Eintracht Frankfurt vor dem wahren Finale
Verfasst: 03.05.2006, 02:06
quelle:BaZ.ch
Eintracht Frankfurt vor dem wahren Finale
DAS TEAM MIT BENJAMIN HUGGEL (EX FCB) KANN DER ZWEITE GROSSE GEWINNER DER SAISON WERDEN - ODER ABSTEIGEN

Ängstlich. Entschlossenheit sieht anders aus: Frankfurter Spieler (Dritter von links Huggel) bilden eine Mauer. Foto Keystone
PETERUNFRIED
Wenn jemand einen Titel nicht geschafft hat, so bekommt er seit den glorreichen Tagen der britischen Prinzessin Diana von herzensguten Menschen den wohlfeilen Zusatz «u2026der Herzen» überreicht.
Schalke zum Beispiel war mal Meister der Herzen, und Eintracht Frankfurt mit Benjamin Huggel (ex FCBasel) ist nach dem 0:1 gegen Bayern München nun der amtierende «Pokalsieger der Herzen». Zumindest in Frankfurt und Umgebung. Kaufen kann man sich dafür nichts, und schon gar nicht, wenn das DFB-Pokalfinale wegen der WM nicht Abschluss der Saison bildete, sondern drei Spieltage vor Ende reingequetscht wurde. Das wahre Finale, das hat Trainer Friedhelm Funkel nie verhehlt, ist das heutige Heimspiel gegen Kaiserslautern. «Dreimal wichtiger als das Finale» sei der 32. Spieltag, sagt Funkel.
Ein Endspiel ist es nicht, aber es geht um viel: Man kann zwar nicht alles verlieren, aber viel vermeiden. Das gilt für die Eintracht (13., 34 Punkte) gegen Kaiserslautern (16./30), genauso wie für Wolfsburg (14./33) gegen Mainz (15./31): zwei Heimsiege, und aus dem Vierkampf gegen den Abstieg wird ein Zweikampf.
Die Frage.
Es ist bezeichnend für die Saison, dass sie am Ende ihre Spannung nicht aus der Frage nach Gewinnern bezieht, sondern der nach Verlierern. Während aber Wolfsburg, wie so viele Teams, so oder so ein Verlierer der Saison ist, ist Eintracht Frankfurt auf dem Weg, ein klarer Gewinner zu werden.
Die Saison läuft prächtig. Eigentlich. Als Aufsteiger hat die Eintracht - anders als der ähnlich strukturierte 1. FC Köln - das Pokalfinale erreicht, sich für den Uefa-Cup qualifiziert und dabei eine schwere Schwächephase in der Vorrunde ohne Schaden und Trainerwechsel überstanden. Man profitiert dabei vom Absinken der Qualität in den hinteren Tabellenregionen, deren Ausdruck auch die geringe Punktzahl der Abstiegskandidaten ist. Allgemein gilt: Die Schwachen werden noch schwächer. Im Speziellen gilt: Kaiserslautern verliert seit Jahren Substanz, Wolfsburg bezahlt für andauerndes unentschlossenes Lavieren im Entscheiderbereich, Mainz spielt fast die ganze Rückrunde unter seinen - ohnehin bescheidenen - Möglichkeiten.
Nach einem jahrzehntelangen Gewurschtel und dem daraus resultierenden Auf und Ab zwischen Bundes- und 2. Liga hat Eintracht-Präsident Bruchhagen das bisweilen halbseiden daherkommende Unternehmen nach Wahrnehmung der Experten vor Ort so professionalisiert, dass die grösste ökonomische Krise überstanden scheint. Das neue WM-Stadion sowie der Standort Frankfurt schaffen die Grundstruktur, um sich mittelfristig als Regionalunternehmen wieder im Mittelfeld der Liga zu etablieren. Vor allem gibt es auch eine sportliche Perspektive, ist da ein «junges, hessisches, deutschsprachiges Team» (Bruchhagen), das in der Region viele positive Vibrationen auslöst und auch bei zurückhaltenderen Fussballfreunden als Versprechen für schönen Fussball betrachtet wird.
Langer weg.
Vielleicht nicht jenen, den Grabowski und Hölzenbein in den 70ern oder Möller und Bein Anfang der 90er zelebrierten, aber dafür auf einen neuen. Vielleicht ist es gerade die Leistung des bisweilen spröde daherkommenden Bruchhagen, dass er die Erwartungen der Anhängerschaft losgelöst hat vom Irrationalen, der Tradition und den grossen Namen der Vergangenheit - und das Bewusstsein geschärft hat für die Realität. Jene ist nämlich, sagt Bruchhagen: «Frankfurt war ein Jahrzehnt von der grossen Fussballgeschichte ausgespart.»
Deshalb hat man zwar geschimpft, das Finale sei «Wettbewerbsverzerrung», weil vier Tage vor einer abstiegsentscheidenden englischen Woche angesetzt. Andererseits hat man es genossen, wieder gefragt zu sein. «Zurück im glorreichen Schein/erscheint unsere Diva vom Main», hiess es auf einem Plakat. Also: Frankfurt kann der zweite grosse Gewinner der Saison werden - nach oder neben Hamburg. Oder der Absteiger der Herzen.
Eintracht Frankfurt vor dem wahren Finale
DAS TEAM MIT BENJAMIN HUGGEL (EX FCB) KANN DER ZWEITE GROSSE GEWINNER DER SAISON WERDEN - ODER ABSTEIGEN
Ängstlich. Entschlossenheit sieht anders aus: Frankfurter Spieler (Dritter von links Huggel) bilden eine Mauer. Foto Keystone
PETERUNFRIED
Wenn jemand einen Titel nicht geschafft hat, so bekommt er seit den glorreichen Tagen der britischen Prinzessin Diana von herzensguten Menschen den wohlfeilen Zusatz «u2026der Herzen» überreicht.
Schalke zum Beispiel war mal Meister der Herzen, und Eintracht Frankfurt mit Benjamin Huggel (ex FCBasel) ist nach dem 0:1 gegen Bayern München nun der amtierende «Pokalsieger der Herzen». Zumindest in Frankfurt und Umgebung. Kaufen kann man sich dafür nichts, und schon gar nicht, wenn das DFB-Pokalfinale wegen der WM nicht Abschluss der Saison bildete, sondern drei Spieltage vor Ende reingequetscht wurde. Das wahre Finale, das hat Trainer Friedhelm Funkel nie verhehlt, ist das heutige Heimspiel gegen Kaiserslautern. «Dreimal wichtiger als das Finale» sei der 32. Spieltag, sagt Funkel.
Ein Endspiel ist es nicht, aber es geht um viel: Man kann zwar nicht alles verlieren, aber viel vermeiden. Das gilt für die Eintracht (13., 34 Punkte) gegen Kaiserslautern (16./30), genauso wie für Wolfsburg (14./33) gegen Mainz (15./31): zwei Heimsiege, und aus dem Vierkampf gegen den Abstieg wird ein Zweikampf.
Die Frage.
Es ist bezeichnend für die Saison, dass sie am Ende ihre Spannung nicht aus der Frage nach Gewinnern bezieht, sondern der nach Verlierern. Während aber Wolfsburg, wie so viele Teams, so oder so ein Verlierer der Saison ist, ist Eintracht Frankfurt auf dem Weg, ein klarer Gewinner zu werden.
Die Saison läuft prächtig. Eigentlich. Als Aufsteiger hat die Eintracht - anders als der ähnlich strukturierte 1. FC Köln - das Pokalfinale erreicht, sich für den Uefa-Cup qualifiziert und dabei eine schwere Schwächephase in der Vorrunde ohne Schaden und Trainerwechsel überstanden. Man profitiert dabei vom Absinken der Qualität in den hinteren Tabellenregionen, deren Ausdruck auch die geringe Punktzahl der Abstiegskandidaten ist. Allgemein gilt: Die Schwachen werden noch schwächer. Im Speziellen gilt: Kaiserslautern verliert seit Jahren Substanz, Wolfsburg bezahlt für andauerndes unentschlossenes Lavieren im Entscheiderbereich, Mainz spielt fast die ganze Rückrunde unter seinen - ohnehin bescheidenen - Möglichkeiten.
Nach einem jahrzehntelangen Gewurschtel und dem daraus resultierenden Auf und Ab zwischen Bundes- und 2. Liga hat Eintracht-Präsident Bruchhagen das bisweilen halbseiden daherkommende Unternehmen nach Wahrnehmung der Experten vor Ort so professionalisiert, dass die grösste ökonomische Krise überstanden scheint. Das neue WM-Stadion sowie der Standort Frankfurt schaffen die Grundstruktur, um sich mittelfristig als Regionalunternehmen wieder im Mittelfeld der Liga zu etablieren. Vor allem gibt es auch eine sportliche Perspektive, ist da ein «junges, hessisches, deutschsprachiges Team» (Bruchhagen), das in der Region viele positive Vibrationen auslöst und auch bei zurückhaltenderen Fussballfreunden als Versprechen für schönen Fussball betrachtet wird.
Langer weg.
Vielleicht nicht jenen, den Grabowski und Hölzenbein in den 70ern oder Möller und Bein Anfang der 90er zelebrierten, aber dafür auf einen neuen. Vielleicht ist es gerade die Leistung des bisweilen spröde daherkommenden Bruchhagen, dass er die Erwartungen der Anhängerschaft losgelöst hat vom Irrationalen, der Tradition und den grossen Namen der Vergangenheit - und das Bewusstsein geschärft hat für die Realität. Jene ist nämlich, sagt Bruchhagen: «Frankfurt war ein Jahrzehnt von der grossen Fussballgeschichte ausgespart.»
Deshalb hat man zwar geschimpft, das Finale sei «Wettbewerbsverzerrung», weil vier Tage vor einer abstiegsentscheidenden englischen Woche angesetzt. Andererseits hat man es genossen, wieder gefragt zu sein. «Zurück im glorreichen Schein/erscheint unsere Diva vom Main», hiess es auf einem Plakat. Also: Frankfurt kann der zweite grosse Gewinner der Saison werden - nach oder neben Hamburg. Oder der Absteiger der Herzen.









