19. Dezember 2004, 08:42, NZZ am Sonntag
Monument in Lebensgefahr
Der Servette FC ist gleich weit wie vor einem Jahr: am Abgrund
Von Pierre Nusslé
Ein Hauch von Panik bläst über das Stade de Genève. Strafverfolgung, unbezahlte Rechnungen, zwei ausstehende Monatszahlungen - die Probleme erdrücken den Servette FC. Der Verein ist in Gefahr, die Bilanz deponieren zu müssen. Marc Roger, seit März Präsident, hatte stets versichert, er besitze finanzielle Garantien, um die Schulden von sechs Millionen Franken tilgen und das Weiterleben der «Grenats» gewährleisten zu können. Die Versprechen sind nicht gehalten worden, die Situation ist katastrophal. Um die Saison 2004/05 zu beenden, benötigt Servette zehn Millionen Franken.
Wie konnte es so weit kommen? Die Genfer haben ein Kurzzeitgedächtnis. Bereits Anfang Jahr stand Servettes Beerdigung kurz bevor. Die langwierige Suche nach Unterstützung in der Region blieb damals ohne Erfolg. Genf besitzt keine Industrie mit gutem Ruf, keine Unternehmung mit Format, keine mutigen Politiker, keine Privatbankiers, die das Monument, ein wertvolles Erbe der Stadt, aus der Gefahr befreien würden. Doch plötzlich kam «Zorro» - Marc Roger. Ein jovialer Mann aus der Provence, in der Welt des Fussballs bestens bekannt, weil er an Transfers mehrerer grosser Spieler beteiligt gewesen war. Mit etwas Hokuspokus gelang es Roger, Servettes Bankrott zu verhindern. Flugs versuchte er, den Klub mit diskutablen Methoden neu zu beleben - blind für die Realitäten des Schweizer Fussballs. Er verpflichtete fast zwei Dutzend neue Spieler, die meisten aus dem Ausland. Doch trotz den Engagements bekannter Spieler wie Karembeu, Moldovan und Ziani waren die Resultate lange schlecht.
Die finanzielle Situation hielt ebenfalls negative Überraschungen bereit. Rogers Prahlereien machten Gläubiger hellhörig, die auf seit drei Jahren unbezahlte Rechnungen hinwiesen. Obwohl Roger bemüht war, die Schulden zu tilgen, häuften sich die Schwierigkeiten und wurden schliesslich unkontrollierbar. Zu dumm, gefielen auch Lorenzo Sanz, dem grosszügigen Servette-Geldgeber und ehemaligen Präsidenten von Real Madrid, Kommentare in der Presse nicht - vor allem jene, die berichteten, gegen Roger liege in Spanien ein Haftbefehl wegen Urkundenfälschung und Betrugs vor. Die Behauptungen der Zeitung «Le Temps» stellten sich als falsch heraus - doch auf der Suche nach neuen Partnern richteten sie beträchtlichen Schaden an. Inzwischen hat Roger eine Verleumdungsklage eingereicht.
Servette, in der Super League auf Rang acht klassiert, steht am Abgrund. Grösseren Zuschauerzuspruch haben zwar nur Basel und Zürich. Doch ein Durchschnitt von 8587 Fans kann nicht befriedigen - in einem Stadion, das während zehn Jahren reklamiert worden war und Träume genährt hatte, die zum Irrglauben führten, langfristige Planung sei gar nicht nötig, der Bezug des Stade de Genève werde alles zum Guten wenden.
Wird Servette aus der Elite des hiesigen Fussballs verschwinden? Marc Roger und der ehemalige Nationalliga- Präsident Jean-François Kurz suchen nach Rettungsmöglichkeiten. «Ich bin guter Hoffnung, vor Weihnachten exzellente Neuigkeiten verkünden zu können», sagt Roger ungebrochen optimistisch. «Lorenzo Sanz hat mir versprochen, er lasse mich nicht fallen.» Zudem will er einen Aktienverkauf lancieren, der zehn Millionen Franken einbringen soll. Doch kann man Roger, dessen Glaubwürdigkeit arg gelitten hat, überhaupt Glauben schenken? «Was hat es momentan für einen Sinn, von Fussball zu sprechen?», fragte der Trainer Adrian Ursea kürzlich.
Monument in Lebensgefahr : Servette
«SonntagsZeitung» vom 19.12.2004, Seite 41
Die tiefen Risse im Luftschloss
Marc Roger hatte forsche Pläne u2013 jetzt ringt er verzweifelt um das Überleben von Servette
VON PETER M. BIRRER
GENF Der Chef ist nicht da, er hat sich bis Montag abgemeldet. In Paris ist er vermutlich, vielleicht ist er schon weitergezogen, wer weiss das schon. Marc Roger ist weg, er habe viele Termine, lässt die Sekretärin auf der Geschäftsstelle des FC Servette ausrichten. Das muss als Auskunft genügen.
Über Petit- Lancy hängt eine dicke Wolkendecke, die Tristesse des Dezembers hat auch diesen Fleck Erde nicht verschont. Hier aber passt sie ganz gut zum Fussballklub, der im Genfer Stadtquartier daheim ist. Servette ist in erheblicher Not, wieder einmal, und Roger ringt um die Existenz. Laut Roger werden sofort zehn Millionen Franken benötigt, um den Laden vor dem Kollaps zu bewahren. Woher das Geld kommen soll? Pierre Aeschlimann, der ehemalige Generaldirektor des Klubs und mittlerweile Marketingleiter im Mandatsverhältnis, zuckt mit den Schultern. Er trägt einen feinen Anzug mit Krawatte und sieht nicht aus wie ein Angestellter, der resigniert hat. Aber er gibt zu, dass auch ihn Ungewissheit befallen hat. Er drückt sich so aus: « Ich will überzeugt sein, dass Servette nicht verschwindet. » Im August ist Aeschlimann zum Verein zurückgekehrt, und er vermeldet an diesem Freitag ein Ergebnis, das er als ermutigend wertet. Für gut 7000 Franken verkaufte die Merchandising- Abteilung im letzten Heimspiel gegen St. Gallen Fan- artikel. Das ist Bestmarke des Jahres und für Aeschlimann ein deutliches Signal dafür, « dass den Genfern das Schicksal von Servette nicht egal ist » .
Er holte im Sommer 21 Spieler und hatte den Titel im Kopf
Mit dem Verkauf von ein paar Trikots und Badetüchern lassen sich die Probleme aber nicht beheben. Das weiss auch Aeschlimann, für den der Rückzug des französischen Privatsenders Canal+ im September 2001 die Krise ausgelöst hat.
Servette drohte vor einem Jahr bereits das Ende, als gegen fünf Millionen Franken Schulden drückten und eben dieser Marc Roger der Einzige war, der zur Übernahme bereitstand. Aber für Roger gab es als Präsident von Servette keine Politik der Bescheidenheit. Im Sommer holte er 21 neue Fussballer nach Genf, darunter mit Christian Karembeu einen fremdfinanzierten Weltmeister.
Er veranschlagte das Budget auf 14 Millionen Franken und schätzte den Wert des Kaders auf gewaltige 45 Millionen; und er war schliesslich von grenzenlosem Optimismus, als er das sportliche Nahziel formulierte. Rogers ehrgeiziger ( und realitätsfremder) Plan sah vor, dass Servette den FC Basel deutlich hinter sich lassen und als Meister ablösen würde. Er bastelte fleissig an einem Luftschloss.
Und merkt jetzt, dass tiefe Risse sein Werk massiv destabilisiert haben. Nicht auf der Rechnung hatte der Geschäftsmann aber das mangelnde Interesse des Genfer Publikums. Statt 15 000 kamen bislang nur 8587 Zuschauer im Schnitt zu den Heimspielen. Und bis die Ansammlung der Neuen als Mannschaft funktionierte, war Servette in der Tabelle längst abgehängt.
Als sich die negativen Meldungen aus der Westschweiz häuften, schaltete sich die Swiss Football League ein. Rolf Suter reiste neulich in seiner Funktion als Licensing Manager nach Genf, stellte in einer zweistündigen Sitzung Fragen und bekam die Antworten, die er darauf wollte. Nur mochte Suter nicht darauf eingehen, was die Parteien besprachen. Was er zu sagen hatte, war das: « Ich lasse alles auf mich zukommen. Der Ball liegt bei Servette. Wir von der Swiss Football League können im Moment nichts unternehmen. » Als nächstes muss der Klub Zahlen per 31. Dezember präsentieren.
Und diese Zahlen sind Grundlage für die Erteilung der Spiellizenz 2005/ 06.
Jean- François Kurz möchte nur Servette helfen, nicht Roger
Um Servette zu retten, wandte sich Roger vor sechs Wochen an Jean- François Kurz, der inzwischen aus der Westschweiz nach Schindellegi SZ gezogen ist. Roger wünschte sich den einstigen Nationalliga- Präsidenten in den Verwaltungsrat der Servette AG, am liebsten als Vorsitzenden. Der 70- jährige Banker liess darauf von einem Treuhandbüro die Bücher prüfen. Als das Resultat vorlag, teilte er Roger aber mit: « Tut mir Leid, ich kann es nicht machen. Die Zahlen erlauben es mir nicht, dieser Gesellschaft beizutreten. » Kurz versprach aber, sich an der Suche nach Investoren aktiv beteiligen zu wollen, « weil es für den Schweizer Fussball von grosser Bedeutung ist, dass Servette bestehen bleibt » .
Kurz hat erste Kontakte geknüpft, wagt aber keine Prognose: « Ich sehe noch kein Licht am Ende des Tunnels. » Festgehalten haben will er, dass er nicht Hilfe für Marc Roger, sondern für Servette leiste. Verständnis hat er nämlich nicht für ein Unternehmen, das alles in allem 60 Angestellte unter Vertrag hat, davon 29 Profi- Fussballer, für eine Mannschaft, die weit von der europäischen Bühne entfernt ist. 40 000 Franken verliere Servette täglich und brauche für die Existenzsicherung bis Ende Saison 15 Millionen Franken, rechnete Kurz vor und erklärte, er sehe eine Sanierung nur als realistisch an, wenn der aufgeblähte Apparat drastisch abgespeckt und das Personal um die Hälfte reduziert werde.
Pierre Aeschlimann glaubt derweil, dass die kurzfristige Lösung einen Namen hat: Lorenzo Sanz, den Marc Roger als Investor geholt hat. Das Problem besteht offenbar darin, dass die Checks über drei Millionen Euro nicht einlösbar sind.
Wer in Dubai und Katar soll Interesse haben, Geld in Servette zu stecken?
Roger soll auch Kontakte zu möglichen Geldgebern in Dubai und Katar unterhalten, aber Kurz fragt sich: « Wer in Dubai und Katar soll Interesse daran haben, Geld in Servette zu investieren? » Ob und in welcher Form es für Servette eine Zukunft gibt, weiss niemand in Genf.
Trainer Adrian Ursea hat den Vorbereitungsstart auf den 13. Januar terminiert und ein Programm inklusive Trainingslager zusammengestellt. Aber abgesegnet ist es von seinen Vorgesetzten noch nicht. Und darum sagt er jetzt, ein paar Tage vor dem Abflug in die Ferien nach Rumänien: « Die Situation ist für uns alle extrem hart. » Ursea, nach der Entlassung von Marco Schällibaum zum Technischen Direktor befördert, berichtet von Zeiten, in denen über 30 Spieler im Training waren. Er lächelt und belässt es beim Kommentar: « Es war nicht einfach. »
Davide Callà fand nicht das Glück, sondern die grosse Ungewissheit
Das Kerngeschäft Fussball wurde wegen der Umstände zuweilen vernachlässigt. « Es war nicht immer möglich, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren » , formuliert es Davide Callà, der U- 21- Internationale. Als er im Sommer einen Vertrag bis 2008 unterschrieb, glaubte er, das sportliche Glück gefunden zu haben.
Heute stellt er fest: « Die Situation hat sich um 180 Grad gewendet. Es ist traurig. » Nach dem letzten Vorrundenspiel sass er mit seinen Teamkollegen beim Abschlussessen und spürte, « wie ein riesiges Fragezeichen den Saal ausfüllte » . Alles, was Callà in die Ferien mitnahm, war Unsicherheit: « Es ist frustrierend. » Lohn hat er letztmals für den September bekommen. Die Zahlungen für Oktober und November ( insgesamt rund 1,5 Millionen Franken) stehen aus, bald werden auch die Dezember- Saläre fällig.
Die Undurchsichtigkeit der Lage geht aber auch an den Supportern nicht vorbei. John Appenzeller, der Präsident des 70 Mitglieder starken Fanklubs Deutschschweiz 1986, bemängelt die ungenügende Kommunikation der Vereinsverantwortlichen. Und was hält er von Marc Roger? « Ich glaube, dass er sich bemüht » , antwortet Appenzeller.
Aber das genügt nicht, um die Ungewissheit zu beseitigen. Den Glauben an eine Zukunft will er nicht begraben, so wenig wie ein Pierre Aeschlimann und seine wackere Crew, die im Merchandising- Shop neben dem Stade de Genève weiterarbeitet. In einem Regal stapeln sich Bücher mit dem Titel « Champions 99 » . Das waren noch Zeiten. Ausnahmweise gute Zeiten.
Die tiefen Risse im Luftschloss
Marc Roger hatte forsche Pläne u2013 jetzt ringt er verzweifelt um das Überleben von Servette
VON PETER M. BIRRER
GENF Der Chef ist nicht da, er hat sich bis Montag abgemeldet. In Paris ist er vermutlich, vielleicht ist er schon weitergezogen, wer weiss das schon. Marc Roger ist weg, er habe viele Termine, lässt die Sekretärin auf der Geschäftsstelle des FC Servette ausrichten. Das muss als Auskunft genügen.
Über Petit- Lancy hängt eine dicke Wolkendecke, die Tristesse des Dezembers hat auch diesen Fleck Erde nicht verschont. Hier aber passt sie ganz gut zum Fussballklub, der im Genfer Stadtquartier daheim ist. Servette ist in erheblicher Not, wieder einmal, und Roger ringt um die Existenz. Laut Roger werden sofort zehn Millionen Franken benötigt, um den Laden vor dem Kollaps zu bewahren. Woher das Geld kommen soll? Pierre Aeschlimann, der ehemalige Generaldirektor des Klubs und mittlerweile Marketingleiter im Mandatsverhältnis, zuckt mit den Schultern. Er trägt einen feinen Anzug mit Krawatte und sieht nicht aus wie ein Angestellter, der resigniert hat. Aber er gibt zu, dass auch ihn Ungewissheit befallen hat. Er drückt sich so aus: « Ich will überzeugt sein, dass Servette nicht verschwindet. » Im August ist Aeschlimann zum Verein zurückgekehrt, und er vermeldet an diesem Freitag ein Ergebnis, das er als ermutigend wertet. Für gut 7000 Franken verkaufte die Merchandising- Abteilung im letzten Heimspiel gegen St. Gallen Fan- artikel. Das ist Bestmarke des Jahres und für Aeschlimann ein deutliches Signal dafür, « dass den Genfern das Schicksal von Servette nicht egal ist » .
Er holte im Sommer 21 Spieler und hatte den Titel im Kopf
Mit dem Verkauf von ein paar Trikots und Badetüchern lassen sich die Probleme aber nicht beheben. Das weiss auch Aeschlimann, für den der Rückzug des französischen Privatsenders Canal+ im September 2001 die Krise ausgelöst hat.
Servette drohte vor einem Jahr bereits das Ende, als gegen fünf Millionen Franken Schulden drückten und eben dieser Marc Roger der Einzige war, der zur Übernahme bereitstand. Aber für Roger gab es als Präsident von Servette keine Politik der Bescheidenheit. Im Sommer holte er 21 neue Fussballer nach Genf, darunter mit Christian Karembeu einen fremdfinanzierten Weltmeister.
Er veranschlagte das Budget auf 14 Millionen Franken und schätzte den Wert des Kaders auf gewaltige 45 Millionen; und er war schliesslich von grenzenlosem Optimismus, als er das sportliche Nahziel formulierte. Rogers ehrgeiziger ( und realitätsfremder) Plan sah vor, dass Servette den FC Basel deutlich hinter sich lassen und als Meister ablösen würde. Er bastelte fleissig an einem Luftschloss.
Und merkt jetzt, dass tiefe Risse sein Werk massiv destabilisiert haben. Nicht auf der Rechnung hatte der Geschäftsmann aber das mangelnde Interesse des Genfer Publikums. Statt 15 000 kamen bislang nur 8587 Zuschauer im Schnitt zu den Heimspielen. Und bis die Ansammlung der Neuen als Mannschaft funktionierte, war Servette in der Tabelle längst abgehängt.
Als sich die negativen Meldungen aus der Westschweiz häuften, schaltete sich die Swiss Football League ein. Rolf Suter reiste neulich in seiner Funktion als Licensing Manager nach Genf, stellte in einer zweistündigen Sitzung Fragen und bekam die Antworten, die er darauf wollte. Nur mochte Suter nicht darauf eingehen, was die Parteien besprachen. Was er zu sagen hatte, war das: « Ich lasse alles auf mich zukommen. Der Ball liegt bei Servette. Wir von der Swiss Football League können im Moment nichts unternehmen. » Als nächstes muss der Klub Zahlen per 31. Dezember präsentieren.
Und diese Zahlen sind Grundlage für die Erteilung der Spiellizenz 2005/ 06.
Jean- François Kurz möchte nur Servette helfen, nicht Roger
Um Servette zu retten, wandte sich Roger vor sechs Wochen an Jean- François Kurz, der inzwischen aus der Westschweiz nach Schindellegi SZ gezogen ist. Roger wünschte sich den einstigen Nationalliga- Präsidenten in den Verwaltungsrat der Servette AG, am liebsten als Vorsitzenden. Der 70- jährige Banker liess darauf von einem Treuhandbüro die Bücher prüfen. Als das Resultat vorlag, teilte er Roger aber mit: « Tut mir Leid, ich kann es nicht machen. Die Zahlen erlauben es mir nicht, dieser Gesellschaft beizutreten. » Kurz versprach aber, sich an der Suche nach Investoren aktiv beteiligen zu wollen, « weil es für den Schweizer Fussball von grosser Bedeutung ist, dass Servette bestehen bleibt » .
Kurz hat erste Kontakte geknüpft, wagt aber keine Prognose: « Ich sehe noch kein Licht am Ende des Tunnels. » Festgehalten haben will er, dass er nicht Hilfe für Marc Roger, sondern für Servette leiste. Verständnis hat er nämlich nicht für ein Unternehmen, das alles in allem 60 Angestellte unter Vertrag hat, davon 29 Profi- Fussballer, für eine Mannschaft, die weit von der europäischen Bühne entfernt ist. 40 000 Franken verliere Servette täglich und brauche für die Existenzsicherung bis Ende Saison 15 Millionen Franken, rechnete Kurz vor und erklärte, er sehe eine Sanierung nur als realistisch an, wenn der aufgeblähte Apparat drastisch abgespeckt und das Personal um die Hälfte reduziert werde.
Pierre Aeschlimann glaubt derweil, dass die kurzfristige Lösung einen Namen hat: Lorenzo Sanz, den Marc Roger als Investor geholt hat. Das Problem besteht offenbar darin, dass die Checks über drei Millionen Euro nicht einlösbar sind.
Wer in Dubai und Katar soll Interesse haben, Geld in Servette zu stecken?
Roger soll auch Kontakte zu möglichen Geldgebern in Dubai und Katar unterhalten, aber Kurz fragt sich: « Wer in Dubai und Katar soll Interesse daran haben, Geld in Servette zu investieren? » Ob und in welcher Form es für Servette eine Zukunft gibt, weiss niemand in Genf.
Trainer Adrian Ursea hat den Vorbereitungsstart auf den 13. Januar terminiert und ein Programm inklusive Trainingslager zusammengestellt. Aber abgesegnet ist es von seinen Vorgesetzten noch nicht. Und darum sagt er jetzt, ein paar Tage vor dem Abflug in die Ferien nach Rumänien: « Die Situation ist für uns alle extrem hart. » Ursea, nach der Entlassung von Marco Schällibaum zum Technischen Direktor befördert, berichtet von Zeiten, in denen über 30 Spieler im Training waren. Er lächelt und belässt es beim Kommentar: « Es war nicht einfach. »
Davide Callà fand nicht das Glück, sondern die grosse Ungewissheit
Das Kerngeschäft Fussball wurde wegen der Umstände zuweilen vernachlässigt. « Es war nicht immer möglich, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren » , formuliert es Davide Callà, der U- 21- Internationale. Als er im Sommer einen Vertrag bis 2008 unterschrieb, glaubte er, das sportliche Glück gefunden zu haben.
Heute stellt er fest: « Die Situation hat sich um 180 Grad gewendet. Es ist traurig. » Nach dem letzten Vorrundenspiel sass er mit seinen Teamkollegen beim Abschlussessen und spürte, « wie ein riesiges Fragezeichen den Saal ausfüllte » . Alles, was Callà in die Ferien mitnahm, war Unsicherheit: « Es ist frustrierend. » Lohn hat er letztmals für den September bekommen. Die Zahlungen für Oktober und November ( insgesamt rund 1,5 Millionen Franken) stehen aus, bald werden auch die Dezember- Saläre fällig.
Die Undurchsichtigkeit der Lage geht aber auch an den Supportern nicht vorbei. John Appenzeller, der Präsident des 70 Mitglieder starken Fanklubs Deutschschweiz 1986, bemängelt die ungenügende Kommunikation der Vereinsverantwortlichen. Und was hält er von Marc Roger? « Ich glaube, dass er sich bemüht » , antwortet Appenzeller.
Aber das genügt nicht, um die Ungewissheit zu beseitigen. Den Glauben an eine Zukunft will er nicht begraben, so wenig wie ein Pierre Aeschlimann und seine wackere Crew, die im Merchandising- Shop neben dem Stade de Genève weiterarbeitet. In einem Regal stapeln sich Bücher mit dem Titel « Champions 99 » . Das waren noch Zeiten. Ausnahmweise gute Zeiten.
Roger: Vom Spielervermittler zum Servette- Präsidenten
«SonntagsZeitung» vom 19.12.2004, Seite 41
« . . . dann ist er wirklich stark »
Roger: Vom Spielervermittler zum Servette- Präsidenten
GENF Einen ersten Anlauf Richtung Servette nahm Marc Roger im Jahr 2002, als der Klub nach einem Ausweg aus einer schweren Finanzkrise suchte. Aber die Verantwortlichen der Genfer liessen Der Franzose, der als Spielervermittler nach eigenen Angaben bis zu 90 Fussballer beraten hatte, abblitzen. Im Februar dieses Jahres tauchte er wieder auf. Als er 87 Prozent des Aktienkapitals übernahm und mit der Investition von 1,26 Millionen Franken den Konkurs abwendete, wurde er als Retter von Servette gefeiert.
Roger, 41- jähriger Südfranzose und zweifacher Familienvater mit Wohnsitz im Kanton Waadt, übernahm das Ruder u2013 Roger, dessen Grossvater von 1920 bis 1924 bei Real Madrid spielte und dessen Vater einmal Präsident des französischen Regionalklubs Ales war.
Weshalb Roger die Tageszeitung « Le Temps » verklagen will
In Genf wurde er mit einiger Skepsis empfangen. Bei seiner Vorstellung wurde er von einem Journalisten nach drei Gründen gebeten, warum man ihm trauen solle. Die Antwort gab Christian Lüscher, der damalige Servette- Präsident: « Nennen Sie mir drei Gründe, ihm nicht zu vertrauen. » Roger verstrickte sich in den folgenden Monaten in seiner eigenen Illusion, und der Gegenwind nahm in den letzten Wochen erheblich zu. Im letzten Heimspiel gegen St. Gallen wandten sich die treuen Fans der « Section grenat » mit einer deutlichen Botschaft auf einem Transparent an Marc Roger: « Fais gaffe. » Was so viel heisst wie: « Pass auf. » Der Geschäftsmann, der ein netter Gesprächspartner sein kann, will nun aber gegen Behauptungen der Tageszeitung « Le Temps » rechtlich vorgehen.
Das Blatt schrieb, die spanische Justiz ermittle gegen ihn wegen Urkundenfälschung und Hochstapelei und auch, dass dem zahlungsunfähigen Verein Betreibungen von zwei Millionen Franken ins Haus stünden. Roger, der sich neulich lautstark über die Genfer Inkompetenz in Sachen Fussball ausliess, will « Le Temps » jetzt verklagen.
Nächste Woche wolle er informieren, signalisierte der Chef optimistisch
In Genf hat sich in den letzten Wochen die Zahl jener, die daran zweifeln, dass er den Klub vor dem Ruin bewahren wird, gehäuft. Der Mann, der glaubte, die Schweiz mit Servette im Sturm erobern zu können, hat die Grenzen überschritten. Am Freitagabend signalisierte er am Telefon in einem für ihn nicht untypisch optimistischen Ton: « Es ist noch zu früh, etwas zu sagen. Aber nächste Woche werde ich informieren. » Für einen Journalisten der lokalen Zeitung « Tribune de Genève » steht eines bereits fest: « Wenn Marc Roger aus dieser Sache herauskommt und Servette tatsächlich rettet, dann ist er wirklich stark. » ( PMB.)
« . . . dann ist er wirklich stark »
Roger: Vom Spielervermittler zum Servette- Präsidenten
GENF Einen ersten Anlauf Richtung Servette nahm Marc Roger im Jahr 2002, als der Klub nach einem Ausweg aus einer schweren Finanzkrise suchte. Aber die Verantwortlichen der Genfer liessen Der Franzose, der als Spielervermittler nach eigenen Angaben bis zu 90 Fussballer beraten hatte, abblitzen. Im Februar dieses Jahres tauchte er wieder auf. Als er 87 Prozent des Aktienkapitals übernahm und mit der Investition von 1,26 Millionen Franken den Konkurs abwendete, wurde er als Retter von Servette gefeiert.
Roger, 41- jähriger Südfranzose und zweifacher Familienvater mit Wohnsitz im Kanton Waadt, übernahm das Ruder u2013 Roger, dessen Grossvater von 1920 bis 1924 bei Real Madrid spielte und dessen Vater einmal Präsident des französischen Regionalklubs Ales war.
Weshalb Roger die Tageszeitung « Le Temps » verklagen will
In Genf wurde er mit einiger Skepsis empfangen. Bei seiner Vorstellung wurde er von einem Journalisten nach drei Gründen gebeten, warum man ihm trauen solle. Die Antwort gab Christian Lüscher, der damalige Servette- Präsident: « Nennen Sie mir drei Gründe, ihm nicht zu vertrauen. » Roger verstrickte sich in den folgenden Monaten in seiner eigenen Illusion, und der Gegenwind nahm in den letzten Wochen erheblich zu. Im letzten Heimspiel gegen St. Gallen wandten sich die treuen Fans der « Section grenat » mit einer deutlichen Botschaft auf einem Transparent an Marc Roger: « Fais gaffe. » Was so viel heisst wie: « Pass auf. » Der Geschäftsmann, der ein netter Gesprächspartner sein kann, will nun aber gegen Behauptungen der Tageszeitung « Le Temps » rechtlich vorgehen.
Das Blatt schrieb, die spanische Justiz ermittle gegen ihn wegen Urkundenfälschung und Hochstapelei und auch, dass dem zahlungsunfähigen Verein Betreibungen von zwei Millionen Franken ins Haus stünden. Roger, der sich neulich lautstark über die Genfer Inkompetenz in Sachen Fussball ausliess, will « Le Temps » jetzt verklagen.
Nächste Woche wolle er informieren, signalisierte der Chef optimistisch
In Genf hat sich in den letzten Wochen die Zahl jener, die daran zweifeln, dass er den Klub vor dem Ruin bewahren wird, gehäuft. Der Mann, der glaubte, die Schweiz mit Servette im Sturm erobern zu können, hat die Grenzen überschritten. Am Freitagabend signalisierte er am Telefon in einem für ihn nicht untypisch optimistischen Ton: « Es ist noch zu früh, etwas zu sagen. Aber nächste Woche werde ich informieren. » Für einen Journalisten der lokalen Zeitung « Tribune de Genève » steht eines bereits fest: « Wenn Marc Roger aus dieser Sache herauskommt und Servette tatsächlich rettet, dann ist er wirklich stark. » ( PMB.)
Wie söll das go, wenn er ufgrund vo de Zahle nid bereit isch sälber z'inveschtiere?? Sone Trottel vo Inveschtor gits glaub uf dr ganze Wält nidsmd hat geschrieben:«SonntagsZeitung» vom 19.12.2004, Seite 41
Die tiefen Risse im Luftschloss
Marc Roger hatte forsche Pläne u2013 jetzt ringt er verzweifelt um das Überleben von Servette
VON PETER M. BIRRER
(...) Roger wünschte sich den einstigen Nationalliga- Präsidenten in den Verwaltungsrat der Servette AG, am liebsten als Vorsitzenden. Der 70- jährige Banker liess darauf von einem Treuhandbüro die Bücher prüfen. Als das Resultat vorlag, teilte er Roger aber mit: « Tut mir Leid, ich kann es nicht machen. Die Zahlen erlauben es mir nicht, dieser Gesellschaft beizutreten. » Kurz versprach aber, sich an der Suche nach Investoren aktiv beteiligen zu wollen, (...)
anders gesagt: servette ist finaziell am ende, sollen noch einige dumme geld hineinbuttern, damit das ende nicht ganz so drastisch aussieht.Edberg hat geschrieben:Wie söll das go, wenn er ufgrund vo de Zahle nid bereit isch sälber z'inveschtiere?? Sone Trottel vo Inveschtor gits glaub uf dr ganze Wält nidAber typisch Banker, sälber uf em Gäld sitze blybe und anderi ins offene Mässer laufe z'loh. . .
Der Kapitalist ist nicht mehr der einsame Geizhals, der sich an den verbotenen Schatz klammert und ab und zu im stillen Kämmerlein hinter der fest verschlossenen Tür einen verstohlenen Blick darauf wirft, sondern ein Subjekt, welches das grundsätzliche Paradox akzeptiert, dass die einzige Art und Weise, den eigenen Schatz zu bewahren und zu vermehren, darun besteht, ihn auszugeben.
[RIGHT]Slavoj Zizek[/RIGHT]
[RIGHT]Slavoj Zizek[/RIGHT]
- DerZensor
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Servette hat bedauerlicherweise existentielle Fehler gemacht:
a) auf Marc Roger zu Bauen
b) zu meinen, dass man mit lauter zweitklassigen Spielern Meister werden kann...
c) bereits von Anfang an zu hoch gepokert
d) völlig unrealistisch geplant (mit Zuschauerschnitt von 15000)
Fazit: Schade um Servette, Schade um den Schweizer Fussball, Schade um das Stadion aber Kopf Hoch, meiner Meinung nach braucht es für ein gewisses Zuschaueraufkommen eine längere Dürrezeit in den Niederungen der untersten Liga...
a) auf Marc Roger zu Bauen
b) zu meinen, dass man mit lauter zweitklassigen Spielern Meister werden kann...
c) bereits von Anfang an zu hoch gepokert
d) völlig unrealistisch geplant (mit Zuschauerschnitt von 15000)
Fazit: Schade um Servette, Schade um den Schweizer Fussball, Schade um das Stadion aber Kopf Hoch, meiner Meinung nach braucht es für ein gewisses Zuschaueraufkommen eine längere Dürrezeit in den Niederungen der untersten Liga...
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schade um servette ... dass wäre dann wohl der letzte gurkenliga-verein aus der westschweiz gewesen ... ich kann einfach nicht glauben, dass die ganze fussballhoffnung der romands nach servette nur von einem arroganten, grössenwahnsinngen walliser-blender getragen wird, der sich selber in martigny ein monument bauen will ...
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Und was ist mit Xamax?zul alpha 3 hat geschrieben:schade um servette ... dass wäre dann wohl der letzte gurkenliga-verein aus der westschweiz gewesen ... ich kann einfach nicht glauben, dass die ganze fussballhoffnung der romands nach servette nur von einem arroganten, grössenwahnsinngen walliser-blender getragen wird, der sich selber in martigny ein monument bauen will ...