutschen, aber vor allem englischen Zeitungen, die alles aufsaugen, was gegen den auch dort unbeliebten Mourinho («Erst kommt Gott, und dann komme ich») verwendet werden kann. Zuletzt liess der selbstbewusste Mann, der so gerne provoziert, in seiner Kolumne in einer portugiesischen Tageszeitung schreiben, ohne den Namen Hitzfeld zu erwähnen: «Ein gefeuerter Trainer hat den besten Job. (. . .) Du stehst um halb elf auf, nach dem Mittagessen besuchst du die Bank, um zu sehen, ob das Geld, das dein Klub dir immer noch zahlt, auf dem Konto ist. Da bleibt genügend Zeit, Leute zu kritisieren, die du nicht kennst. (. . .) Geh arbeiten, du fauler Sack. Und wenn du das nicht. willst, dann lass die anderen in Ruhe arbeiten.»

Wenn er könnte, dann würde Hitzfeld seine Aussage zurücknehmen. Nicht, weil sie nicht wahr ist, sondern weil er genau das seit einem Jahr, seit der Trennung von Bayern München, nicht mehr will: keinen Stress, keinen Druck, keine Schlagzeilen, nur Ruhe, nur noch das Leben geniessen, auf irgendwelchen Plätzen Europas golfen, auf dem Titlis Ski fahren, «ohne Fussball glücklich sein, etwas, was ich mir nie hätte vorstellen können». Er sagt und schmunzelt dabei: «Was mir passierte, ist typisch für das Rentnerdasein. Ich war nicht in Alarmbereitschaft.»

Hitzfeld, 55-jährig, erfolgreich wie fast kein anderer Trainer, bereits ein Frührentner? Fast täglich bekommt er Anfragen, ist irgendeine Nachricht auf seiner Combox, suchen ihn Vermittler oder Manager von fast allen Klubs Europas, die ihn verpflichten wollen. Er aber will weiterhin alles offen lassen. Er war gestern in München, aber nicht im Olympiastadion, wo Bayern gegen Chelsea spielte und er möglicherweise noch Mourinho getroffen hätte, und heute fliegt er nach Qatar. Vielleicht trifft er dort auch einen Scheich. Und plötzlich ist das eine Möglichkeit: Nochmals Trainer sein und trotzdem das Leben geniessen, daneben golfen können und viel Geld verdienen.

Und vor allem weg sein von allen möglichen Schlagzeilen.


Quelle: Tages-Anzeiger -- 13.04.2005
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Roonaldo
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Beitrag von Roonaldo »

Ganz ehrlich ich würds im gönne.. Er isch e grossartige Sportsmaa und ich kas absolut verstoh wenn är kei Lust meh hett, dass me jede Satz vo ihm duet usschlachte... Würd mr au uff e Sänkel go. :mad:
(Au wenn i ihn gärn nomol bimene grosse europäische Club seh würd... :cool: )

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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

Roonaldo hat geschrieben:Au wenn i ihn gärn nomol bimene grosse europäische Club seh würd... :cool:
:confused:

Nochmal? Bisher war er doch erst bei Grasspoppers Zureich, Borussia Doofmund und Gayern Hühnchen...
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nogomet
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Beitrag von nogomet »

Ernesto hat geschrieben: :confused:

Nochmal? Bisher war er doch erst bei Grasspoppers Zureich, Borussia Doofmund und Gayern Hühnchen...
vergisst du seine ersten trainerstationen absichtlich? falls sich deine frage nur auf die grossen vereine beziehen sollte, finde ich die erwähnung der grassfloppers in diesem zusammenhang doch reichlich unangebracht.
Der Kapitalist ist nicht mehr der einsame Geizhals, der sich an den verbotenen Schatz klammert und ab und zu im stillen Kämmerlein hinter der fest verschlossenen Tür einen verstohlenen Blick darauf wirft, sondern ein Subjekt, welches das grundsätzliche Paradox akzeptiert, dass die einzige Art und Weise, den eigenen Schatz zu bewahren und zu vermehren, darun besteht, ihn auszugeben.

[RIGHT]Slavoj Zizek[/RIGHT]

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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

nogomet hat geschrieben:vergisst du seine ersten trainerstationen absichtlich?
Den SC Zug und FC Aarau bewusst nicht aufgeführt - erstens war er mit diesen (ausser glaub mit Aarau einmal) nicht gross im europäischen Fussball engagiert und zweitens (und das war dabei noch ausschlaggebender) versuch du mal die beiden Vereine zu verballhornen!
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Fredy H.
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Beitrag von Fredy H. »

Ernesto hat geschrieben:... Vielleicht trifft er dort auch einen Scheich. Und plötzlich ist das eine Möglichkeit: Nochmals Trainer sein und trotzdem das Leben geniessen, daneben golfen können und viel Geld verdienen.[/color]
Quelle: Tages-Anzeiger -- 13.04.2005
vielleicht dies, vielleicht jenes. Und wenn er in Engelberg ist, wird er vielleicht Trainer des FC Engelberg...
Fürs Geld muss er sicher nicht mehr Trainer sein, er bezieht auch noch Lohn von Bayern.
[CENTER]Nur ich bleibe - wie Unkraut. Ich und Scott Chipperfield (VS 2011)[/CENTER]

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Ernesto
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Interview mit Ottmar Hitzfeld (Teil 1/2)

Beitrag von Ernesto »

Hamburger Abendblatt u2013 23.05.2005

"Junge Trainer riskieren mehr"

Ottmar Hitzfeld über die abgelaufene Bundesliga-Saison, Thomas Doll, Jürgen Klinsmann - und seine neue Ehrlichkeit.


ABENDBLATT: Herr Hitzfeld, wie sieht Ihr Saisonfazit aus? Daß Bayern Meister wird, stand das für Sie fest?

HITZFELD: Zu 80 Prozent steht das immer fest, weil Bayern immer den besten Kader hat und der 16. oder 17. Bayern-Spieler in anderen Klubs Leistungsträger wäre. Man kann Ruhe bewahren, Konstanz hereinbringen. Daß sie jetzt Meister wurden, lag auch an Schalke, weil die das entscheidende Spiel nach dem Sieg gegen Bayern in Mainz verloren haben.

ABENDBLATT: Gab es in dieser Saison überhaupt große Überraschungen?

HITZFELD: Daß Schalke nach dem schlechten Start so einen Aufwind bekommt und lange Zeit um die Meisterschaft mitspielen kann. Im nächsten Jahr werden sie erst richtig stark sein. Auch der HSV hat mich überrascht, der in den Abstiegskampf involviert war und plötzlich Kräfte freisetzte, sogar ein bißchen an der Champions League geschnuppert hat. Aber dann ging ein wenig die Luft aus. Vielleicht wurde der Druck zu stark. Nachdem man lange nur gewinnen konnte, hatte man plötzlich etwas zu verlieren. Da kommen auch die Nerven ins Spiel. Überrascht hat mich Bielefeld, die nie Probleme hatten.

ABENDBLATT: Gibt es für Sie einen Spieler der Saison?

HITZFELD: Man kann die Leistung Oliver Kahns nicht hoch genug einschätzen, er mußte den größten Druck aushalten. Es ist ja in Deutschland gern so, daß man jemanden hochjubelt, um dann das Denkmal zu stürzen. Auch Michael Ballack hatte ein sehr gutes Jahr, sehr konstant. Oder Marek Mintal als Torschützenkönig - damit hätte man viel Geld verdienen können.

ABENDBLATT: Wer ist Ihr Trainer der Saison?

HITZFELD: Normalerweise muß man sagen: Felix Magath - als deutscher Meister. Man hat am meisten Druck, am meisten Streß, es ist schwierig, immer die Ruhe zu bewahren. Dann Uwe Rapolder mit Bielefeld, der große Mannschaften schlagen konnte und auch auswärts sehr guten Fußball zeigte. Ralf Rangnick gehört sicher dazu, weil er in einem schwierigen Umfeld Ruhe hereingebracht, der Mannschaft auch ein klares Konzept gegeben hat. Wie auch Thomas Doll, der ins kalte Wasser geworfen wurde und seiner Mannschaft wieder Leben eingehaucht hat.

ABENDBLATT: Sie sprechen Namen an, die mit dem Begriff "neue Trainergeneration" verbunden werden. Würden Sie von einer nachrückenden Generation sprechen, und was unterscheidet diese von den Etablierten?

HITZFELD: Die Frage ist ja, wie lange sich die Jungen halten können. Es werden ja immer ein paar verschwinden in den nächsten zwei Jahren. Es gibt interessante Namen, Jürgen Klopp gehört dazu. Wie alle jungen Trainer sprechen sie mehr die Sprache der Spieler als ältere Trainer, die vielleicht dem Druck besser widerstehen können, weil sie mehr Erfahrung haben und mehr Schlachten geliefert haben. Aber die Bewährungsprobe kommt erst. Das gilt auch für Doll, wenn die Erwartungen lauten: Hamburg muß in den Uefa-Cup. Es ist ein Unterschied, ob man das Feld von hinten aufrollt oder von Anfang an am Erfolg gemessen wird. Das Gleiche gilt für Rangnick. Er muß in der nächsten Saison wieder um den Titel spielen.

ABENDBLATT: Machen die Jungen taktisch, kommunikativ oder im Training etwas anders?

HITZFELD: Taktisch glaube ich nicht. Alle Teams spielen heute ähnlich. Junge Trainer haben immer den Vorteil, daß man euphorischer an die Aufgabe herangeht. Man ist unverbraucht, hat noch keine Krisen, man ist noch nicht angeschlagen gewesen. Man kann seine Ideen unbeschwert umsetzen, sie riskieren mehr. Das beschwingt und kann sich auch auf die Mannschaft übertragen. Die Frage ist: Was bleibt davon übrig, wenn die Rückschläge kommen?

ABENDBLATT: Man hört immer, daß neue Trainer viel reden.

HITZFELD: Im ersten Jahr redet man ja mehr als im zweiten oder dritten Jahr. Wenn man beginnt, geht es darum, daß sich Trainer und Spieler kennenlernen, man führt automatisch mehr Einzelgespräche, man spricht mit den Ersatzspielern, man muß ihnen erklären, wo sie stehen. Im zweiten oder dritten Jahr brauche ich das einem Spieler nicht mehr erklären, warum er Ersatz ist, dann gibt es eine Hackordnung. Wenn man die Bundesliga-Geschichte und die Trainer verfolgt, erkennt man: Es gibt immer wieder Teams, die über ihre Verhältnisse spielen und wo der Trainer gefeiert wird. Und im zweiten Jahr kommt plötzlich der Alltag, und viele Trainer bleiben auf der Strecke. Deshalb glaube ich nicht, daß man prinzipiell von einer neuen Trainergeneration sprechen kann.

ABENDBLATT: Sie ließen zu Beginn ihrer Trainer-Karriere sehr offensiv spielen. Führte der zunehmende Druck und die Erwartungshaltung dazu, daß sie immer vorsichtiger spielen ließen?

HITZFELD: Absolut. Man ist voller Euphorie, hat noch nie ein Spiel verloren, glaubt an das Glück. Mein Ziel als junger Trainer war, für Furore zu sorgen, fast revolutionär zu spielen. 1983 habe ich in der Schweiz die Viererkette eingeführt, wir haben auf Abseits gespielt, wie Ernst Happel. Bei Grasshoppers Zürich, den Bayern der Schweiz, mußte ich Meister werden, da kann man dieses hohe Risiko nicht gehen. Wenn ich zu Bayern gehe und sage: Wir bieten Spektakel mit hohem Risiko, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, daß es schiefgeht. Ein Favorit muß gut organisiert spielen, etwas verhaltener. Weil man mit der Substanz im Team die Fehler des Gegners ausnutzen kann.

ABENDBLATT: Messen Sie die Qualität eines Trainers nur am Erfolg?

HITZFELD: Ich bin und denke nun einmal sehr erfolgsbezogen. Die Spielweise ist ja nicht meßbar wie beim Eiskunstlauf. Über kurz oder lang muß es Ziel eines jeden Trainers sein, Titel zu holen. Aber dafür muß man auch mehr Verantwortung übernehmen. Ich hätte in Aarau bleiben können und um den achten Platz spielen können, dann wäre mein Leben ruhiger verlaufen. Meine Philosophie ist der größtmögliche Erfolg. Als Torjäger war ich früher nur zufrieden, wenn ich getroffen hatte und nicht, wenn ich gut gespielt hatte.

ABENDBLATT: In der Nationalelf unter Jürgen Klinsmann scheint man nicht nur erfolgsorientiert zu denken, sondern auch das Spektakel zu suchen.

HITZFELD: Wenn man diese Euphorie beibehalten kann, diese Innovationen weiter rüberbringt, vieles erneuert, diese Begeisterung hochhält, kann man Großes erreichen. Aber es ist natürlich schwieriger, als wenn man sagt: Ich verlasse mich auf ein stabiles Gerüst, mehr Erfahrung und Konstanz.

ABENDBLATT: Was hätten Sie gemacht?

HITZFELD: Ich hätte sicher nicht die Begeisterung wie Klinsmann hereingebracht, weil ich nicht so experimentierfreudig gewesen wäre wie ein junger Trainer und nicht diese Euphorie geweckt hätte, weil ich mehr meine Erfahrung sprechen gelassen hätte. Zudem war ich nicht in der Lage, den Job anzunehmen.

ABENDBLATT: Uli Hoeneß hält Klinsmann für eine Notlösung.

HITZFELD: Ich finde, er hat das phantastisch gemacht, wie er die Begeisterung geweckt hat bei den Spielern. Die Mannschaft lebt, jeder fiebert mit, setzt sich ein, das ist Teamwork, auch taktisch haben sie ganz gut gespielt. Nicht nur die Ergebnisse stimmen, sondern auch die Spielweise. Aber die Frage ist ja bei Klinsmann: Wann stelle ich um auf ein Korsett in der Mannschaft, so daß ich einen Stamm habe? Behält er seine Philosophie bei, daß er sagt: Der Stamm ist nicht so wichtig, für mich ist wichtig, daß alle 20 brennen und keiner weiß, wer spielt? Oder werde ich 2006 schauen, daß ich einen Stamm habe, also sieben, acht Spieler, die gesetzt sind, unabhängig von der Form in der Bundesliga?

ABENDBLATT: Denken Sie daran, wenn Sie Klinsmann sehen: Da könnte ich jetzt auch sitzen?

HITZFELD: Nein. Natürlich ist der Nationaltrainer-Posten etwas Besonderes, und wenn ich ausgeruht gewesen wäre, hätte ich ohne zu zögern zugesagt. Ein Jahr später hätte ich sicher zugesagt. Aber zu diesem Zeitpunkt ging es nicht, und das war auch meine beste Entscheidung, die ich treffen konnte, auch im nachhinein. Ich habe das gebraucht, war schon ziemlich ausgebrannt, schlief schlecht, hatte zu wenig Freude am Fußball. Wenn man müde ist und sich bei Siegen nicht mehr freut, hat es keinen Sinn.

ABENDBLATT: Wann fing das an bei Ihnen?

HITZFELD: Bereits 2001, als ich nach dem Gewinn der Champions League zu Uli Hoeneß gesagt habe, daß ich aufhören möchte. Ich wollte den Vertrag auflösen, wenn er einverstanden ist. Weil es damals unheimlich schwierig war, nochmal ins Finale der Champions League zu kommen, und das sollte man ab und zu bei den Bayern. Aber dann muß man total powern und ausgeruht sein. Und ich war damals schon ziemlich müde.

ABENDBLATT: Aber dagegen stand doch dieser Lebenstraum, eine WM im eigenen Land zu haben und Bundestrainer zu sein.

HITZFELD: Ja, aber da waren sechs Jahre Bayern. Und im Jahr davor haben wir das Double geholt. Aber da war man schon nicht zufrieden, weil wir in der Champions League ausgeschieden sind. Und letztes Jahr sind wir in der Bundesliga nur Zweiter hinter Bremen geworden. Wir hinkten immer hinterher. Das hat so viel Kraft gekostet, soviel Kritik gebracht, darum hat es keinen Spaß mehr gemacht.
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Ernesto
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Interview mit Ottmar Hitzfeld (Teil 2/2)

Beitrag von Ernesto »

ABENDBLATT: Das konnten Sie ja ganz gut verheimlichen, weil im Prinzip ganz Deutschland, auch Franz Beckenbauer, glaubte, Sie machen es. Das Umfeld wußte nicht, wie es in Ihnen aussieht?

HITZFELD: Das wußte niemand. Meine Frau hat das gespürt, meine Familie, meine Geschwister, daß ich nicht mehr die Person war, die begeistern konnte, die lebensfroh ist.

ABENDBLATT: Dennoch war Ihre Entscheidung sehr mutig.

HITZFELD: Das war eine meiner schwersten Entscheidungen. Es war schwieriger ab-, als zuzusagen. Ich habe DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder gleich gesagt: Zu 80 Prozent mache ich es nicht, aber ich wollte es mir gründlich überlegen. Ich dachte: Irgendwann wache ich auf und sage: "Jetzt mache ich es!" Aber ich bin aufgewacht und war schweißgebadet - das ist ein Unterschied. Normal müßte man in Euphorie verfallen und sagen: "Super, da freue ich mich drauf, das mache ich!" Aber wenn man gleich den Druck körperlich spürt, dann kann man auch nicht begeistern, und dann hat man auch keinen Erfolg.

ABENDBLATT: Gibt es auf Vereinsebene noch eine Herausforderung für Sie? Sie haben ja schon alles gewonnen.

HITZFELD: Ja natürlich, eigentlich ist das schade . . .

ABENDBLATT: Dann wäre die logische Folge, künftig ein Nationalteam zu betreuen?

HITZFELD: Das ist schon möglich, das möchte ich offenlassen. Ich habe zwei lukrative Angebote, aber Geld allein macht auch nicht glücklich.

ABENDBLATT: Kann es sein, daß Sie immer versucht haben, allen gerecht zu werden und daher viel in sich hineingefressen haben?

HITZFELD: Ich habe immer alles dem Erfolg untergeordnet. Das wichtigste war am Schluß, das Ziel zu erreichen, den größtmöglichen Erfolg. Dafür muß man Kompromisse machen. Wie in meinem ersten Trainerjahr in Aarau, das schwierigste überhaupt. Dort gab es einen Bauunternehmer, einen Millionär. Am Anfang hieß es: In zwei, drei Jahren wollen wir aufsteigen. Nach zwei Spieltagen mußten wir schon Meister werden. Da mußte ich viele Kompromisse eingehen. Wäre ich nach einem halben Jahr entlassen worden, würde ich vielleicht nicht hier sitzen und wäre früh gescheitert. Das war meine Doktorarbeit: Sich bei dem Umfeld durchzusetzen und glaubwürdig zu bleiben, dem Präsidenten mal Paroli bieten, ohne die Konfrontation zu suchen. Einmal war er schon mit der Hand an meiner Gurgel, dann ging die Tür auf: Pressekonferenz - und ich mußte über das Spiel reden.

ABENDBLATT: Sie wurden Meister. Aber Ihre Art, den Kompromiß zu suchen, zu schlichten, haben Sie beibehalten. Nach außen hatten Sie sich immer im Griff. Aber wie sah das innen aus?

HITZFELD: Das reibt auf, das kostet sehr viel Kraft. Gut, introvertiert bin ich schon etwas. Mit den Freunden spreche ich viel, aber zum Umfeld, zum Vorstand bleibe ich eher zurückhaltend. Auch bei den Bayern wollte ich nicht zuviel kommunizieren, weil ich die Dinge für mich entscheiden wollte.

ABENDBLATT: Im Champions-League-Finale mit Dortmund haben Sie 1997 den lange verletzten Matthias Sammer gebracht und nicht Wolfgang Feiersinger.

HITZFELD: Das war die schwerste Entscheidung meines Lebens. Da habe ich wochenlang überlegt. Feiersinger hatte super gespielt, aber Matthias Sammer war wieder fit. Und auf der Bank brauchte ich als Joker René Tretschok. Also mußte ich ihn im Finale nicht nur draußen lassen, sondern auf die Tribüne setzen. Für mich war das Streß. Aber ich habe mich für den Erfolg entschieden. Die Menschlichkeit blieb auf der Strecke.

ABENDBLATT: Bei "Premiere" sind Sie Beobachter. Hat das Ihre Sichtweise verändert?

HITZFELD: Insofern, daß ich etwas ehrlicher sein kann . . . Das war ich früher auch, aber ich konnte nicht immer die Meinung sagen. Ich kann ja keine Teamsitzung vor der Kamera machen und einen Spieler bloßstellen. Jetzt kann ich die Dinge beim Namen nennen.

ABENDBLATT: Was ist der größte Fehler eines Stadion- oder Fernseh-Fans, wenn er Kritik übt?

HITZFELD: Der normale Fan kann sich oft nicht in die Situation eines Spielers hineinversetzen. Der Fan geht davon aus, daß der Spieler den Ball optimal treffen muß, wenn er aus 16 Metern frei zum Schuß kommt. Das dachte ich als Kind früher auch, daß ein Profi den Ball locker in den Winkel schlagen kann. Aber das stimmt ja nicht. Es gehört immer sehr viel Glück dazu, Faktoren wie den Boden oder den störenden Gegner. Dafür hat man zuwenig Verständnis.

ABENDBLATT: Aber ist der Fußball in der Bundesliga nicht auch schwächer als in anderen europäischen Topligen?

HITZFELD: Die Bundesliga hat außer Bayern nicht die Konstanz. Was ich kritisiere: In Deutschland werden zu viele Kopfballduelle abgepfiffen, in England lassen die Schiedsrichter die Spiele mehr laufen. Wenn man mehr Körpereinsatz duldet, würde das Spiel schneller. Sicher gibt es in Deutschland die Sucht, daß sich die Spieler zu schnell fallenlassen. Aber man kann die Spieler erziehen.

ABENDBLATT: Welche Gründe gibt es noch?

HITZFELD: Wir haben sicher nicht die besten Ausländer, aber die hatten wir nie. Das liegt auch am Geld. Wenn man wie in England oder Spanien jedes Jahr 20, 30 Millionen Euro durchs TV mehr zur Verfügung hat, sind das zwei Topspieler.

ABENDBLATT: Durch mehr ausländische Stars wäre es noch schwieriger für junge Deutsche.

HITZFELD: Man sollte vielleicht in der Zweiten Liga eine Regelung einführen, wonach in jedem Spiel mindestens fünf Deutsche eingesetzt werden müssen, um den Unterbau zu verstärken.

ABENDBLATT: Oder sind die Jungen nicht mehr so hungrig?

HITZFELD: Das sehe ich nicht so, nein. Wir haben eine gute Generation, die ehrgeizig ist.

ABENDBLATT: Wer fällt Ihnen auf?

HITZFELD: Per Mertesacker von Hannover 96. Lukas Podolski ist ein Traumfußballer, ein Vollblutstürmer, auf den man einige Jahre warten mußte.

ABENDBLATT: Hat Deutschland zuwenig Weltklassespieler?

HITZFELD: Wir haben nicht die Substanz wie 1974 oder 1990, da hatten wir spielerisch mehr Möglichkeiten, mehr Kreativspieler.
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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

Tagesanzeiger u2013 25.05.2005

Ottmar Hitzfeld als Experte bei Premiere

Ottmar Hitzfeld verlängert seine Auszeit als Trainer um ein Jahr. Er unterschrieb beim Pay-TV-Sender Premiere einen Vertrag bis nach der Weltmeisterschaft 2006, wo er 24 Spiele als Fussballexperte kommeniteren wird. Zudem ist er auch bei sechs Champions-league-Abenden dabei und hat beim Konföderationen-Cup im nächsten Monat (15. bis 29. Juni) sieben Einsätze. Das nächste Mal bei Premiere zu sehen ist Hitzfeld am 4. Juni bei der Übertragung von WM-Qualifikationsspielen. Hitzfeld erklärte dazu: «Die Entscheidung, ob ich im nächsten Jahr wieder als Trainer einsteige, lasse ich offen.»


Heute Abend ist Ottmar Hitzfeld übrigens bei SFDRS (SF2 ab 20.00 Uhr) während der Sendung zum Champions-League-Final Studiogast!
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São Paulino
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Beitrag von São Paulino »

Ernesto hat geschrieben:Den SC Zug und FC Aarau bewusst nicht aufgeführt - erstens war er mit diesen (ausser glaub mit Aarau einmal) nicht gross im europäischen Fussball engagiert und zweitens (und das war dabei noch ausschlaggebender) versuch du mal die beiden Vereine zu verballhornen!
Don't even think about it! :mad: :p
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Zemdil
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Beitrag von Zemdil »

(Si) Der seit einem Jahr als Trainer pausierende Ottmar Hitzfeld
(56) bleibt bis 2006 als Fussball-Experte beim deutschen Pay-TV-
Sender Premiere tätig.

Hitzfeld wird nach derzeitigem Stand erst nach der WM 2006 in
Deutschland über seine Rückkehr ins Trainer-Geschäft entscheiden.

Der Wahl-Schweizer will bei Premiere einschliesslich der WM bis zu
50 Einsätze am Mikrofon haben. Laut Premiere-Sportchef Carsten
Schmidt hat Hitzfeld in seinem Vertrag jedoch auch eine
Ausstiegsklausel festschreiben lassen. «Ich entscheide von Jahr zu
Jahr», sagte Hitzfeld: «Ich gehe aber davon aus, dass ich
irgendwann wieder auf der Trainerbank sitzen werde.»


Hitzfeld gewann als Trainer mit Borussia Dortmund und Bayern
München die Champions League und mit beiden Vereinen insgesamt
sechmal den deutschen Meistertitel. Zuvor hatte Hitzfeld seine
Trainerkarriere in der Schweiz beim SC Zug gestartet. Bei Aarau und
den Grasshoppers gewann Hitzfeld anschliessend seine ersten Titel
als Trainer.


------> 2006 Hitzfeld ersetzt CG ;)
Erster, Einziger und Bester!

*** Dr. h.q. (doctor honoris querulanda) / Alter Sack ***

aber nid dr Josef

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