Glücksgefühle an einem traurigen Tag
AUFSTEIGER HUELVA EHRT BEI AUTOUNFALL VERUNGLÜCKTE FANS MIT SENSATIONSSIEG BEI REAL MADRID

Fingerzeig. Die Spieler von Huelva zeigen, wem sie den Sieg widmen: den toten Anhängern im Himmel. Foto Keystone
HUBERT KAHL (DPA), Madrid
Für die Fussballer von Recreativo de Huelva dürfte der sensationelle 3:0-Sieg bei Real Madrid der Höhepunkt ihrer Karriere gewesen sein.
Nach Feiern war den Südspaniern trotzdem nicht zumute. Vor dem Anpfiff am Mittwochabend waren vier Huelva-Fans auf dem Weg nach Madrid bei einem Busunglück ums Leben gekommen. Ihrer gedachten die Fussballer bei ihrem überraschenden Triumph im Bernabéu-Stadion und zeigten mit den Fingern in den Himmel. «Sie widmeten den Sieg denen, die von oben herab zuschauten», erläuterte das Sportblatt «Marca» die Geste.
Eigentlich hatte Huelva wegen des Busunfalls, bei dem 35 weitere Fans verletzt worden waren, gar nicht antreten wollen. Der Fussball-Verband lehnte einen Antrag auf eine Spielverlegung jedoch ab. Real liess eine Gedenkminute einlegen und stiftete die Einnahmen der Partie den Familien der Opfer. Zudem sagten die «Königlichen» die Ehrung ihres Abwehrchefs Fabio Cannavaro ab, der am Montag zum Weltfussballer des Jahres 2006 gekürt worden war.
DesolatES REAL.
Der italienische Weltmeister erlebte zwei Tage nach seiner Auszeichnung einen Tiefpunkt in seiner Karriere. Er hatte dem frechen Angriffsspiel des Aufsteigers nichts entgegenzusetzen, sah bei den Gegentreffern schlecht aus und wurde vom Publikum ausgepfiffen. Cannavaro war aber längst nicht der einzige Madrilene, der sich in desolater Verfassung präsentierte. Trainer Fabio Capello fragte auf der Bank ratlos seinen Assistenten Antonio Grande: «Toni, was machen wir nur? Ich kann doch nicht alle elf Spieler auswechseln.»
Huelva, mit 117 Jahren der älteste Fussballclub in Spanien, zeigte schulbuchmässig, wie den Madrilenen beizukommen ist: Die Andalusier schirmten Reals Kreativabteilung um Regisseur Guti ab - mit der Folge, dass die Torjäger Ronaldo und Van Nistelrooy nicht ein brauchbares Zuspiel erhielten.
KEIN AUSRUTSCHER.
«Huelva legte Reals nackte Wahrheit offen», titelte die Zeitung «El Mundo». «Marca» sieht für den seit dreieinhalb Jahren titellosen Rekordmeister schwarz: «Das 0:3 war kein einmaliger Ausrutscher. Real spielte genauso schlecht wie sonst. Das Erstaunliche ist nur, dass es bislang so viele Punkte geholt hat.»
Die Real-Führung setzte derweil ihre Einkaufstour in Lateinamerika fort. Der Rekordmeister verpflichtete den 20-jährigen Argentinier Fernando Gago von Boca Juniors Buenos Aires für 20 Millionen Euro. Zuvor hatte Real auf dem «Wintermarkt» bereits dessen 19 Jahre alten Landsmann Gonzalo Higuaín von River Plate für zwölf Millionen und den 19-jährigen Brasilianer Marcelo von Fluminense Rio de Janeiro für sechs Millionen Euro unter Vertrag genommen. Vor Saisonbeginn hatten die Madrilenen fast 70 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben.