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Mehr Kameras, mehr Kritik

Verfasst: 25.02.2007, 11:04
von smd
25. Februar 2007, NZZ am Sonntag

Mehr Kameras, mehr Kritik

Das Fernsehzeitalter bleibt für die Schiedsrichter nicht folgenlos.
Von Peter B. Birrer



Alle fühlen sich irgendwann benachteiligt. Der FC Sion hält auf DVD Ende 2006 nicht weniger als zwölf Fälle fest, in denen der Schiedsrichter fälschlicherweise zuungunsten des Klubs entschieden habe. So wird Stimmung gemacht. Der FC Zürich beklagte nach dem Spiel gegen den GC, drei Penaltys nicht erhalten zu haben. Auch der FC Basel haderte nach der Partie gegen Luzern wegen nicht gepfiffener Elfmeter. Bei GC - YB hätte der Spielleiter wegen des ungebührlichen Verhaltens des YB-Spielers Carlos Varela früher durchgreifen müssen. Hiess es. Offensichtlich ist, dass der die Kontrolle verlierende FCL-Routinier Mario Cantaluppi in Basel früher hätte des Feldes verwiesen werden müssen. Nicht vergessen ist, dass sich der FCB vor einem Jahr dauernd benachteiligt wähnte.

Bisweilen wird nicht nur die scheinbar ungerechte (Fussball-)Welt beklagt, sondern werden auch Verschwörungstheorien konstruiert. «Alle sind gegen uns, wir werden nicht Meister, weil wir benachteiligt werden», wird suggeriert oder offen ausgesprochen. Oft genug lenken Trainer und Spieler mit den Diskussionen um die Schiedsrichter indes nur von eigenen Fehlern und Mängeln ab. Sie suchen und finden Stellvertreter-Schauplätze, um nicht über den eigentlichen Schauplatz beziehungsweise den eigenen Fehlpass, die eigene Auswechslung reden zu müssen. Das beliebteste Urteil (auch in den Medien) ist, dass der jeweilige Schiedsrichter «überfordert» gewesen und «verantwortlich» sei für den Lauf der Dinge.

Die Beurteilung, ob die Schweizer Schiedsrichter gut oder schlecht sind, ist Schwankungen unterworfen. Zwei Dinge sind zu berücksichtigen: In den letzten sieben Jahren sind 13 Schiedsrichter mit der Erfahrung von 94 Super-League-Saisons (davon 36 im Dienste der Fifa) zurückgetreten. 2006 betraf dies Martin Salm, Reto Rutz und Markus Nobs. Der Aderlass hinterlässt Lücken, die geschlossen werden müssen. Gleichzeitig hat sich auch in der Schweiz die Anzahl der Direktübertragungen erhöht. Immer öfter treffen sich die Beobachter während und nach den (Live-)Spielen vor dem Fernsehgerät zum Jüngsten Gericht. Ihnen wird sekündlich mitgeteilt, ob ein Fehler vorliegt. Auffallend ist, dass die Meinungen über Penaltyszenen manchmal selbst beim Videostudium divergieren.

Der frühere Spitzenschiedsrichter Urs Meier arbeitet als Experte für das ZDF. Er weiss aus der Nähe, was technisch möglich geworden ist. «Früher zeichneten zwei Kameras das Spiel auf, heute sind es viel mehr. Jede Szene wird aufgeschlüsselt, es werden sogar Linien gezogen», sagt Meier. Die Schweizer Schiedsrichter seien, wie übrigens auch anderswo, «mehr im Fokus» und «mehr in der Kritik». Auch Markus Nobs, der Obmann der Schweizer Spitzen-Spielleiter, gibt zu bedenken: «Es werden nicht mehr Fehler gemacht, aber hinterher mehr Fehler gesehen.» Nobs wirft gleichzeitig ein, dass die Schiedsrichter in der Aus- und Weiterbildung von den zusätzlichen Bildern auch profitieren.

Nach diversen Rücktritten erhalten diejenigen mehr Verantwortung, die bis jetzt «im Schatten von anderen» (Nobs) gestanden sind. Auf Antrag des Schweizerischen Fussballverbands erhielten Anfang 2007 der 32-jährige Sascha Kever und der 31-jährige Cyril Zimmermann das Fifa-Abzeichen. «Das erhöht den Druck und die Aufmerksamkeit, beide müssen sich etablieren», befindet Meier, der als Götti und Ausbildner in einem Mentorprogramm Zimmermann begleitet.

Wie gut sind die Schiedsrichter? «Ich bin nie zufrieden», entgegnet Nobs, «aber wir sind besser, als wir gemacht werden.» Weitere Diskussionen folgen. Zuerst auf dem Spielfeld, an der Seitenlinie. Später vor Fernsehgeräten.

Verfasst: 25.02.2007, 11:45
von Nikopol
smd hat geschrieben:Wie gut sind die Schiedsrichter? «Ich bin nie zufrieden», entgegnet Nobs, «aber wir sind besser, als wir gemacht werden.»
Falsch. Ihr seid mindestens genau so schlecht wie
ihr gemacht werdet.

In der ChampionsLeague hat es hundert Mal mehr
Kameras, und trotzdem sieht man deutlich weniger
Fehlentscheide. Fazit: Die Schweizer Schiedsrichter
sind grottenschlecht - das hat nix mit Kameras zu
tun.