Gazza wird Schauspieler - herrlich

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Echo
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Gazza wird Schauspieler - herrlich

Beitrag von Echo »

Wort zum Sport

NZZ von heute

Horror-Paul
Erinnern Sie sich an Paul Gascoigne? Nein, das war nicht der vierte Musketier und weder ein Modedesigner noch ein französischer Fernsehkoch. Das war der vielleicht talentierteste englische Fussballer des letzten Vierteljahrhunderts. Ein Virtuose am Ball, ein Magier im Mittelfeld, der die Freistösse wie von Geisterhand in die hohe Torecke zirkelte und einen profanen Flachpass allein durch das Zucken des Fussgelenks zum matchentscheidenden Geniestreich veredelte. Wie kein Zweiter reflektierte Gascoigne - auf dem medialen Boulevard «Gazza» genannt - die Sehnsüchte und die Leidenschaft des Fussball-Mutterlands, in dem seit dem berühmtesten Lattenschuss der Geschichte (dem «Wembley-Tor») der WM-Titel die einzige Messlatte ist, aber die Träume in der Regel an einer roten Karte oder (spätestens) im Penaltyschiessen gegen Deutschland zerschellen.

Gascoigne, am 27. Mai 1967 in Gateshead geboren, war ein brillanter Fussballer. Doch Gascoigne war auch ein Hooligan. Im Cup-Final von 1991 gegen Nottingham Forrest verletzte er sich schwer, als er einen Gegner umsäbeln wollte. Von Schiedsrichtern hielt er nichts, dafür umso mehr von der englischen Getränkeindustrie. Sein bester Freund war jeweils der Besitzer des Pubs um die Ecke. Seine Freundinnen bezahlten die Zeche - gelegentlich mit einem blauen Auge. Das ganze Potenzial schöpfte der Fussballkünstler erst in der dritten Halbzeit aus. Doch auch das konsequenteste Theken-Forechecking verschaffte ihm selbst unter Gleichgesinnten nicht immer Respekt. Der nordirische Dribbelkünstler George Best, der wie «Gazza» alle aussteigen liess, aber an sich selber hängen blieb, erzählte über seinen Seelenverwandten: «Ich sagte <Gazza>, dass sein IQ niedriger sei als seine Trikot-Nummer. Da fragte er mich, was denn ein IQ sei.» Gascoigne trug die 8 auf dem Rücken.

Der Fussballer von der traurigen Gestalt spielte für Newcastle, Tottenham, Lazio Rom, Middlesborough, Burnley, Everton und die Glasgow Rangers. Er trug 57-mal das Trikot der englischen Nationalmannschaft, schaffte es zwar nie zum Gewinn eines grossen Titels, aber 1990 (mit dem englischen WM-Song «World in Motion») auf Platz 1 der UK-Charts. Doch Rum war ihm stets wichtiger als Ruhm. Sein sportlicher Absturz endete 2004 als Spielertrainer von Boston United in der vierthöchsten englischen Liga, sein gesundheitlicher mit einem Magengeschwür auf der Intensivstation. Als er im vergangenen Oktober als Trainer des sechstklassigen Kettering Town einen neuen Anlauf nahm, führte der erste Steilpass ins nächste Pub. Nach wenigen Wochen ging Gascoignes Trainerkarriere abrupt zu Ende, er war wiederholt angetrunken zur Arbeit erschienen. Im November wurde er verhaftet, weil er im Suff einen Fotografen niedergestreckt hatte.

Doch jetzt soll alles anders werden. Denn Paul Gascoigne hat neue berufliche Perspektiven - nicht als Bierbrauer oder Rausschmeisser (die beschäftigt er lieber in seiner Funktion als Gast), sondern als Filmschauspieler. Der Fussballstar a. D. soll in «Final Run» eine Hauptrolle spielen. Der Titel verspricht allerdings mehr, als er halten dürfte: «Final Run» ist nämlich ein Horrorfilm im unteren Preissegment, in dem Gascoigne (bzw. der von ihm gespielte Charakter) eine hohe Verantwortung trägt. Er muss entscheiden, ob er die eigene Haut oder doch die menschliche Rasse retten will.

Dass sich Sportler nach (oder während) ihrer Karriere als Schauspieler versuchen, hat eine gewisse Tradition. Zwar ist das Remake von «Schweizermacher» (mit Hans-Peter Latour in der Hauptrolle) ebenso noch nicht spruchreif wie das Drama aus der Basler Szene («Es geschah am 13. Mai»), die Walliser Version des «Familiengerichts» (mit Christian Constantin als Anwalt, wechselnden Angeklagten, aber immer Fredy Chassot als Kronzeugen) oder der Spaghetti-Western mit Tatort Niederhasli («Krassimir und der Kugelblitz»). Doch Sportgrössen wie David Beckham, Arnold Schwarzenegger, Johnny Weissmuller, Hannes Schmidhauser, Toni Sailer, Hausi Leutenegger, Fabien Rohrer oder O. J. Simpson (zufällige Reihenfolge) haben bewiesen, dass der zweite Bildungsweg alle künstlerischen Optionen offenlässt. - Gascoigne will trotzdem nichts dem Zufall überlassen. Er habe begonnen, Schauspielunterricht zu nehmen, wird aus England kolportiert. Dass er die Hauptrolle in einem Horrorfilm am besten ohne Weiterbildung spielen würde, ist nur eine zynische Vermutung.

Thomas Renggli

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Corpsegrinder
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Beitrag von Corpsegrinder »

Tja, Vinnie Jones hat ja gezeigt, wie es geht.

Für mich vielleicht nicht der beste, aber bestimmt einer der coolsten britischen Schauspieler zur Zeit. :)

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