Strafmass für Fackelwürfe vom 2. Mai
Verfasst: 03.07.2008, 09:15
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/fu ... 03201.html
03. Juli 2008, 08:55 – Von Dario Venutti
Welche Verantwortung hat der FCZ für die Fackelwürfe?
Heute verhandelt die Swiss Football League den Krawall im Spiel FCB - FCZ. Der Fall wirft Fragen auf, wie hart ein Klub für Taten von Fans bestraft werden soll, auf die er kaum Einfluss hat.
FCZ-Fans warfen am 2. Mai in Basel rund ein Dutzend brennende Fackeln, so genannte Bengalen, auf Zuschauer. Nur dank Glück erlitt niemand grösseren Schaden. Zwei Personen wurden leicht verletzt. Nach dem Spiel erlitten rund 40 Matchbesucher und ein Polizist Blessuren, als in einem Tumult ausserhalb des Stadions FCZ-Anhänger Abschrankungen durchbrachen, Basler Fans auf Zürcher loszugehen versuchten und die Polizei Tränengas und Gummischrot einsetzte, gemäss Augenzeugen teilweise auf Kopfhöhe.
Die Disziplinarkommission der Swiss Football League behandelt den Krawall heute Donnerstag. Klar ist, dass die beiden Vereine bestraft werden, besonders der FCZ, weil seine Anhänger Fackeln warfen. Über die Höhe der Strafe kann nur spekuliert werden. Weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt, will Odilo Bürgy, Präsident der DK, keine Stellung nehmen.
Sein Hinweis auf zwei nicht vergleichbare, doch teilweise ähnlich gelagerte Fälle steckt immerhin den Rahmen des Strafmasses ab: Der FC Basel wurde für die Ausschreitungen am 13. Mai 2006 im Anschluss an den Titelgewinn des FCZ mit 80 000 Franken gebüsst. Zudem musste der FCB in der folgenden Saison die ersten beiden Heimspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen; in drei weiteren Spielen blieb die Muttenzerkurve geschlossen. Odilo Bürgy schätzt den Krawall vom 13. Mai 2006 als gravierender ein als die Fackelwürfe. Weniger schlimm war seiner Meinung nach ein Vorkommnis im Hardturm im Jahr 2005, als Basler Anhänger Holzbretter stapelten und anzündeten. Der FCB wurde dafür zunächst mit 50 000 Franken, später vom Rekursgericht mit 30 000 bestraft.
Die Hoffnung des FCZ
Das Rekursgericht begründete die Reduktion der Strafe mit dem Umstand, dass der FC Basel nicht vollumfänglich für die Taten seiner Fans verantwortlich gemacht werden konnte. Beim FC Zürich hofft man deshalb, zumindest von Stadionsperren verschont zu werden. «Mir leuchtet nicht ein, weshalb wir für die Fackelwürfe von Chaoten verantwortlich sein sollen», sagt FCZ-Präsident Ancillo Canepa. Tatsächlich ist gemäss Reglement der Heimklub, in diesem Fall der FC Basel, für die Sicherheit im Stadion zuständig. Zudem stammen die Fackelwerfer aus den Fangruppierungen «K4» und «Prolls», die sich ausserhalb der Strukturen der Südkurve bewegen und von dieser geächtet werden. Canepa stellt denn auch die rhetorische Frage: Wenn nicht einmal die Südkurve einen Einfluss auf die beiden Gruppierungen hat - wie soll ihn dann der FCZ ausüben können? Mit anderen Worten: Kann jemand bestraft werden, wenn ihn kaum ein Verschulden trifft?
Das harte Urteil im Fall Feyenoord
Die Kausalhaftung nimmt aber auchden FC Zürich in die Pflicht. 2004 eingeführt, macht sie auch die Auswärtsklubs für ihre Fans verantwortlich. Die Frage ist nun, wie weit diese Verantwortung geht. In der internationalen Sportjustiz hat sich diesbezüglich eine rigide Auffassung durchgesetzt: 2007 schloss das Internationale Sportgericht in Lausanne (CAS) Feyenoord Rotterdam aus dem Uefa-Cup aus, nachdem ein Teil seiner Anhänger in einem Spiel in Nancy randaliert hatte. Dies, obwohl Feyenoord den Heimklub vor Krawallanten gewarnt und abgeraten hatte, Tickets ausserhalb seiner Vertriebskanäle zu verkaufen.
Feyenoord hatte damals also keine Chance, die Randale zu verhindern - und wurde trotzdem bestraft. Das CAS begründete die Strafe sinngemäss damit, dass Feyenoord noch mehr gegen Ausschreitungen unternehmen müsse.
Heikle Kausalhaftung
Ancillo Canepa will die Kausalhaftung in der Liga wieder aufs Tapet bringen. Ob er die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Abschaffung beschaffen könnte, ist fraglich. Die Zahl der Klubs mit grosser Anhängerschaft und damit potenziellen Krawallmachern ist in der Minderheit. Canepa bliebe noch der Gang vor ein staatliches Gericht, das die Kausalhaftung für rechtswidrig erklären könnte. Laut Ulrich Haas, Rechtsprofessor an der Uni Zürich und Spezialist im Sportverbandsrecht, ist die Kausalhaftung tatsächlich eine heikle Bestimmung, weil sie gegen den Rechtsgrundsatz «keine Strafe ohne Verschulden» verstösst. Wie ein staatliches Gericht entscheiden würde, ist für ihn aber offen: «Es stellt sich die Frage, ob und welche Alternativen es zur Kausalhaftung gibt.»
Mit dem Urteil der SFL-Disziplinarkommission ist nicht vor nächster Woche zu rechnen. Die strafrechtliche Verfolgung der Fackelwerfer wird noch mehr Zeit in Anspruch nehmen: Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt hat der Zürcher Stadtpolizei Video- und Bildmaterial geschickt, um die Täter zu identifizieren. Erst dann kann sie Anklage erheben.
03. Juli 2008, 08:55 – Von Dario Venutti
Welche Verantwortung hat der FCZ für die Fackelwürfe?
Heute verhandelt die Swiss Football League den Krawall im Spiel FCB - FCZ. Der Fall wirft Fragen auf, wie hart ein Klub für Taten von Fans bestraft werden soll, auf die er kaum Einfluss hat.
FCZ-Fans warfen am 2. Mai in Basel rund ein Dutzend brennende Fackeln, so genannte Bengalen, auf Zuschauer. Nur dank Glück erlitt niemand grösseren Schaden. Zwei Personen wurden leicht verletzt. Nach dem Spiel erlitten rund 40 Matchbesucher und ein Polizist Blessuren, als in einem Tumult ausserhalb des Stadions FCZ-Anhänger Abschrankungen durchbrachen, Basler Fans auf Zürcher loszugehen versuchten und die Polizei Tränengas und Gummischrot einsetzte, gemäss Augenzeugen teilweise auf Kopfhöhe.
Die Disziplinarkommission der Swiss Football League behandelt den Krawall heute Donnerstag. Klar ist, dass die beiden Vereine bestraft werden, besonders der FCZ, weil seine Anhänger Fackeln warfen. Über die Höhe der Strafe kann nur spekuliert werden. Weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt, will Odilo Bürgy, Präsident der DK, keine Stellung nehmen.
Sein Hinweis auf zwei nicht vergleichbare, doch teilweise ähnlich gelagerte Fälle steckt immerhin den Rahmen des Strafmasses ab: Der FC Basel wurde für die Ausschreitungen am 13. Mai 2006 im Anschluss an den Titelgewinn des FCZ mit 80 000 Franken gebüsst. Zudem musste der FCB in der folgenden Saison die ersten beiden Heimspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit austragen; in drei weiteren Spielen blieb die Muttenzerkurve geschlossen. Odilo Bürgy schätzt den Krawall vom 13. Mai 2006 als gravierender ein als die Fackelwürfe. Weniger schlimm war seiner Meinung nach ein Vorkommnis im Hardturm im Jahr 2005, als Basler Anhänger Holzbretter stapelten und anzündeten. Der FCB wurde dafür zunächst mit 50 000 Franken, später vom Rekursgericht mit 30 000 bestraft.
Die Hoffnung des FCZ
Das Rekursgericht begründete die Reduktion der Strafe mit dem Umstand, dass der FC Basel nicht vollumfänglich für die Taten seiner Fans verantwortlich gemacht werden konnte. Beim FC Zürich hofft man deshalb, zumindest von Stadionsperren verschont zu werden. «Mir leuchtet nicht ein, weshalb wir für die Fackelwürfe von Chaoten verantwortlich sein sollen», sagt FCZ-Präsident Ancillo Canepa. Tatsächlich ist gemäss Reglement der Heimklub, in diesem Fall der FC Basel, für die Sicherheit im Stadion zuständig. Zudem stammen die Fackelwerfer aus den Fangruppierungen «K4» und «Prolls», die sich ausserhalb der Strukturen der Südkurve bewegen und von dieser geächtet werden. Canepa stellt denn auch die rhetorische Frage: Wenn nicht einmal die Südkurve einen Einfluss auf die beiden Gruppierungen hat - wie soll ihn dann der FCZ ausüben können? Mit anderen Worten: Kann jemand bestraft werden, wenn ihn kaum ein Verschulden trifft?
Das harte Urteil im Fall Feyenoord
Die Kausalhaftung nimmt aber auchden FC Zürich in die Pflicht. 2004 eingeführt, macht sie auch die Auswärtsklubs für ihre Fans verantwortlich. Die Frage ist nun, wie weit diese Verantwortung geht. In der internationalen Sportjustiz hat sich diesbezüglich eine rigide Auffassung durchgesetzt: 2007 schloss das Internationale Sportgericht in Lausanne (CAS) Feyenoord Rotterdam aus dem Uefa-Cup aus, nachdem ein Teil seiner Anhänger in einem Spiel in Nancy randaliert hatte. Dies, obwohl Feyenoord den Heimklub vor Krawallanten gewarnt und abgeraten hatte, Tickets ausserhalb seiner Vertriebskanäle zu verkaufen.
Feyenoord hatte damals also keine Chance, die Randale zu verhindern - und wurde trotzdem bestraft. Das CAS begründete die Strafe sinngemäss damit, dass Feyenoord noch mehr gegen Ausschreitungen unternehmen müsse.
Heikle Kausalhaftung
Ancillo Canepa will die Kausalhaftung in der Liga wieder aufs Tapet bringen. Ob er die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Abschaffung beschaffen könnte, ist fraglich. Die Zahl der Klubs mit grosser Anhängerschaft und damit potenziellen Krawallmachern ist in der Minderheit. Canepa bliebe noch der Gang vor ein staatliches Gericht, das die Kausalhaftung für rechtswidrig erklären könnte. Laut Ulrich Haas, Rechtsprofessor an der Uni Zürich und Spezialist im Sportverbandsrecht, ist die Kausalhaftung tatsächlich eine heikle Bestimmung, weil sie gegen den Rechtsgrundsatz «keine Strafe ohne Verschulden» verstösst. Wie ein staatliches Gericht entscheiden würde, ist für ihn aber offen: «Es stellt sich die Frage, ob und welche Alternativen es zur Kausalhaftung gibt.»
Mit dem Urteil der SFL-Disziplinarkommission ist nicht vor nächster Woche zu rechnen. Die strafrechtliche Verfolgung der Fackelwerfer wird noch mehr Zeit in Anspruch nehmen: Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt hat der Zürcher Stadtpolizei Video- und Bildmaterial geschickt, um die Täter zu identifizieren. Erst dann kann sie Anklage erheben.