STURMHOFFNUNG ZIGIC Das Riesentalent
Verfasst: 29.07.2006, 13:40
Von Joachim Dethlefs
Ein Geheimtipp ist Nikola Zigic längst nicht mehr. In den letzten Monaten haben mehr als ein Dutzend europäische Vereine Interesse gezeigt, das zurzeit stärkste serbische Sturmjuwel zu verpflichten. Ganz gleich, wo Zigic in dieser Saison spielen wird: Er wird der Größte sein.
Blau-roter Trainingsdress, Badelatschen, fester Händedruck. Nikola Zigic muss selbst lachen, als er mit seiner Körpergröße von 2,02 Metern aus dem winzigen Fahrstuhl im Sportzentrum von Roter Stern Belgrad tritt. Eine Dreiviertelstunde habe er Zeit, sagt der 25-jährige Serbe, er wolle auf keinen Fall zu spät zum Training kommen. Kaum etwas charakterisiert das momentan größte serbische Sturmtalent so gut, wie seine Grundsätze, die ihm schon sein Vater mit auf den Weg gegeben hat: "Ich muss arbeiten und auf das hören, was der Trainer mir sagt. Nichts anderes."
Genau dies hat er in den letzten Jahren getan und sich dadurch in die Herzen der Fans gespielt. Neben seinen begeisternden Spielen für Belgrad in Liga und Uefa-Cup hatte er einen wesentlichen Anteil an Serbiens WM-Qualifikation. Auch wenn Zigic über die verkorksten Spiele seines Teams in Deutschland nicht reden möchte, bleiben die Fakten: Vier Tore hat insgesamt in der Qualifikation und bei der WM geschossen, dazu seinem Nationalelf-Kollegen Mateja Kezmann die Vorlagen für entscheidende Treffer gegen Bosnien und Herzegowina und Spanien geliefert. Fans kennen diese Zahlen auswendig. Und der Torschütze selbst? Er lacht. "Mensch, wie viele waren es noch?" Nein, es sei doch besser, im Internet nach der aktuellen Statistik zu suchen.
Diese bescheidene Einstellung in Verbindung mit den eindeutigen Ergebnissen auf dem Platz haben dem Fußballer in Serbien Popularität verschafft. Zigic? Ein ausgezeichneter Spieler sei er, heißt es, dazu ein toller Kerl mit einer gesunden Persönlichkeit. Gelobt werden sein Wille zum Training, seine physische Vorbereitung und seine Fähigkeit zum Zusammenspiel. 2005 wählten ihn die Kapitäne der serbischen Ersten Liga bereits zum zweiten Mal zum Spieler des Jahres - mit 14 von 16 Stimmen. Jürgen Röber, Ex-Trainer des Erzrivalen Partizan Belgrad, hat für Schlagzeilen gesorgt, als er nach dem letzten Derby gegenüber Journalisten den Stürmer des Gegners zu seinem Wunschspieler erklärte.
Mehr als ein Dutzend europäischer Clubs haben mittlerweile Interesse geäußert, von Spartak Moskau bis Olympique Marseille, von West Ham über Liverpool bis hin zum FC Arsenal. Die Ablösesumme pendelt zwischen acht und 15 Millionen Euro. Fast im Wochentakt wird von einem festen Vertragsabschluss mit einem anderen Verein be richtet, den die Verantwortlichen anschließend dementieren. Zu den Interessenten auf deutscher Seite gehören Hertha BSC Berlin und der Hamburger SV. Es könnte durchaus sein, dass auch nach der WM Tore von Nikola Zigic in Deutschland zu sehen sein werden, denn die Spielkultur der Bundesliga und die Atmosphäre in den Stadien gefallen ihm.
Nicht allein Talent, sondern auch jahrelange harte Arbeit legte die Basis für seinen Erfolg. Schon Vater Jovan und Onkel Branko prägten als erste Trainer in der Jugendmannschaft den Weg des damals Siebenjährigen, ermunterten ihn, fleißig zu sein und an sich selbst zu glauben. Die endgültige Entscheidung zur Profikarriere fiel aber erst mit der Vertragsunterzeichnung bei Roter Stern. Die aus einfachen Verhältnissen stammenden Eltern haben darauf geachtet, dass er trotz aller Fußballträume die Schule beendet, um sich im Notfall selbst ernähren zu können. Zigic ist Familienmensch. Sieht Verwandte und Freunde als beste Ratgeber und Stützen, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. "Ich kann auch heute keinen Dinar verschwenden, so bin ich erzogen."
Fünf Jahre ist es her, da wagte Zigic mit einem Probetraining bei AS Saint-Etienne zum ersten Mal den Schritt ins Ausland. Dort hatten sie mehr Interesse an fertig entwickelten Spielern, er dagegen brauchte noch Zeit. Roter Stern Belgrad gab ihm einen Vertrag und verlieh ihn an den Zweitligaverein Spartak. Die Strategie ging auf, bei Zigic platzte der Knoten. Er wurde Torschützenkönig der zweiten serbischen Liga und konnte sich anschließend auch in der ersten durchsetzen.
Details über sein Privatleben, Eltern, Bruder, Freundin gibt der junge Fußballer kaum preis. Er will auf dem Platz überzeugen. Nur wer bohrt, erfährt von seinem sozialen Engagement. Ja, es stimme schon, dass er manchmal von Hilfsorganisationen oder Projekten angesprochen werde, um zum Beispiel ein Kinderturnier zu eröffnen. Das bereite ihm viel Freude. "Es füllt mein Herz, wenn sie alle dort stehen und mich anlächeln, einfach nur weil ich da bin." Er weiß, wie wichtig sein großes fußballerisches Idol für ihn gewesen ist. Bis jetzt ist er dem italienischen Nationalspieler Christian Vieri noch nie persönlich begegnet, aber er besitzt mittlerweile eine beträchtliche Sammlung seiner Trikots. Und wenn er von ihm erzählt, sieht er plötzlich wie ein Schüler aus, der nachmittags Zeitungsausschnitte in Alben klebt.
Die Dreiviertelstunde ist um, immer noch freundlich lächelnd beantwortet Nikola Zigic die Frage nach seiner persönlichen Philosophie: "Der Ball ist sowieso am schnellsten. Deswegen habe ich auf dem Platz keine Zeit zu philosophieren" - und geht zum Training.
spiegel
Ein Geheimtipp ist Nikola Zigic längst nicht mehr. In den letzten Monaten haben mehr als ein Dutzend europäische Vereine Interesse gezeigt, das zurzeit stärkste serbische Sturmjuwel zu verpflichten. Ganz gleich, wo Zigic in dieser Saison spielen wird: Er wird der Größte sein.
Blau-roter Trainingsdress, Badelatschen, fester Händedruck. Nikola Zigic muss selbst lachen, als er mit seiner Körpergröße von 2,02 Metern aus dem winzigen Fahrstuhl im Sportzentrum von Roter Stern Belgrad tritt. Eine Dreiviertelstunde habe er Zeit, sagt der 25-jährige Serbe, er wolle auf keinen Fall zu spät zum Training kommen. Kaum etwas charakterisiert das momentan größte serbische Sturmtalent so gut, wie seine Grundsätze, die ihm schon sein Vater mit auf den Weg gegeben hat: "Ich muss arbeiten und auf das hören, was der Trainer mir sagt. Nichts anderes."
Genau dies hat er in den letzten Jahren getan und sich dadurch in die Herzen der Fans gespielt. Neben seinen begeisternden Spielen für Belgrad in Liga und Uefa-Cup hatte er einen wesentlichen Anteil an Serbiens WM-Qualifikation. Auch wenn Zigic über die verkorksten Spiele seines Teams in Deutschland nicht reden möchte, bleiben die Fakten: Vier Tore hat insgesamt in der Qualifikation und bei der WM geschossen, dazu seinem Nationalelf-Kollegen Mateja Kezmann die Vorlagen für entscheidende Treffer gegen Bosnien und Herzegowina und Spanien geliefert. Fans kennen diese Zahlen auswendig. Und der Torschütze selbst? Er lacht. "Mensch, wie viele waren es noch?" Nein, es sei doch besser, im Internet nach der aktuellen Statistik zu suchen.
Diese bescheidene Einstellung in Verbindung mit den eindeutigen Ergebnissen auf dem Platz haben dem Fußballer in Serbien Popularität verschafft. Zigic? Ein ausgezeichneter Spieler sei er, heißt es, dazu ein toller Kerl mit einer gesunden Persönlichkeit. Gelobt werden sein Wille zum Training, seine physische Vorbereitung und seine Fähigkeit zum Zusammenspiel. 2005 wählten ihn die Kapitäne der serbischen Ersten Liga bereits zum zweiten Mal zum Spieler des Jahres - mit 14 von 16 Stimmen. Jürgen Röber, Ex-Trainer des Erzrivalen Partizan Belgrad, hat für Schlagzeilen gesorgt, als er nach dem letzten Derby gegenüber Journalisten den Stürmer des Gegners zu seinem Wunschspieler erklärte.
Mehr als ein Dutzend europäischer Clubs haben mittlerweile Interesse geäußert, von Spartak Moskau bis Olympique Marseille, von West Ham über Liverpool bis hin zum FC Arsenal. Die Ablösesumme pendelt zwischen acht und 15 Millionen Euro. Fast im Wochentakt wird von einem festen Vertragsabschluss mit einem anderen Verein be richtet, den die Verantwortlichen anschließend dementieren. Zu den Interessenten auf deutscher Seite gehören Hertha BSC Berlin und der Hamburger SV. Es könnte durchaus sein, dass auch nach der WM Tore von Nikola Zigic in Deutschland zu sehen sein werden, denn die Spielkultur der Bundesliga und die Atmosphäre in den Stadien gefallen ihm.
Nicht allein Talent, sondern auch jahrelange harte Arbeit legte die Basis für seinen Erfolg. Schon Vater Jovan und Onkel Branko prägten als erste Trainer in der Jugendmannschaft den Weg des damals Siebenjährigen, ermunterten ihn, fleißig zu sein und an sich selbst zu glauben. Die endgültige Entscheidung zur Profikarriere fiel aber erst mit der Vertragsunterzeichnung bei Roter Stern. Die aus einfachen Verhältnissen stammenden Eltern haben darauf geachtet, dass er trotz aller Fußballträume die Schule beendet, um sich im Notfall selbst ernähren zu können. Zigic ist Familienmensch. Sieht Verwandte und Freunde als beste Ratgeber und Stützen, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. "Ich kann auch heute keinen Dinar verschwenden, so bin ich erzogen."
Fünf Jahre ist es her, da wagte Zigic mit einem Probetraining bei AS Saint-Etienne zum ersten Mal den Schritt ins Ausland. Dort hatten sie mehr Interesse an fertig entwickelten Spielern, er dagegen brauchte noch Zeit. Roter Stern Belgrad gab ihm einen Vertrag und verlieh ihn an den Zweitligaverein Spartak. Die Strategie ging auf, bei Zigic platzte der Knoten. Er wurde Torschützenkönig der zweiten serbischen Liga und konnte sich anschließend auch in der ersten durchsetzen.
Details über sein Privatleben, Eltern, Bruder, Freundin gibt der junge Fußballer kaum preis. Er will auf dem Platz überzeugen. Nur wer bohrt, erfährt von seinem sozialen Engagement. Ja, es stimme schon, dass er manchmal von Hilfsorganisationen oder Projekten angesprochen werde, um zum Beispiel ein Kinderturnier zu eröffnen. Das bereite ihm viel Freude. "Es füllt mein Herz, wenn sie alle dort stehen und mich anlächeln, einfach nur weil ich da bin." Er weiß, wie wichtig sein großes fußballerisches Idol für ihn gewesen ist. Bis jetzt ist er dem italienischen Nationalspieler Christian Vieri noch nie persönlich begegnet, aber er besitzt mittlerweile eine beträchtliche Sammlung seiner Trikots. Und wenn er von ihm erzählt, sieht er plötzlich wie ein Schüler aus, der nachmittags Zeitungsausschnitte in Alben klebt.
Die Dreiviertelstunde ist um, immer noch freundlich lächelnd beantwortet Nikola Zigic die Frage nach seiner persönlichen Philosophie: "Der Ball ist sowieso am schnellsten. Deswegen habe ich auf dem Platz keine Zeit zu philosophieren" - und geht zum Training.
spiegel