NZZ Artikel von Heute
Verfasst: 08.04.2007, 15:47
8. April 2007, NZZ am Sonntag
Aufholjagd mit neuer Mentalität
Der FC Basel reist am Ostermontag selbstbewusst zum Leader FCZ
Von Christine Steffen
David Degen erinnert sich an die Nacht vom 13. Mai 2006, als wäre sie gestern gewesen. Der Basler sass im letzten Meisterschaftsspiel gegen den FC Zürich auf der Tribüne eine Sperre ab. Kurz vor Schluss der Partie ging er in die Katakomben des St.-Jakob-Park und streifte sich ein Meister-Shirt über. Was danach kam, nennt Degen wahlweise «Hölle» oder «Horror». Iulian Filipescu erzielte in der Nachspielzeit ein Tor, der FCZ war Schweizer Meister, Degen musste das Leibchen wieder ausziehen. «Wie ich mich damals gefühlt habe, werde ich auch in zehn Jahren noch wissen», sagt der 24-Jährige.
«Nicht so gut» geht es dem Internationalen auch im Moment. Er wurde bei Borussia Mönchengladbach - seinem Arbeitgeber seit dem Sommer - von Trainer Jos Luhukay aus dem Kader ausgeschlossen. Der Entscheid sei nicht sportlich zu begründen, sagt Degen, es sei «intern etwas los gewesen»; er könne nicht ins Detail gehen. Er denke viel an Basel, gibt Degen zu; eine ordentliche Portion Wehmut schwingt mit, wenn er sagt, er wäre froh, er hätte noch Christian Gross als Coach. Ihm traut er zu, die Basler so zu motivieren, dass diese «die Zürcher wegputzen».
Noch vor wenigen Wochen wäre es schwer vorstellbar gewesen, dass die Basler den Meister vom Platz fegen. Der FCB-Trainer - und seine Spieler - machten in der Vorrunde oft einen ratlosen Eindruck. Der Schock des verlorenen Titels wirkte nach, das Team agierte im Bewusstsein seiner Verletzlichkeit. Zuletzt aber hat der FCB neun Spiele in Folge nicht mehr verloren, lediglich fünf Punkte trennen ihn vom Leader. Das Grüblerische in den Aussagen der Spieler ist Zuversicht gewichen, das Zögerliche auf dem Platz Zielstrebigkeit. Der Verteidiger Boris Smiljanic erkennt eine «neue Mentalität» im Team, «einen grösseren Zusammenhalt». Das Training am Karfreitag mag als Ausdruck der wiedergewonnen Sicherheit dienen. Die Balance stimmt: Die konzentrierte Arbeit wird mit Sprüchen aufgelockert, die Männer auf dem Rasen wirken, als würde ihnen ihr Job Spass machen und als wüssten sie genau, warum sie sich in der warmen Frühlingssonne abrackern. Nach der Einheit treffen sich Christian Gross und sein Captain Ivan Ergic mitten auf dem Platz, beide reden, beide hören zu. Der Eindruck, dass hier konstruktiv gearbeitet wird, verfestigt sich.
Zwölf Journalisten gruppieren sich im Anschluss an das Training in der traditionellen Pressekonferenz um Christian Gross, drei Fernsehkameras sind auf ihn gerichtet, es liegt ein leichtes Flirren in der Luft, wie immer, wenn wichtige Spiele anstehen. Der Trainer mag die grossen Duelle, er mag die Partien gegen die Zürcher Klubs, er nennt sie «speziell». Seine Ausführungen bleiben im Bereich des Allgemeinen: Man werde konzentriert und intensiv zur Sache gehen und das Führungstor suchen, «wie es unsere Art ist». Ob Topskorer Petric spielen werde, könne er nicht sagen. Die Stärken des Gegners mag er nicht benennen: «Die sind bekannt», sagt er, schweigt, fügt an: «Ein sehr guter Trainer.» Ein Lächeln huscht über das Pokerface.
Christian Gross will nicht über einen möglichen Forfait-Sieg des FCZ gegen St. Gallen reden, der sieben Punkte Distanz zwischen Leader und Jäger legen würde. Bernhard Heusler, FCB-Vizepräsident und Jurist, erkennt eine «Inkonsistenz» in den zwei Klauseln, die den Fall des Ostschweizer Spielers Muntwiler betreffen, der im letzten Spiel eingewechselt wurde, obwohl er tags zuvor in der U 21 eine rote Karte erhalten hatte. Heusler hofft, dass ein Gericht am ehesten «im Sinn des Sports» entscheiden werde. Als Sportfan finde er es schlecht, wenn ein Wettbewerb am grünen Tisch beeinflusst werde.
Der Vizepräsident sieht beim FCB einen «guten Lauf, auch mental». Der Aufschwung hat für ihn bereits Ende September den Anfang genommen. Dann habe man sich mit der Muttenzer Kurve ausgesöhnt. «Seither sind wir wieder vollzählig», sagt der Basler, «vorher hat der 13. Mai nachgewirkt.» Zu dieser Aussöhnung hat Heusler einen entscheidenden Beitrag geleistet. Er plädiert dafür, jede Situation zu analysieren und sich die Flexibilität zu bewahren. Auch in der langfristigen Zielsetzung hat sich die Tonalität am Rhein verändert: Der FCB müsse Meister werden, sagt Heusler. In den letzten vier, fünf Jahren sei es aber noch schwieriger geworden, gute Spieler für die Super League zu gewinnen und sie zu behalten. «Mit der Champions League zu planen, wäre die Realitäten verkennen», sagt der Basler, «man würde sich selber und das Umfeld damit irreführen.»
In der Position der Stärke ist «alles machbar»
Der FC Zürich ist zum Gejagten geworden
Von Peter B. Birrer
Aus den Lautsprechern trällert «With or Without You» von U2. Im Hintergrund ist ein Indoor-Training im Gang. Der FCZ-Trainer Lucien Favre lädt vor Ostern in der Saalsporthalle zur Medienkonferenz. Favre trägt ein hellblaues Hemd und einen dunkelblauen Veston. Er setzt sich, summt die U2-Melodie, klopft kurz auf den Tisch und geht zur Besprechung des bevorstehenden Spitzenspiels gegen den FC Basel über. Favre ist offensichtlich guter Dinge. Favre ist etwas aufgeregt («Ich habe wenig Zeit»). Favre argumentiert aus einer Position der Stärke. Er, den nicht wenige im FCZ 2003 loshaben wollten, ist im Klub unbestritten. Es heisst sogar, er könnte den FCZ demnächst in Richtung Frankreich verlassen. Hätte man diesen Satz vor drei Jahren geäussert, wäre von einer Wahrnehmungsstörung die Rede gewesen.
Im Gegensatz zur Meistersaison, als sie dem FC Basel unbeschwert auf den Fersen war, ist die junge FCZ-Equipe an der Tabellenspitze zur Gejagten geworden. «Lucien Favre, ist diese neue Ausgangslage ein Problem für ihre jungen Spieler?» Er antwortet: «Nein, das ist nicht unser Problem.» Der Romand spricht lieber über die zahlreichen Verletzten und Angeschlagenen und auch über den Fall des St. Gallers Philipp Muntwiler. Dieser, mit einem Platzverweis in einem Spiel des Nachwuchses belastet, soll im Spiel gegen den FCZ (0:0) unerlaubterweise eingesetzt worden sein. Meint der FCZ. Der Verband habe dies abgesegnet, hält der FC St. Gallen entgegen. Die Zürcher hoffen auf Punktezuwachs neben dem Rasen, Paragraphen werden bemüht. Das «St. Galler Tagblatt» schreibt: «Eine Frage der Interpretation.» Der Entscheid fällt nach Ostern.
FCZ-Training auf der Allmend Brunau. Jogger, Spaziergänger und «Hündeler» sind unterwegs, auf umliegenden Strassen rauschen Autos, in der Nähe weiden Schafe. Der FCZ ist im «Favre- Training». Der abgesteckte Raum ist eng. Die Spieler dürfen den Ball nur zweimal berühren und müssen ihn direkt weiterspielen. Fussball ist hier nicht Kampf, Fussball ist hier Kunst. Technische Feinheiten à gogo. Favre bleibt Favre. Später bittet er in Dreiergruppen zum Schuss-Training. Favre füttert Raffael, Santos, Schönbächler, Margairaz und Inler persönlich mit den Pässen. «Spielt Risiko, das ist gut so», ruft der Trainer. Er nimmt auch Schüsse ins Nichts des Himmels in Kauf. Der Stürmer Alexandre Alphonse kann nur beschränkt mittun. Ihn plagen seit über einem halben Jahr die Adduktoren. «Es geht zehn Minuten, nicht mehr», sagt Alphonse, «auch wenn ich nicht trainiere, wird es nicht besser. Längere Pausen nützen nichts.» Alphonse weiss nicht, woran er ist. Später erklärt Favre anschaulich mit Gesten und Griffen, wo Alphonse der Schmerz drückt. Der Trainer reisst dazu die Augen auf und lässt den für ihn typischen Ausdruck «oh, là, là» folgen.
FC Zürich gegen FC Basel. Spätestens seit dem Meisterschaftsfinal 2006 setzt dieser Zweikampf den Massstab. An jenem denkwürdigen 13. Mai hatte Alain Nef den letzten Einsatz für den FCZ. Seither spielt er in Piacenza in der Serie B. Nef kommt in Italien regelmässig zum Einsatz und hofft auf den Aufstieg. Den Schweizer Fussball verfolgt er via Fernsehen. Dank einem Decoder kann er das Schweizer Fernsehen und Teletext empfangen. Nef ist nicht überrascht, dass der FCZ oben geblieben ist. «Wir hatten schon letzte Saison eine junge, starke Mannschaft. Die Abgänge wurden kompensiert. Die Strategie geht auf.» Nef bereut trotzdem nicht, Zürich verlassen zu haben. «Das war ein richtiger Entscheid, vor allem für meine Entwicklung.»
In einer anderen Funktion als in der letzten Saison ist auch der Favre-Vertraute René Strittmatter für den FCZ unterwegs. Strittmatter ist seit ein paar Monaten Delegierter des Verwaltungsrats und nach eigenen Angaben zu 60 Prozent für den Fussball unterwegs. Die Osterwoche verbringt er in Frankreich, «geschäftlich und für den FCZ, ich versuche immer, die Dinge zu verbinden». Auf die Frage, welches bis jetzt für ihn das Schwierigste im FCZ gewesen sei, antwortet er: «Nichts.» Hat es in den letzten Wochen tatsächlich keine grosse FCZ-Hürde gegeben? «Wenn sie aus dem Geschäftsleben kommen, wissen sie, dass alles machbar ist», ist die Replik Strittmatters.
Er bildet zusammen mit dem Vollzeit-Präsidenten Ancillo Canepa neuerdings das Machtzentrum in der Vereinsführung. Vom langjährigen Präsidenten Sven Hotz, der Ende letzten Jahres ins zweite Glied zurücktrat, ist kaum mehr die Rede. Was ist ohne Hotz anders geworden? «Es gibt Gespräche, in denen man einmal den Joker setzen darf. Darauf möchte ich jetzt zurückgreifen», sagt Strittmatter.
Aufholjagd mit neuer Mentalität
Der FC Basel reist am Ostermontag selbstbewusst zum Leader FCZ
Von Christine Steffen
David Degen erinnert sich an die Nacht vom 13. Mai 2006, als wäre sie gestern gewesen. Der Basler sass im letzten Meisterschaftsspiel gegen den FC Zürich auf der Tribüne eine Sperre ab. Kurz vor Schluss der Partie ging er in die Katakomben des St.-Jakob-Park und streifte sich ein Meister-Shirt über. Was danach kam, nennt Degen wahlweise «Hölle» oder «Horror». Iulian Filipescu erzielte in der Nachspielzeit ein Tor, der FCZ war Schweizer Meister, Degen musste das Leibchen wieder ausziehen. «Wie ich mich damals gefühlt habe, werde ich auch in zehn Jahren noch wissen», sagt der 24-Jährige.
«Nicht so gut» geht es dem Internationalen auch im Moment. Er wurde bei Borussia Mönchengladbach - seinem Arbeitgeber seit dem Sommer - von Trainer Jos Luhukay aus dem Kader ausgeschlossen. Der Entscheid sei nicht sportlich zu begründen, sagt Degen, es sei «intern etwas los gewesen»; er könne nicht ins Detail gehen. Er denke viel an Basel, gibt Degen zu; eine ordentliche Portion Wehmut schwingt mit, wenn er sagt, er wäre froh, er hätte noch Christian Gross als Coach. Ihm traut er zu, die Basler so zu motivieren, dass diese «die Zürcher wegputzen».
Noch vor wenigen Wochen wäre es schwer vorstellbar gewesen, dass die Basler den Meister vom Platz fegen. Der FCB-Trainer - und seine Spieler - machten in der Vorrunde oft einen ratlosen Eindruck. Der Schock des verlorenen Titels wirkte nach, das Team agierte im Bewusstsein seiner Verletzlichkeit. Zuletzt aber hat der FCB neun Spiele in Folge nicht mehr verloren, lediglich fünf Punkte trennen ihn vom Leader. Das Grüblerische in den Aussagen der Spieler ist Zuversicht gewichen, das Zögerliche auf dem Platz Zielstrebigkeit. Der Verteidiger Boris Smiljanic erkennt eine «neue Mentalität» im Team, «einen grösseren Zusammenhalt». Das Training am Karfreitag mag als Ausdruck der wiedergewonnen Sicherheit dienen. Die Balance stimmt: Die konzentrierte Arbeit wird mit Sprüchen aufgelockert, die Männer auf dem Rasen wirken, als würde ihnen ihr Job Spass machen und als wüssten sie genau, warum sie sich in der warmen Frühlingssonne abrackern. Nach der Einheit treffen sich Christian Gross und sein Captain Ivan Ergic mitten auf dem Platz, beide reden, beide hören zu. Der Eindruck, dass hier konstruktiv gearbeitet wird, verfestigt sich.
Zwölf Journalisten gruppieren sich im Anschluss an das Training in der traditionellen Pressekonferenz um Christian Gross, drei Fernsehkameras sind auf ihn gerichtet, es liegt ein leichtes Flirren in der Luft, wie immer, wenn wichtige Spiele anstehen. Der Trainer mag die grossen Duelle, er mag die Partien gegen die Zürcher Klubs, er nennt sie «speziell». Seine Ausführungen bleiben im Bereich des Allgemeinen: Man werde konzentriert und intensiv zur Sache gehen und das Führungstor suchen, «wie es unsere Art ist». Ob Topskorer Petric spielen werde, könne er nicht sagen. Die Stärken des Gegners mag er nicht benennen: «Die sind bekannt», sagt er, schweigt, fügt an: «Ein sehr guter Trainer.» Ein Lächeln huscht über das Pokerface.
Christian Gross will nicht über einen möglichen Forfait-Sieg des FCZ gegen St. Gallen reden, der sieben Punkte Distanz zwischen Leader und Jäger legen würde. Bernhard Heusler, FCB-Vizepräsident und Jurist, erkennt eine «Inkonsistenz» in den zwei Klauseln, die den Fall des Ostschweizer Spielers Muntwiler betreffen, der im letzten Spiel eingewechselt wurde, obwohl er tags zuvor in der U 21 eine rote Karte erhalten hatte. Heusler hofft, dass ein Gericht am ehesten «im Sinn des Sports» entscheiden werde. Als Sportfan finde er es schlecht, wenn ein Wettbewerb am grünen Tisch beeinflusst werde.
Der Vizepräsident sieht beim FCB einen «guten Lauf, auch mental». Der Aufschwung hat für ihn bereits Ende September den Anfang genommen. Dann habe man sich mit der Muttenzer Kurve ausgesöhnt. «Seither sind wir wieder vollzählig», sagt der Basler, «vorher hat der 13. Mai nachgewirkt.» Zu dieser Aussöhnung hat Heusler einen entscheidenden Beitrag geleistet. Er plädiert dafür, jede Situation zu analysieren und sich die Flexibilität zu bewahren. Auch in der langfristigen Zielsetzung hat sich die Tonalität am Rhein verändert: Der FCB müsse Meister werden, sagt Heusler. In den letzten vier, fünf Jahren sei es aber noch schwieriger geworden, gute Spieler für die Super League zu gewinnen und sie zu behalten. «Mit der Champions League zu planen, wäre die Realitäten verkennen», sagt der Basler, «man würde sich selber und das Umfeld damit irreführen.»
In der Position der Stärke ist «alles machbar»
Der FC Zürich ist zum Gejagten geworden
Von Peter B. Birrer
Aus den Lautsprechern trällert «With or Without You» von U2. Im Hintergrund ist ein Indoor-Training im Gang. Der FCZ-Trainer Lucien Favre lädt vor Ostern in der Saalsporthalle zur Medienkonferenz. Favre trägt ein hellblaues Hemd und einen dunkelblauen Veston. Er setzt sich, summt die U2-Melodie, klopft kurz auf den Tisch und geht zur Besprechung des bevorstehenden Spitzenspiels gegen den FC Basel über. Favre ist offensichtlich guter Dinge. Favre ist etwas aufgeregt («Ich habe wenig Zeit»). Favre argumentiert aus einer Position der Stärke. Er, den nicht wenige im FCZ 2003 loshaben wollten, ist im Klub unbestritten. Es heisst sogar, er könnte den FCZ demnächst in Richtung Frankreich verlassen. Hätte man diesen Satz vor drei Jahren geäussert, wäre von einer Wahrnehmungsstörung die Rede gewesen.
Im Gegensatz zur Meistersaison, als sie dem FC Basel unbeschwert auf den Fersen war, ist die junge FCZ-Equipe an der Tabellenspitze zur Gejagten geworden. «Lucien Favre, ist diese neue Ausgangslage ein Problem für ihre jungen Spieler?» Er antwortet: «Nein, das ist nicht unser Problem.» Der Romand spricht lieber über die zahlreichen Verletzten und Angeschlagenen und auch über den Fall des St. Gallers Philipp Muntwiler. Dieser, mit einem Platzverweis in einem Spiel des Nachwuchses belastet, soll im Spiel gegen den FCZ (0:0) unerlaubterweise eingesetzt worden sein. Meint der FCZ. Der Verband habe dies abgesegnet, hält der FC St. Gallen entgegen. Die Zürcher hoffen auf Punktezuwachs neben dem Rasen, Paragraphen werden bemüht. Das «St. Galler Tagblatt» schreibt: «Eine Frage der Interpretation.» Der Entscheid fällt nach Ostern.
FCZ-Training auf der Allmend Brunau. Jogger, Spaziergänger und «Hündeler» sind unterwegs, auf umliegenden Strassen rauschen Autos, in der Nähe weiden Schafe. Der FCZ ist im «Favre- Training». Der abgesteckte Raum ist eng. Die Spieler dürfen den Ball nur zweimal berühren und müssen ihn direkt weiterspielen. Fussball ist hier nicht Kampf, Fussball ist hier Kunst. Technische Feinheiten à gogo. Favre bleibt Favre. Später bittet er in Dreiergruppen zum Schuss-Training. Favre füttert Raffael, Santos, Schönbächler, Margairaz und Inler persönlich mit den Pässen. «Spielt Risiko, das ist gut so», ruft der Trainer. Er nimmt auch Schüsse ins Nichts des Himmels in Kauf. Der Stürmer Alexandre Alphonse kann nur beschränkt mittun. Ihn plagen seit über einem halben Jahr die Adduktoren. «Es geht zehn Minuten, nicht mehr», sagt Alphonse, «auch wenn ich nicht trainiere, wird es nicht besser. Längere Pausen nützen nichts.» Alphonse weiss nicht, woran er ist. Später erklärt Favre anschaulich mit Gesten und Griffen, wo Alphonse der Schmerz drückt. Der Trainer reisst dazu die Augen auf und lässt den für ihn typischen Ausdruck «oh, là, là» folgen.
FC Zürich gegen FC Basel. Spätestens seit dem Meisterschaftsfinal 2006 setzt dieser Zweikampf den Massstab. An jenem denkwürdigen 13. Mai hatte Alain Nef den letzten Einsatz für den FCZ. Seither spielt er in Piacenza in der Serie B. Nef kommt in Italien regelmässig zum Einsatz und hofft auf den Aufstieg. Den Schweizer Fussball verfolgt er via Fernsehen. Dank einem Decoder kann er das Schweizer Fernsehen und Teletext empfangen. Nef ist nicht überrascht, dass der FCZ oben geblieben ist. «Wir hatten schon letzte Saison eine junge, starke Mannschaft. Die Abgänge wurden kompensiert. Die Strategie geht auf.» Nef bereut trotzdem nicht, Zürich verlassen zu haben. «Das war ein richtiger Entscheid, vor allem für meine Entwicklung.»
In einer anderen Funktion als in der letzten Saison ist auch der Favre-Vertraute René Strittmatter für den FCZ unterwegs. Strittmatter ist seit ein paar Monaten Delegierter des Verwaltungsrats und nach eigenen Angaben zu 60 Prozent für den Fussball unterwegs. Die Osterwoche verbringt er in Frankreich, «geschäftlich und für den FCZ, ich versuche immer, die Dinge zu verbinden». Auf die Frage, welches bis jetzt für ihn das Schwierigste im FCZ gewesen sei, antwortet er: «Nichts.» Hat es in den letzten Wochen tatsächlich keine grosse FCZ-Hürde gegeben? «Wenn sie aus dem Geschäftsleben kommen, wissen sie, dass alles machbar ist», ist die Replik Strittmatters.
Er bildet zusammen mit dem Vollzeit-Präsidenten Ancillo Canepa neuerdings das Machtzentrum in der Vereinsführung. Vom langjährigen Präsidenten Sven Hotz, der Ende letzten Jahres ins zweite Glied zurücktrat, ist kaum mehr die Rede. Was ist ohne Hotz anders geworden? «Es gibt Gespräche, in denen man einmal den Joker setzen darf. Darauf möchte ich jetzt zurückgreifen», sagt Strittmatter.