Die Uefa verlangt Geld von Gaststätten, die Euro-08-Spiele zeigen. Flächendeckend, auch für kleine Bildschirme und sogar, wenn kein Eintritt verlangt wird.
Von Thomas Knellwolf
Der Europäische Fussballverband zeigte sich vergangene Woche generös: Am Dienstag gab er bekannt, die vier Schweizer Spielorte der Fussball-EM mit Grossleinwänden zu unterstützen. Am Mittwoch kündigten Sponsoren der Uefa an, den Massen-Spielgenuss im kommenden Jahr in 17 weiteren Schweizer Städten zu fördern.
Die generöse Uefa - das war vergangene Woche. Denn nun zeigt sich, dass die Grosszügigkeit enge Grenzen hat. Sie endet ausserhalb der offiziellen Public-Viewing-Zonen, wo die Uefa ihre Sponsoren nicht im besten Licht präsentieren kann. Restaurants und Bars sollen eine Abgabe für öffentliche Spielübertragungen entrichten - ein Obolus zusätzlich zu den normalen Fernsehgebühren.
10 000 Franken für Grossleinwände
Zahlen sollen alle, die ein EM-Spiel am Fernseher einschalten und nicht nur Familie und Freunde mitgucken lassen. Die Uefa, welche die Urheberrechte ihres Turniers besitzt, möchte auch all jene zur Kasse bitten, die nur Essen oder Getränke verkaufen - und keinen speziellen Eintritt verlangen. Die Regelung würde Tausende von Gaststätten treffen. Und zwar unabhängig davon, ob sie zum kollektiven Fussballschauen im kommenden Juni speziell einen Fernseher anschaffen und ins Freie stellen oder einfach das herkömmliche Gerät in der Ecke laufen lassen.
75 Franken oder 50 Euro möchte die Uefa pro normalen Fernseher für das Turnier erheben. Für grösse Bildschirme will sie doppelt so viel verlangen. Teuer zu stehen kommen Grossleinwände: Hier will die Uefa 15 Franken oder 10 Euro pro Quadratmeter und Spiel kassieren. Die Bildschirme zwischen 35 und 45 Quadratmeter, wie sie in den offiziellen Public-Viewing-Zonen aufgestellt werden, würden für alle Partien über 10'000 Franken kosten. Für Grossleinwände wie in der Zürcher Badeanstalt Letten mussten die Veranstalter bereits während der Weltmeisterschaft in Deutschland eine Abgabe in dieser Grössenordnung entrichten.
Die neuen Regeln gelten nicht nur für die Schweiz, sondern generell. Dies bestätigt Euro-08-Sprecherin Pascale Vögeli. Ansonsten sagt sie nur: «Über die Public-Viewing-Richtlinien informieren wir innerhalb der nächsten zwei Wochen.»
Bei der Fifa war es gratis
Bisher galt bei sportlichen Grossveranstaltungen in der Schweiz folgende Faustregel: Wer keine Sponsoren hat, keinen Eintritt kassiert und keine Grossleinwand aufstellt, muss nichts bezahlen. So wurde die Sache zuletzt während der Fussball-Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer gehandhabt. Vor der WM 2006 hatte der Sportrechte-Vermarkter Infront in seinen Public-Viewing-Richtlinien gegenüber dem Branchenverband Gastrosuisse betont: «Der Verkauf von Getränken und Speisen ist selbstverständlich möglich.» Doch was für den Weltfussballverband Fifa und die zuständige Rechteagentur selbstverständlich ist, gilt für den europäischen Kontinentalverband offensichtlich nicht mehr.
Die einzige Möglichkeit, nichts zu bezahlen, besteht darin, den Gewinn für einen wohltätigen Zweck zu spenden oder keinen Gewinn zu machen. Welchen Kontrollapparat die Uefa aufbauen will, um die Einhaltung der Bedingungen zu überprüfen, ist offen.
Die Erfinder des Public Viewing in der Schweiz, die nicht gewinnorientierten Fussballbars, sehen in jedem Fall Probleme auf sich zukommen. Peter Keller, der in Solothurn nicht kommerzielle Fussballbars veranstaltet, sagt: «Ein Nachweis, wie ihn die Uefa vorsieht, ist schwierig zu erbringen. Bei uns arbeiten viele Leute gratis.» Keller hat auch sonst Mühe mit dem Ansinnen: «Zuerst kommerzialisieren die Fussballverbände das öffentliche Fussballschauen, das wir jahrelang liebevoll kultiviert haben, und dann wollen sie abkassieren.»
EM 2008/UEFA kassiert ab
- repplyfire
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sancho pancho
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Jetzt soll Platini zeigen, wofür man ihn gewählt hat.submarine hat geschrieben: Zahlen sollen alle, die ein EM-Spiel am Fernseher einschalten und nicht nur Familie und Freunde mitgucken lassen.
Ansonsten dürfte sich das Problem damit umgehen lassen, dass jeder Gast beim Kauf eines Getränks oder beim Betreten des Lokals automatisch erklärt, ein Freund des Lokalbesitzers zu sein.