Nicht alle setzen auf den Sportchef
Verfasst: 12.02.2006, 10:23
Die Super League bietet vielfältige Führungsmodelle
Nicht alle setzen auf den Sportchef
Von Peter B. Birrer
Der FC Aarau würde einen Sportchef beschäftigen, wenn der Budgetrahmen nicht eng wäre. Fredy Strasser war der letzte vollamtliche Sportchef gewesen, danach Charly Herberth zu 50 Prozent, ehe die Stelle geopfert wurde. In Aarau deckt der abtretende Präsident Michael Hunziker solche Aufgaben ab. Das soll sich bald ändern. «Der Sportchef ist auch in Aarau unabdingbar», sagt Christian Stebler, der Vizepräsident der FC-Aarau-AG, der als neuer Präsident gehandelt wird, «wir machen lieber in der Breite des Kaders Abstriche, als dass wir auf den technischen Leiter verzichten.»
Nur sechs Super-League-Klubs besetzen offiziell den technischen Sektor. Xamax (Hans-Peter Zaugg), YB (Marcel Hottiger), Thun (Walter Ammann), Zürich (Bickel), Schaffhausen (Christian Stübi) und St. Gallen (René Weiler) beschäftigen einen technischen Leiter. Aarau hat keinen, in Yverdon herrscht der Präsident Paul-André Cornu. Im GC ist es - offenbar ehrenamtlich - Karlheinz Riedle, nachdem der Klub in den neunziger Jahren mit Erich Vogel auf diesem Posten, inmitten der Königreiche der Patriarchen und Mäzene, den Trend gesetzt hatte.
In Basel entscheidet das Triumvirat, bestehend aus Trainer Christian Gross, Vize-Präsidentin Gigi Oeri und Chef- Scout Ruedi Zbinden. «Erfolgreich und effizient» nennt Gross das Modell, es habe geholfen, dem Klub die Identifikation wie zu Benthaus-Zeiten zurückzugeben, man habe eine «Festung» aufgebaut, die aufgrund der Resultate beurteilt werden müsse. Gross' Machtfülle streitet Zbinden nicht ab - «das ist so gewachsen». Zbinden nimmt partiell Sportchef-Aufgaben wahr. Wenn Verträge ausgearbeitet werden, wird ein Rechtsanwalt beigezogen. «Oeri ist stark, Gross ist stark - und ich bin dazwischen», sagt Zbinden über die Entscheidfindung.
Das Modell funktioniert. Doch die Unterschiede in der Liga sind erheblich. In Basel setzen sie auf den Trainer, in Bern und Neuenburg zogen die branchenfremden Stadion-Bauer mit Sportchefs Fachkenntnis bei. Stefan Niedermaier, der CEO des Stade de Suisse, sagt: «Hottiger ist das zentrale Gewissen für das, was auf sportlicher Ebene geschieht.» Hottiger hat die Vollmacht über die radikale YB-Umgestaltung, die alles Dagewesene wegschwemmt. In Neuenburg merkte der Präsident Sylvio Bernasconi, dass es ohne technischen Leiter nicht geht. Also erhielt Zaugg einen «längerfristigen Auftrag», wie er selber sagt. Im FC Zürich wurde dem wankenden Trainer Ende 2003 ein Sportchef an die Seite gestellt. In Thun will man mit der Einsetzung Ammanns - so zumindest ist die Absicht - den Führungskonflikt entschärfen. In St. Gallen kam René Weiler zum Job, weil Ehrenamtlichkeit nicht mehr gefragt war. «Das Transfergeschäft und die Diskussionen mit den Spielervermittlern wurden immer komplexer», begründet der St.-Gallen- Präsident Dieter Froehlich.
Für den Sportchef existiert kein allgemein gültiger Stellenbeschrieb. Im Idealfall sollte er mit dem Trainer harmonieren und sich gleichzeitig mit ihm reiben; er muss im irrationalen Fussballgeschäft bestehen, mediale Gewitter erdauern, pekuniären Verlockungen widerstehen, kommunizieren, Spieler beobachten und verpflichten. Er muss sich mit den Spielervermittlern abgeben und diese, sofern erwünscht, von den Trainern fernhalten. Er denkt längerfristig als der Trainer, den er so lange zu decken hat, bis «Handlungsbedarf» besteht; er muss als Psychologe orten, was im Team abläuft, wo Fronten zu klären sind.
Muss er früher Spieler oder Trainer gewesen sein? Das hat in fachlicher Hinsicht Vorteile. Der Xamax-Sportchef Zaugg sagt, dass er nur Spieler verpflichte, die der Trainer wolle. In Bern sei teilweise über seinen Trainer- Kopf hinweg entschieden worden - «das ist fatal». Der Weg kann auch gemeinsam nach oben führen - wie in Schaffhausen, wo das Trio Aniello Fontana (Präsident), Jürgen Seeberger (Trainer) und Stübi in der 1. Liga begonnen hat. Die Trainer-Vergangenheit hat aber auch Nachteile, weil der Sportchef stets bereitsteht, den Trainer zu ersetzen. Doch die Wege zum Amt sind verschlungen. Eine Ausbildung wie diejenige für die Trainer existiert nicht. Die Swiss Football League verzichtet auf Sportchef-Auflagen. Gut ist jenes Modell, das erfolgreich ist.
Nicht alle setzen auf den Sportchef
Von Peter B. Birrer
Der FC Aarau würde einen Sportchef beschäftigen, wenn der Budgetrahmen nicht eng wäre. Fredy Strasser war der letzte vollamtliche Sportchef gewesen, danach Charly Herberth zu 50 Prozent, ehe die Stelle geopfert wurde. In Aarau deckt der abtretende Präsident Michael Hunziker solche Aufgaben ab. Das soll sich bald ändern. «Der Sportchef ist auch in Aarau unabdingbar», sagt Christian Stebler, der Vizepräsident der FC-Aarau-AG, der als neuer Präsident gehandelt wird, «wir machen lieber in der Breite des Kaders Abstriche, als dass wir auf den technischen Leiter verzichten.»
Nur sechs Super-League-Klubs besetzen offiziell den technischen Sektor. Xamax (Hans-Peter Zaugg), YB (Marcel Hottiger), Thun (Walter Ammann), Zürich (Bickel), Schaffhausen (Christian Stübi) und St. Gallen (René Weiler) beschäftigen einen technischen Leiter. Aarau hat keinen, in Yverdon herrscht der Präsident Paul-André Cornu. Im GC ist es - offenbar ehrenamtlich - Karlheinz Riedle, nachdem der Klub in den neunziger Jahren mit Erich Vogel auf diesem Posten, inmitten der Königreiche der Patriarchen und Mäzene, den Trend gesetzt hatte.
In Basel entscheidet das Triumvirat, bestehend aus Trainer Christian Gross, Vize-Präsidentin Gigi Oeri und Chef- Scout Ruedi Zbinden. «Erfolgreich und effizient» nennt Gross das Modell, es habe geholfen, dem Klub die Identifikation wie zu Benthaus-Zeiten zurückzugeben, man habe eine «Festung» aufgebaut, die aufgrund der Resultate beurteilt werden müsse. Gross' Machtfülle streitet Zbinden nicht ab - «das ist so gewachsen». Zbinden nimmt partiell Sportchef-Aufgaben wahr. Wenn Verträge ausgearbeitet werden, wird ein Rechtsanwalt beigezogen. «Oeri ist stark, Gross ist stark - und ich bin dazwischen», sagt Zbinden über die Entscheidfindung.
Das Modell funktioniert. Doch die Unterschiede in der Liga sind erheblich. In Basel setzen sie auf den Trainer, in Bern und Neuenburg zogen die branchenfremden Stadion-Bauer mit Sportchefs Fachkenntnis bei. Stefan Niedermaier, der CEO des Stade de Suisse, sagt: «Hottiger ist das zentrale Gewissen für das, was auf sportlicher Ebene geschieht.» Hottiger hat die Vollmacht über die radikale YB-Umgestaltung, die alles Dagewesene wegschwemmt. In Neuenburg merkte der Präsident Sylvio Bernasconi, dass es ohne technischen Leiter nicht geht. Also erhielt Zaugg einen «längerfristigen Auftrag», wie er selber sagt. Im FC Zürich wurde dem wankenden Trainer Ende 2003 ein Sportchef an die Seite gestellt. In Thun will man mit der Einsetzung Ammanns - so zumindest ist die Absicht - den Führungskonflikt entschärfen. In St. Gallen kam René Weiler zum Job, weil Ehrenamtlichkeit nicht mehr gefragt war. «Das Transfergeschäft und die Diskussionen mit den Spielervermittlern wurden immer komplexer», begründet der St.-Gallen- Präsident Dieter Froehlich.
Für den Sportchef existiert kein allgemein gültiger Stellenbeschrieb. Im Idealfall sollte er mit dem Trainer harmonieren und sich gleichzeitig mit ihm reiben; er muss im irrationalen Fussballgeschäft bestehen, mediale Gewitter erdauern, pekuniären Verlockungen widerstehen, kommunizieren, Spieler beobachten und verpflichten. Er muss sich mit den Spielervermittlern abgeben und diese, sofern erwünscht, von den Trainern fernhalten. Er denkt längerfristig als der Trainer, den er so lange zu decken hat, bis «Handlungsbedarf» besteht; er muss als Psychologe orten, was im Team abläuft, wo Fronten zu klären sind.
Muss er früher Spieler oder Trainer gewesen sein? Das hat in fachlicher Hinsicht Vorteile. Der Xamax-Sportchef Zaugg sagt, dass er nur Spieler verpflichte, die der Trainer wolle. In Bern sei teilweise über seinen Trainer- Kopf hinweg entschieden worden - «das ist fatal». Der Weg kann auch gemeinsam nach oben führen - wie in Schaffhausen, wo das Trio Aniello Fontana (Präsident), Jürgen Seeberger (Trainer) und Stübi in der 1. Liga begonnen hat. Die Trainer-Vergangenheit hat aber auch Nachteile, weil der Sportchef stets bereitsteht, den Trainer zu ersetzen. Doch die Wege zum Amt sind verschlungen. Eine Ausbildung wie diejenige für die Trainer existiert nicht. Die Swiss Football League verzichtet auf Sportchef-Auflagen. Gut ist jenes Modell, das erfolgreich ist.