Presse: Letzte Runde, Saisonrückblick
Verfasst: 24.05.2007, 08:01
Grosse Spannung, kleine Schritte
Die Ausgangslage im Rennen um den Titel des Schweizer Fussballmeisters 2007 ist heute, am Tag der letzten Runde, so dramatisch wie in der vergangenen Saison. War vor einem Jahr der FC Zürich der Jäger des FC Basel, sind die Rollen jetzt vertauscht. Die Aufholjagd Basels, das mit zehn Punkten Rückstand ins Frühjahr gestartet ist, bringt bis zur letzten Runde Spannung ins Championat. Allerdings ist in Erinnerung zu rufen, dass die Ausgangslage von Entscheidungen am grünen Tisch mitgeprägt ist: Sowohl im Titel- als auch im Abstiegskampf vertauschen je ein Forfait- Entscheid die Rollen von Jäger (Basel, Aarau) und Gejagtem (Zürich, Schaffhausen). Aarau verlor im Herbst drei Punkte wegen eines nicht lizenzierten Goalies, Zürich erhielt zwei Punkte, weil St. Gallen einen gesperrten Spieler einsetzte (Muntwiler-Entscheid). Sportlich ist das mehr als ein Wermutstropfen. Der Spannung an sich tut es aber keinen Abbruch. Basel kann, Zürich will am Donnerstag Meister werden; Aarau kann, Schaffhausen will den direkten Abstieg verhindern.
Spannung allein ist freilich kein Kriterium für Qualität. Behält man die gesamte Liga im Blick, scheint zwar mit YB allmählich eine dritte Spitzenkraft und mit Sitten, GC, St. Gallen und Luzern ein solider Mittelbau heranzuwachsen. Doch das muntere Hin und Her an der Tabellenspitze - neben dem FCZ waren in der ersten Saisonhälfte GC, St. Gallen und Sitten kurzzeitig Leader - ist ein Indiz, dass dem FCZ und Basel als sportlich besten Mannschaften die Konstanz fehlt. Das Zürcher Team von Trainer Lucien Favre war von Verletzungssorgen geplagt, Aufregungen wegen möglicher Auslandtransfers brachten Unruhe in die Mannschaft. Basel fiel nach den Ausschreitungen vom 13. Mai 2006 in der ersten Saisonhälfte auch sportlich in ein Loch. Die internationalen Vorstellungen von Zürich, GC, Sitten und Basel im Europacup waren so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Im internationalen Vergleich spielen die Schweizer Klubs nach wie vor eine marginale Rolle.
Auch im Hinblick auf die kommende Saison winken deshalb die finanziellen Verheissungen der europäischen Klubwettbewerbe aus weiter Ferne. Die Schlussphase des Uefa- Cups oder die Gruppenspiele der Champions League erreicht nur, wer Los- und Wettkampfglück auf seine Seite zwingt. Dafür war ein Jahr nach der Champions League in dieser Saison der FC Thun schlagendes Beispiel. Nach dem einträglichen Höhenflug brachen gleichermassen Leiden und Nutzen übers Berner Oberland: Finanziell profitierte man vom Handlungsspielraum, sportlich aber galt es, den Kompass auf den Ligaerhalt auszurichten. Die Saison Thuns lässt ahnen, dass auf mittlere Sicht in der Super League wohl nur jene Klubs mit einem Zuschauerpotenzial von mindestens 10 000 Zuschauern und einem neuen Stadion überleben. In Aarau und Schaffhausen, wo dies nicht der Fall ist, kämpft man denn auch gegen den Abstieg. Dass fast sicher Xamax, ein Klub mit neuem Stadion, aufsteigt, entspricht dieser Logik. Die Zukunftspläne der Liga - neue Stadien, regionale Ausgewogenheit - nehmen Gestalt an. Nur mit kleineren Schritten als ursprünglich geplant.
Trotz der wirtschaftlichen Selbstregulierung bleiben die Ressourcen begrenzt. Die hiesigen Jahresetats entsprechen dem Salär von zwei, drei mittelmässigen Spielern in einer grossen Liga. Das wird trotz dem Traumgebilde Champions League so bleiben. Der Zuschauerdurchschnitt liegt wie im Vorjahr knapp unter 10 000 pro Spiel und wäre ohne Geisterspiele in Basel leicht gestiegen. Doch die Liga ist weit davon entfernt, von einem allfälligen Publikumsinteresse im Hinblick auf die Euro 2008 markant zu profitieren. Aber auch Sponsoren bevorzugen die grosse Euro- Bühne und bleiben gegenüber Schweizer Klubs zurückhaltend. Im TV-Markt generiert die Liga unterdessen etwas mehr Geld, eine deutliche Steigerung hin zu Verhältnissen wie nur schon in Holland oder Österreich ist nicht in Sicht. Zwar blieben in diesem Jahr wirtschaftliche Hiobsbotschaften aus, fast alle Vereine - unter ihnen auch der Grasshopper- Club - müssen sich jedoch nach der Decke strecken. Immerhin scheint man in den Klubs gewillt, die sportlichen Ambitionen mit den ökonomischen Realitäten in Übereinstimmung zu bringen. Das ist - gerade im Fussball - keine Selbstverständlichkeit.
ram.
NZZ, 24.5.07
Die Ausgangslage im Rennen um den Titel des Schweizer Fussballmeisters 2007 ist heute, am Tag der letzten Runde, so dramatisch wie in der vergangenen Saison. War vor einem Jahr der FC Zürich der Jäger des FC Basel, sind die Rollen jetzt vertauscht. Die Aufholjagd Basels, das mit zehn Punkten Rückstand ins Frühjahr gestartet ist, bringt bis zur letzten Runde Spannung ins Championat. Allerdings ist in Erinnerung zu rufen, dass die Ausgangslage von Entscheidungen am grünen Tisch mitgeprägt ist: Sowohl im Titel- als auch im Abstiegskampf vertauschen je ein Forfait- Entscheid die Rollen von Jäger (Basel, Aarau) und Gejagtem (Zürich, Schaffhausen). Aarau verlor im Herbst drei Punkte wegen eines nicht lizenzierten Goalies, Zürich erhielt zwei Punkte, weil St. Gallen einen gesperrten Spieler einsetzte (Muntwiler-Entscheid). Sportlich ist das mehr als ein Wermutstropfen. Der Spannung an sich tut es aber keinen Abbruch. Basel kann, Zürich will am Donnerstag Meister werden; Aarau kann, Schaffhausen will den direkten Abstieg verhindern.
Spannung allein ist freilich kein Kriterium für Qualität. Behält man die gesamte Liga im Blick, scheint zwar mit YB allmählich eine dritte Spitzenkraft und mit Sitten, GC, St. Gallen und Luzern ein solider Mittelbau heranzuwachsen. Doch das muntere Hin und Her an der Tabellenspitze - neben dem FCZ waren in der ersten Saisonhälfte GC, St. Gallen und Sitten kurzzeitig Leader - ist ein Indiz, dass dem FCZ und Basel als sportlich besten Mannschaften die Konstanz fehlt. Das Zürcher Team von Trainer Lucien Favre war von Verletzungssorgen geplagt, Aufregungen wegen möglicher Auslandtransfers brachten Unruhe in die Mannschaft. Basel fiel nach den Ausschreitungen vom 13. Mai 2006 in der ersten Saisonhälfte auch sportlich in ein Loch. Die internationalen Vorstellungen von Zürich, GC, Sitten und Basel im Europacup waren so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Im internationalen Vergleich spielen die Schweizer Klubs nach wie vor eine marginale Rolle.
Auch im Hinblick auf die kommende Saison winken deshalb die finanziellen Verheissungen der europäischen Klubwettbewerbe aus weiter Ferne. Die Schlussphase des Uefa- Cups oder die Gruppenspiele der Champions League erreicht nur, wer Los- und Wettkampfglück auf seine Seite zwingt. Dafür war ein Jahr nach der Champions League in dieser Saison der FC Thun schlagendes Beispiel. Nach dem einträglichen Höhenflug brachen gleichermassen Leiden und Nutzen übers Berner Oberland: Finanziell profitierte man vom Handlungsspielraum, sportlich aber galt es, den Kompass auf den Ligaerhalt auszurichten. Die Saison Thuns lässt ahnen, dass auf mittlere Sicht in der Super League wohl nur jene Klubs mit einem Zuschauerpotenzial von mindestens 10 000 Zuschauern und einem neuen Stadion überleben. In Aarau und Schaffhausen, wo dies nicht der Fall ist, kämpft man denn auch gegen den Abstieg. Dass fast sicher Xamax, ein Klub mit neuem Stadion, aufsteigt, entspricht dieser Logik. Die Zukunftspläne der Liga - neue Stadien, regionale Ausgewogenheit - nehmen Gestalt an. Nur mit kleineren Schritten als ursprünglich geplant.
Trotz der wirtschaftlichen Selbstregulierung bleiben die Ressourcen begrenzt. Die hiesigen Jahresetats entsprechen dem Salär von zwei, drei mittelmässigen Spielern in einer grossen Liga. Das wird trotz dem Traumgebilde Champions League so bleiben. Der Zuschauerdurchschnitt liegt wie im Vorjahr knapp unter 10 000 pro Spiel und wäre ohne Geisterspiele in Basel leicht gestiegen. Doch die Liga ist weit davon entfernt, von einem allfälligen Publikumsinteresse im Hinblick auf die Euro 2008 markant zu profitieren. Aber auch Sponsoren bevorzugen die grosse Euro- Bühne und bleiben gegenüber Schweizer Klubs zurückhaltend. Im TV-Markt generiert die Liga unterdessen etwas mehr Geld, eine deutliche Steigerung hin zu Verhältnissen wie nur schon in Holland oder Österreich ist nicht in Sicht. Zwar blieben in diesem Jahr wirtschaftliche Hiobsbotschaften aus, fast alle Vereine - unter ihnen auch der Grasshopper- Club - müssen sich jedoch nach der Decke strecken. Immerhin scheint man in den Klubs gewillt, die sportlichen Ambitionen mit den ökonomischen Realitäten in Übereinstimmung zu bringen. Das ist - gerade im Fussball - keine Selbstverständlichkeit.
ram.
NZZ, 24.5.07