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Auch in Hamburg ein deutsches Altstetten!

Verfasst: 15.04.2005, 23:41
von SoLo-BaSiLeA
Stellungnahme der Eastside Bremen zu den Vorfällen beim Spiel Hamburger SV - Werder Bremen am 09.04.05

Am 9.4. reisten wir mit dem Zug zum Auswärtsspiel nach Hamburg. Im Laufe des Tages kam es zu für uns unglaublichen Aktionen der Polizei, die wir hier bekannt machen und zu denen wir Stellung nehmen wollen und müssen.

Der Tag begann damit, dass der Zug in Bremen um 11:28 überfüllt war, woraufhin die Polizei begann, die Eingangsbereiche teilweise mit Gewalt zu räumen. Da nicht mehr alle aussteigen konnten, wurde die Gruppe hier bereits getrennt. Schließlich nahmen wir also den Zug um 12:28 und kamen um 13:41 am Hamburger Hauptbahnhof an. Vom Gleis aus wollten wir den Bahnhof sofort verlassen und drängten mit dem Rest der wiederum sehr zahlreichen Zugfahrer Richtung Ausgang. Doch direkt hinter dem Ausgang wurde der Weg von einer Reihe Polizisten versperrt. Hier kam es zu einer kurzen Auseinandersetzung mit der Polizei, da einige Fans versuchten, an der Polizeikette vorbei zu kommen. Durch den Einsatz von Knüppeln und unter anderem einem Megaphon wurde dieses Vorhaben allerdings recht schnell vereitelt. Mehrere Werderfans lagen getroffen und teilweise blutend am Boden, derjenige, der das Polizeimegaphon ins Gesicht bekommen hatte, musste mit einer Hirnprellung ins Krankenhaus. Mehrere Versuche, ihm etwas zu trinken zu bringen als er am Boden lag, wurden von der Polizei wiederum mit Gewalt verhindert.

Obwohl man hier ein eventuelles Fehlverhalten einiger weniger Fans einräumen muss, das von der Polizei brutal bestraft wurde, kann das unter keinen Umständen die nun folgenden Maßnahmen rechtfertigen.

Inzwischen waren etwa 15 Leute nach willkürlicher Auswahl vom Rest getrennt worden, alle anderen, die zu diesem Zeitpunkt aus dem Bahnhof gekommen waren, wurden durch einen größeren Ring von Beamten eingekesselt. Nachdem eine Weile gar nichts passierte, ließ die Polizei nun verlauten, dass die zuvor getrennte kleine Gruppe in Gewahrsam genommen werden würde. Auf den Hinweis, dass sie doch nicht einfach so ohne Grund 15 Leute mitnehmen könnten, kam die Antwort "Ja lieber mehr". In dem Moment noch als bloße Provokation aufgefasst, machten die vermeintlichen Ordnungshüter diese Ankündigung bald wahr: Nun sollte doch jeder, der im Kessel steht, zu diesem Zeitpunkt etwa 90 Menschen, in Gewahrsam genommen werden, die Frauen dürften allerdings gehen. Einigen gelang es nun, sich dieser Maßnahme zu entziehen und herauszukommen. Unter den Gefangenen befanden sich auch zahlreiche Jugendliche und mehrere Leute, die rein zufällig in die Gruppe hineingelaufen waren und nun nicht mehr herauskamen. Die Polizisten fingen nun an, nach und nach Leute herauszuholen und in einen Bus zu verfrachten, am Ende waren es 67 Gefangene. Konkrete Vorwürfe? Fehlanzeige. Wenig später tauchten schwarz gekleidete, vermummte Polizisten auf, deren Outfit man eher bei der Terroristenjagd in Afghanistan als im Einsatz bei einem Fußballspiel erwarten würde, und gingen ihren BGS Kollegen beim Verhaften von friedlichen Bürgern zur Hand.

Gegen 15:30 waren schließlich alle Gefangenen in zwei Busse verfrachtet worden und wurden nun auf diverse Polizeireviere verfrachtet. Dort angekommen, wurden einige 16jährige stundenlang in Einzelzellen gesteckt. Andere kamen erst um 17:45 - eine halbe Stunde nach Abpfiff des Spiels, von dem man sie fernhalten wollte - im Gefängnis an. Man kann sich ausmalen, wie es einem 16jährigen geht, der friedlich zum Fußball fährt, direkt aus dem Bahnhof heraus in eine Einzelzelle gesteckt wird und das ganze dann noch seinen Eltern erklären muss. Nach dem Spiel wurden einige Eltern angerufen und holten ihre Kinder ab. Zwischen 20 und 21 Uhr wurden dann alle anderen wieder freigelassen und konnten mit dem Zug die Heimreise antreten.

Wir möchten zu diesen Vorfällen feststellen:

Unter 67 Gefangenen gab es genau eine Festnahme, alle anderen waren "Gewahrsamnahmen". Das bedeutet auch, dass nur einer Person konkret etwas vorgeworfen wurde. Für alle anderen wurde als Grund genannt, dass sie "in einer Gruppe waren, aus der Gewalttaten verübt wurden" und zur Gefahrenabwehr gefangen genommen werden. Diese hier genannte "Gruppe" können wir definieren als "alle, die zu diesem Zeitpunkt aus dem Bahnhof kamen und nicht schnell genug verschwanden". Das Verlassen eines Bahnhofs reicht also dafür aus, ins Gefängnis gesteckt zu werden. Hier werden Grundrechte mit Füssen getreten und der Willkür der Einsatzleiter keine Grenzen gesetzt.

Rangeleien in engen Bahnhöfen und Ausfälle Einzelner rechtfertigen keine willkürliche Sippenhaft für alle Anwesenden.

Dass Frauen verschont wurden, erscheint zwar auf den ersten Blick gut und sinnvoll, ist aber genauer betrachtet auch nur Diskriminierung einmal anders.

Da man uns nichts vorwerfen konnte, wurden wir zur "Gefahr" erklärt und sozusagen präventiv eingesperrt. Diese "gefährlichen" Menschen waren teilweise fast noch Kinder. Ein unbeteiligter Zeuge schrieb im offiziellen Vereinsforum: "Ich war zum Glück nicht in diesem Polizeikessel aber habe gesehen, was dort für Personen abgeführt wurden. Viele Kinder und Jugendliche, die alles andere als aggressiv oder brutal waren und aussahen."

Durch die Polizeimaßnahmen und ihre Nachwirkungen werden Jugendliche kriminalisiert und vom Fußball ausgeschlossen. Das ist das Gegenteil von dem, was DFB und DFL proklamieren. Während ältere Fans einen Nachmittag im Gefängnis vielleicht etwas leichter hinnehmen können, stehen viele junge Werderanhänger nun großen Problemen in Familie und Umfeld gegenüber, ohne dass sie irgendetwas dafür können.

Die gegenwärtige Hetzjagd in Medien und Politik, in der friedliche Fans als "Hooligans" diffamiert werden, begründet sich größtenteils mit der Sorge um die WM. Aus unserer Sicht bereitet vielmehr das Verhalten der Staatsmacht Sorgen um die WM. Welches Licht würde ein solches Vorgehen wie in Hamburg auf Deutschland werfen, wenn es sich nicht um Werderfans sondern um Fans aus Afrika handeln würde? Was würde geschehen, wenn die Polizei auf diese Art und Weise gegen Fans aus England oder den Niederlanden vorgehen würde? Mit Repressionen, die sich ohne Differenzierung gegen jeden Fan richten, wird weder der nationale Fußballalltag noch das Großereignis WM2006 so ablaufen, wie es sich alle wünschen.

Außerdem müssen wir den Berichten der Springerpresse deutlich widersprechen. Das "Hamburger Abendblatt" meldet "Auseinandersetzungen zwischen 100 Fans und Polizei", "Bild" schreibt ungefähr das gleiche. Bei der Lektüre dürften sich im Kopf des unwissenden Lesers Bilder von Straßenschlachten und gefährlichen Krawallmachern breitmachen. Das ist allerdings völlig falsch, die einzige Auseinandersetzung, die es gab, fand zwischen wenigen Fans und den Polizisten, die ihnen den Weg versperrten, statt. Die "100" sind glatt aus der Luft gegriffen, um nicht zu sagen gelogen.

Wir fordern die Polizei, die Politik und die Justiz auf, die willkürlichen Aktionen, die Freiheitsberaubung, die Polizeigewalt und die Diskriminierungen gegen Fußballfans zu beenden.

Wir fordern die Medien auf, selbst zu recherchieren, mit den Betroffenen oder Zeugen selbst zu reden und die Hetze gegen uns zu stoppen!


ES 97

Verfasst: 16.04.2005, 01:05
von sesap
nach der lektüre solcher berichten freue ich mich jeweils auf den tag, an dem die polizei die reaktion auf ihr verhalten spüren wird.