Cashley Cole
Verfasst: 10.10.2006, 07:23
aus http://www.nzz.ch:
Aus Ashley wird Cashley
Eine Spieler-Biografie als Indiz für den Sittenzerfall in England
Ashley Cole galt als strahlendes Exempel aller englischen Fussballtugenden. Mit seinem kürzlich veröffentlichten Buch ist er zum Symbol für die Übel des modernen Soccer geworden. Die Kommentatoren springen nicht zimperlich um mit ihm und der elenden Publikation «My Defence». «Cole ist kein Held, bloss ein gieriger kleiner Schleicher», schrieb der einstige Finanzminister und lebenslange Chelsea-Fan David Mellor in einer Fussball-Kolumne im «Evening Standard». Noch klarer auf den Punkt brachten es die Schlagzeilen, die aus Ashley flugs «Cashley» machten.
Eine finanzielle Lappalie
Ashley Cole zählte schon als Arsenal-Junior zu den grössten Talenten Londons. Während der Saison 1999/2000 wurde er noch an Crystal Palace ausgeliehen («Da habe ich geschuftet, und zwar ohne Murren!», murrt er im Buch). Schon in der darauffolgenden Saison verdrängte er den Brasilianer Sylvinho aus dem Stamm der Gunners. Im März 2001 gab er das Début im Nationalteam. Alles ging gut - bis im Frühling 2004. Da offerierte Arsenal dem 23-jährigen linken Aussenverteidiger eine Lohnerhöhung. Es sei ihm nie und nimmer ums Geld gegangen, schreibt Cole heute. Aber als ein Spieler, dessen Wert bei 45 Millionen Franken gelegen habe, habe er die Offerte, den Wochenlohn von 60 000 auf 85 000 Franken zu erhöhen, bloss als Hohn auffassen können. Mit weniger als 145 000 Franken wollte er sich nicht zufriedengeben. Andere Stars in der Mannschaft brachten es auf 240 000.
Das letzte Angebot Arsenals wurde Cole per Handy mitgeteilt. Es lag 14 000 Franken unter dem gewünschten Betrag. Vor Zorn habe er derart gezittert, dass er beinahe den schnellen Schlitten in den Strassengraben geritten habe, erzählt Cole. Finanzielle Dispute gehören zum Berufsalltag. Niemand kritisiert Cole dafür, dass er Ansprüche stellte. Was ihm zur Last gelegt wird, ist der weinerliche Ton, mit dem er bejammert, dass der Klub wegen einer solchen finanziellen «Lappalie» ein Jahr lang mit ihm zu streiten gewillt war. 730 000 Franken, der in Aussicht gestellte Jahreslohn, sind etwa so viel, wie zehn englische Krankenschwestern zusammen verdienen. Später wurde Cole zusammen mit seinem Agenten sowie dem internationalen Strippenzieher Pini Zahavi im Hotel mit José Mourinho und Peter Kenyon von Arsenals Erzrivalen FC Chelsea erwischt. Die Verbandsoberen schlossen, es handle sich um den illegalen Versuch eines Vereins, einen Spieler abzuwerben - beziehungsweise eines Spielers, sich abwerben zu lassen. Cole wurden 240 000 Franken Busse aufgebrummt. Doch er streitet jede Schuld ab - es sei eine Zufallsbegegnung gewesen. Aber als Arsenal den Lohnforderungen doch noch nachgab, verlangte er einen Transfer - und landete in Chelsea (nicht seine Wahl, sagt er, sondern die von Arsenal, wo man nur das Cash gesehen habe . . .).
Die Fäulnis sitzt tief
Coles Buch ist die Tirade eines Dreikäsehochs, dem ein neuer Power Ranger verwehrt worden ist. Dass Philippe Senderos im Buch speziell hervorgehoben wird als einer der jungen Arsenal-Spieler, die zu wenig Ehrfurcht gezeigt hätten vor den Routiniers, kann der Schweizer als Kompliment betrachten. Das Verhalten englischer Fussballer steht im Rampenlicht wie nie zuvor. Scharenweise sind sie in letzter Zeit betrunken am Lenkrad und bei Schlägereien ertappt worden. Die Gerüchte über Schmiergelder tun dem Image auch nicht gut. Und die Missetaten Wayne Rooneys und seine Weigerung, Reue zu zeigen, werden nur von Fans von Manchester United verteidigt. All diese Umstände haben eine rege Diskussion angeschürt darüber, wie und ob Fussballer soziale Verantwortung zu zeigen hätten. Dass ein «scheuer Typ» wie Cole - noch dazu kein Ausländer! - einen derart krassen Mangel an sozialem Fingerspitzengefühl und eine derart verblendete Selbsteinschätzung an den Tag legen kann, wird von den empörten Briten als Symptom gewertet dafür, wie tief in ihrem Fussball die moralische Fäulnis sitzt.
Hanspeter Künzler
Aus Ashley wird Cashley
Eine Spieler-Biografie als Indiz für den Sittenzerfall in England
Ashley Cole galt als strahlendes Exempel aller englischen Fussballtugenden. Mit seinem kürzlich veröffentlichten Buch ist er zum Symbol für die Übel des modernen Soccer geworden. Die Kommentatoren springen nicht zimperlich um mit ihm und der elenden Publikation «My Defence». «Cole ist kein Held, bloss ein gieriger kleiner Schleicher», schrieb der einstige Finanzminister und lebenslange Chelsea-Fan David Mellor in einer Fussball-Kolumne im «Evening Standard». Noch klarer auf den Punkt brachten es die Schlagzeilen, die aus Ashley flugs «Cashley» machten.
Eine finanzielle Lappalie
Ashley Cole zählte schon als Arsenal-Junior zu den grössten Talenten Londons. Während der Saison 1999/2000 wurde er noch an Crystal Palace ausgeliehen («Da habe ich geschuftet, und zwar ohne Murren!», murrt er im Buch). Schon in der darauffolgenden Saison verdrängte er den Brasilianer Sylvinho aus dem Stamm der Gunners. Im März 2001 gab er das Début im Nationalteam. Alles ging gut - bis im Frühling 2004. Da offerierte Arsenal dem 23-jährigen linken Aussenverteidiger eine Lohnerhöhung. Es sei ihm nie und nimmer ums Geld gegangen, schreibt Cole heute. Aber als ein Spieler, dessen Wert bei 45 Millionen Franken gelegen habe, habe er die Offerte, den Wochenlohn von 60 000 auf 85 000 Franken zu erhöhen, bloss als Hohn auffassen können. Mit weniger als 145 000 Franken wollte er sich nicht zufriedengeben. Andere Stars in der Mannschaft brachten es auf 240 000.
Das letzte Angebot Arsenals wurde Cole per Handy mitgeteilt. Es lag 14 000 Franken unter dem gewünschten Betrag. Vor Zorn habe er derart gezittert, dass er beinahe den schnellen Schlitten in den Strassengraben geritten habe, erzählt Cole. Finanzielle Dispute gehören zum Berufsalltag. Niemand kritisiert Cole dafür, dass er Ansprüche stellte. Was ihm zur Last gelegt wird, ist der weinerliche Ton, mit dem er bejammert, dass der Klub wegen einer solchen finanziellen «Lappalie» ein Jahr lang mit ihm zu streiten gewillt war. 730 000 Franken, der in Aussicht gestellte Jahreslohn, sind etwa so viel, wie zehn englische Krankenschwestern zusammen verdienen. Später wurde Cole zusammen mit seinem Agenten sowie dem internationalen Strippenzieher Pini Zahavi im Hotel mit José Mourinho und Peter Kenyon von Arsenals Erzrivalen FC Chelsea erwischt. Die Verbandsoberen schlossen, es handle sich um den illegalen Versuch eines Vereins, einen Spieler abzuwerben - beziehungsweise eines Spielers, sich abwerben zu lassen. Cole wurden 240 000 Franken Busse aufgebrummt. Doch er streitet jede Schuld ab - es sei eine Zufallsbegegnung gewesen. Aber als Arsenal den Lohnforderungen doch noch nachgab, verlangte er einen Transfer - und landete in Chelsea (nicht seine Wahl, sagt er, sondern die von Arsenal, wo man nur das Cash gesehen habe . . .).
Die Fäulnis sitzt tief
Coles Buch ist die Tirade eines Dreikäsehochs, dem ein neuer Power Ranger verwehrt worden ist. Dass Philippe Senderos im Buch speziell hervorgehoben wird als einer der jungen Arsenal-Spieler, die zu wenig Ehrfurcht gezeigt hätten vor den Routiniers, kann der Schweizer als Kompliment betrachten. Das Verhalten englischer Fussballer steht im Rampenlicht wie nie zuvor. Scharenweise sind sie in letzter Zeit betrunken am Lenkrad und bei Schlägereien ertappt worden. Die Gerüchte über Schmiergelder tun dem Image auch nicht gut. Und die Missetaten Wayne Rooneys und seine Weigerung, Reue zu zeigen, werden nur von Fans von Manchester United verteidigt. All diese Umstände haben eine rege Diskussion angeschürt darüber, wie und ob Fussballer soziale Verantwortung zu zeigen hätten. Dass ein «scheuer Typ» wie Cole - noch dazu kein Ausländer! - einen derart krassen Mangel an sozialem Fingerspitzengefühl und eine derart verblendete Selbsteinschätzung an den Tag legen kann, wird von den empörten Briten als Symptom gewertet dafür, wie tief in ihrem Fussball die moralische Fäulnis sitzt.
Hanspeter Künzler