Köbi Kuhn gewinnt Sportpreis, nimmts gelassen.
Verfasst: 10.03.2006, 21:38
Unser Nati Trainer ist wirklich einmalig, hier der Bericht aus der NZZ:
Köbi Kuhn - Wiedikon als Tor zum Weltfussball
urs. Als Treffpunkt hat er ein winziges Quartierlokal am Fusse des Üetlibergs vorgeschlagen, das so nüchtern wirkt wie eine Wartehalle. Hier ist der Trainer, der gleich nebenan in einem unscheinbaren Block wohnt, öfters anzutreffen. Wir legen ihm ein gleichentags erschienenes Zeitungsinserat vor, das eine Grossaufnahme der Nationalspieler Senderos und Barnetta im Torjubel zeigt. «Herr Kuhn, was löst dieser Anblick bei Ihnen aus?» Der 62-Jährige lächelt milde, väterlich fast, wird dann ernster und sinniert mit der ihm eigenen Mischung aus Anstrengung und Gelassenheit. Nach langer Pause, in der er um Worte und mit den Händen ringt, konstatiert er achselzuckend, hier sei der Kern der Arbeit rund um den Fussball illustriert: «Wir müssen Emotionen transportieren, Freude wecken.»
Im Quartier verwurzelt
Köbi Kuhn pflegt Fragen und erst recht seine Antworten sorgfältig abzuwägen. Daraufhin sorgt er - nicht nur in Fernsehinterviews nach grossen Siegen des Teams - mit Vorliebe dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Nichts scheint ihm mehr zuwider zu sein als Pathos, so wie ihm Übermass allgemein suspekt sein dürfte. Soeben ist er aus Düsseldorf zurückgekehrt, wo sich die Delegationen aller Teilnehmer der Fussball-WM 06 zu Vorbereitungen getroffen haben. Die Frage, ob das Hinfiebern auf den Grossanlass endgültig begonnen habe, quittiert er mit Kuhnscher Lakonie: «Es kommt natürlich schon alles ein bisschen näher.»
Ein Herr, etwa in Kuhns Alter, tritt an den Tisch und weist auf eine Zeitung. «Äxgüsi, törf i gschnäll stööre, chan i de u2039Blicku203A ha?» «Sälbverstäntli, Paul!», sagt Köbi Kuhn, sein Lachen wird breit. In Wiedikon ist er daheim. Auch politisch nimmt er Anteil am Stadtleben - er kann sich nicht entsinnen, jemals einen Urnengang ausgelassen zu haben. Auf Zürichs vielgerühmte Lebensqualität angesprochen, wittert er aber sogleich einen Überschwang, den es abzuwehren gilt: In dieser Stadt zu leben, auf die man stolz sein könne, sei nicht sein Verdienst. In diese sei er ja hineingeboren worden. Immerhin ist er ihr seither treu geblieben. Doch auch dies kann man nicht aussprechen, ohne eine Relativierung zu kassieren: Während alle Geschwister zumindest vorübergehend im Ausland gelebt hätten, habe er es nur von Wiedikon nach Wiedikon geschafft, resümiert er augenzwinkernd.
Dies hat Kuhn nicht daran gehindert, der Fussballnation international Respekt zu verschaffen. Die jüngste Erfolgsgeschichte des Nationalteams sei das Ergebnis jahrelanger Aufbauarbeit, unterstreicht er. Dass er vor dem Aufstieg zum höchsten Traineramt die Nachwuchsauswahl betreut und so den Nährboden stark mitgeprägt hat, lässt er unerwähnt. Auch für diese Leistung zeichnet ihn die Stadt heute Abend als Sportförderer aus. Das empfindet er als Ehre, doch wisse er nicht recht, womit er diese gerade jetzt verdient habe. Vielleicht habe man niemand anderen gefunden, dem man die diesjährige Auszeichnung hätte verleihen können. Und sowieso - die Preisflut sei heutzutage ja fast inflationär, findet er und zählt auf: «Grammys, Golden Globes, Oscars.»
Für eine Oscar-Verleihung wäre Köbi Kuhn an diesem Morgen etwas underdressed, wie man in Hollywood sagen würde. In seinen Jeans und dem grauem Rollkragenpulli, dessen rechter Ärmel über dem Handgelenk verwurstelt ist, könnte er auch als Hausabwart durchgehen statt als Inhaber der bedeutendsten Trainerstelle im Lande. Er hat es in dieser Position, ganz ohne grosse Posen, zu einer Popularität gebracht wie kaum einer zuvor. Der Rummel um seine Person ist in den letzten Jahren gross geworden und erreicht mit der Qualifikation für die WM 06 einen Höhepunkt. Doch hierzulande seien die Auswirkungen moderater als anderswo, hält er fest. Leute sprächen ihn auf der Strasse an, schüttelten ihm die Hand, wobei eine respektvolle Distanz meist gewahrt bleibe.
Vor der Haustür des Ehepaars Kuhn
Als unsere Gesprächsdauer sich der Spielzeit eines Fussballmatches nähert, raunt das Personal des Lokals dem Trainer etwas zu: Frau Kuhn habe angerufen. Er müsse sofort heimkommen, sonst verpasse er einen Termin. Herr Kuhn registriert die Nachricht ohne Anzeichen von Hektik. Die Frau, mit der er seit über 40 Jahren verheiratet ist, gilt als ordnende Hand in seinem Leben. Das Gerücht, Alice Kuhn habe gar bei der Mannschaftsaufstellung ein Wörtchen mitzureden, ist natürlich Quatsch. Sie äussere sich kaum über seine Matches, sagt ihr Gatte. Ist sie seine Managerin? «Das würde sie wohl nicht gerne hören», lächelt er. Sie bahne ihm den Weg durch all die Termine und Anfragen, etwa für Auftritte an Vereinsjubiläen. Solche Bitten kämen täglich herein. «Ich habe lernen müssen, ohne schlechtes Gewissen auch einmal Nein zu sagen», berichtet Köbi Kuhn, packt seinen mit eingekauften Joghurts prall gefüllten Plasticsack und macht sich auf den Heimweg. Für eine Homestory hat sich das Ehepaar Kuhn noch nie zur Verfügung gestellt. Wie vieles darf auch das so bleiben.
Sportpreis der Stadt Zürich 2005
urs. Heute Freitagabend nimmt Köbi Kuhn von Stadträtin Monika Weber den Sportpreis der Stadt Zürich in der Kategorie «Sportförderung» entgegen. Er erhält die Auszeichnung für seine Verdienste als aktiver Fussballer, als der er 63 Länderspiele bestritt und mit dem FCZ 6-mal Schweizer Meister sowie 5-mal Cup-Sieger wurde, wie auch als Nationaltrainer. Als bestes Team wird das Volleyballerinnen- Team VBC Voléro geehrt, als beste Nachwuchssportlerin die Synchronschwimmerin Stéphanie Jost von den Limmatnixen. Das Handball-Projekt GAN Foxes Zürich wird für nachhaltige Nachwuchsförderung ausgezeichnet.
Köbi Kuhn - Wiedikon als Tor zum Weltfussball
urs. Als Treffpunkt hat er ein winziges Quartierlokal am Fusse des Üetlibergs vorgeschlagen, das so nüchtern wirkt wie eine Wartehalle. Hier ist der Trainer, der gleich nebenan in einem unscheinbaren Block wohnt, öfters anzutreffen. Wir legen ihm ein gleichentags erschienenes Zeitungsinserat vor, das eine Grossaufnahme der Nationalspieler Senderos und Barnetta im Torjubel zeigt. «Herr Kuhn, was löst dieser Anblick bei Ihnen aus?» Der 62-Jährige lächelt milde, väterlich fast, wird dann ernster und sinniert mit der ihm eigenen Mischung aus Anstrengung und Gelassenheit. Nach langer Pause, in der er um Worte und mit den Händen ringt, konstatiert er achselzuckend, hier sei der Kern der Arbeit rund um den Fussball illustriert: «Wir müssen Emotionen transportieren, Freude wecken.»
Im Quartier verwurzelt
Köbi Kuhn pflegt Fragen und erst recht seine Antworten sorgfältig abzuwägen. Daraufhin sorgt er - nicht nur in Fernsehinterviews nach grossen Siegen des Teams - mit Vorliebe dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Nichts scheint ihm mehr zuwider zu sein als Pathos, so wie ihm Übermass allgemein suspekt sein dürfte. Soeben ist er aus Düsseldorf zurückgekehrt, wo sich die Delegationen aller Teilnehmer der Fussball-WM 06 zu Vorbereitungen getroffen haben. Die Frage, ob das Hinfiebern auf den Grossanlass endgültig begonnen habe, quittiert er mit Kuhnscher Lakonie: «Es kommt natürlich schon alles ein bisschen näher.»
Ein Herr, etwa in Kuhns Alter, tritt an den Tisch und weist auf eine Zeitung. «Äxgüsi, törf i gschnäll stööre, chan i de u2039Blicku203A ha?» «Sälbverstäntli, Paul!», sagt Köbi Kuhn, sein Lachen wird breit. In Wiedikon ist er daheim. Auch politisch nimmt er Anteil am Stadtleben - er kann sich nicht entsinnen, jemals einen Urnengang ausgelassen zu haben. Auf Zürichs vielgerühmte Lebensqualität angesprochen, wittert er aber sogleich einen Überschwang, den es abzuwehren gilt: In dieser Stadt zu leben, auf die man stolz sein könne, sei nicht sein Verdienst. In diese sei er ja hineingeboren worden. Immerhin ist er ihr seither treu geblieben. Doch auch dies kann man nicht aussprechen, ohne eine Relativierung zu kassieren: Während alle Geschwister zumindest vorübergehend im Ausland gelebt hätten, habe er es nur von Wiedikon nach Wiedikon geschafft, resümiert er augenzwinkernd.
Dies hat Kuhn nicht daran gehindert, der Fussballnation international Respekt zu verschaffen. Die jüngste Erfolgsgeschichte des Nationalteams sei das Ergebnis jahrelanger Aufbauarbeit, unterstreicht er. Dass er vor dem Aufstieg zum höchsten Traineramt die Nachwuchsauswahl betreut und so den Nährboden stark mitgeprägt hat, lässt er unerwähnt. Auch für diese Leistung zeichnet ihn die Stadt heute Abend als Sportförderer aus. Das empfindet er als Ehre, doch wisse er nicht recht, womit er diese gerade jetzt verdient habe. Vielleicht habe man niemand anderen gefunden, dem man die diesjährige Auszeichnung hätte verleihen können. Und sowieso - die Preisflut sei heutzutage ja fast inflationär, findet er und zählt auf: «Grammys, Golden Globes, Oscars.»
Für eine Oscar-Verleihung wäre Köbi Kuhn an diesem Morgen etwas underdressed, wie man in Hollywood sagen würde. In seinen Jeans und dem grauem Rollkragenpulli, dessen rechter Ärmel über dem Handgelenk verwurstelt ist, könnte er auch als Hausabwart durchgehen statt als Inhaber der bedeutendsten Trainerstelle im Lande. Er hat es in dieser Position, ganz ohne grosse Posen, zu einer Popularität gebracht wie kaum einer zuvor. Der Rummel um seine Person ist in den letzten Jahren gross geworden und erreicht mit der Qualifikation für die WM 06 einen Höhepunkt. Doch hierzulande seien die Auswirkungen moderater als anderswo, hält er fest. Leute sprächen ihn auf der Strasse an, schüttelten ihm die Hand, wobei eine respektvolle Distanz meist gewahrt bleibe.
Vor der Haustür des Ehepaars Kuhn
Als unsere Gesprächsdauer sich der Spielzeit eines Fussballmatches nähert, raunt das Personal des Lokals dem Trainer etwas zu: Frau Kuhn habe angerufen. Er müsse sofort heimkommen, sonst verpasse er einen Termin. Herr Kuhn registriert die Nachricht ohne Anzeichen von Hektik. Die Frau, mit der er seit über 40 Jahren verheiratet ist, gilt als ordnende Hand in seinem Leben. Das Gerücht, Alice Kuhn habe gar bei der Mannschaftsaufstellung ein Wörtchen mitzureden, ist natürlich Quatsch. Sie äussere sich kaum über seine Matches, sagt ihr Gatte. Ist sie seine Managerin? «Das würde sie wohl nicht gerne hören», lächelt er. Sie bahne ihm den Weg durch all die Termine und Anfragen, etwa für Auftritte an Vereinsjubiläen. Solche Bitten kämen täglich herein. «Ich habe lernen müssen, ohne schlechtes Gewissen auch einmal Nein zu sagen», berichtet Köbi Kuhn, packt seinen mit eingekauften Joghurts prall gefüllten Plasticsack und macht sich auf den Heimweg. Für eine Homestory hat sich das Ehepaar Kuhn noch nie zur Verfügung gestellt. Wie vieles darf auch das so bleiben.
Sportpreis der Stadt Zürich 2005
urs. Heute Freitagabend nimmt Köbi Kuhn von Stadträtin Monika Weber den Sportpreis der Stadt Zürich in der Kategorie «Sportförderung» entgegen. Er erhält die Auszeichnung für seine Verdienste als aktiver Fussballer, als der er 63 Länderspiele bestritt und mit dem FCZ 6-mal Schweizer Meister sowie 5-mal Cup-Sieger wurde, wie auch als Nationaltrainer. Als bestes Team wird das Volleyballerinnen- Team VBC Voléro geehrt, als beste Nachwuchssportlerin die Synchronschwimmerin Stéphanie Jost von den Limmatnixen. Das Handball-Projekt GAN Foxes Zürich wird für nachhaltige Nachwuchsförderung ausgezeichnet.