Hohe Uefa-Einnahmen an den letzten EM-Endrunden
Verfasst: 15.01.2006, 13:05
15. Januar 2006, NZZ am Sonntag
Harte Spielregeln
Hohe Uefa-Einnahmen an den letzten EM-Endrunden - 2008 wird nicht anders sein
Von Peter B. Birrer
Im Sommer 2008 wird in der Schweiz und in Österreich die Fussball-EM- Endrunde ausgetragen. Das Grossereignis wirft bereits jetzt seine Schatten voraus. Die PR-Welle hat nicht erst mit der Vergabe des Turniers 2002 eingesetzt. In PR-Mitteilungen türmen sich die Zahlen in der gleichen Art, wie jeweils der Formel-1-Zirkus verkauft wird. Fast acht Milliarden Personen würden - kumuliert gezählt - die Euro vor dem Fernsehgerät verfolgen. Deshalb folgt der Werbeslogan: «Die ganze Welt schaut zu.» Das ist weit übertrieben, ändert aber nichts daran, dass die Schweiz den Grossanlass (mit-)organisiert. Der nächste PR-Termin ist die Auslosung der Qualifikationsgruppen am 27. Januar in Montreux.
Dass nicht alles Sonnenschein ist, zeigen die teilweise zwiespältigen Erfahrungen der Euro 2000 in Holland/ Belgien und 2004 in Portugal. Hier wie dort waren die öffentlichen Instanzen finanziell gefordert, und die Nachhaltigkeit der EM-Turniere lässt sich nur schwer beziffern. Holland hatte mit der Euro mehr Erfolg als der Juniorpartner Belgien. In Portugal kursieren erschreckende Zahlen, weil die meisten der mit öffentlichem Geld finanzierten Stadien nicht ausgelastet sind, aber im Unterhalt viel kosten.
Zu berücksichtigen ist im Weiteren, dass sich die Euro-Organisationsform verändert hat. Fungierten 2000 die nationalen Fussballverbände Hollands und Belgiens als Hauptveranstalter, ist es seither der Europäische Fussballverband Uefa, der das gewonnene Know- how von Turnier zu Turnier transferiert. Für 2008 rechnet die Uefa mit Rekordeinnahmen von bis zu 1,5 Milliarden Franken, wovon die Veräusserung der Fernsehrechte 900 Millionen einbringen soll. 200 Millionen würden an die teilnehmenden Auswahlen ausgeschüttet, das wären 85 Millionen mehr als 2000. Und 400 Millionen gingen an die Fussballverbände Europas. «Mit der Euro finanziert sich der europäische Fussball über vier Jahre», sagt Martin Kallen, der COO des Turniers, «so profitieren zum Beispiel auch Malta, Zypern und die Oststaaten.»
Die Zahlen stehen mit jenen 200 Millionen Franken im Kontrast, welche die Euro 2008 gemäss neusten Berechnungen die öffentlichen Instanzen allein in der Schweiz kosten soll. Die Stichworte hierzu: Sicherheit (65 Mio.), Transport, Infrastruktur, Marketing. So entbrennen Diskussionen; vor allem die Gastgeberstädte Bern, Zürich, Basel und Genf wehren sich dagegen, für 80 Millionen geradestehen zu müssen. Nicht klar ist allerdings, welche Posten in diesem Betrag hochgerechnet werden. Aber die Polemik ist da, und der flotte Spruch lautet: Der Staat bezahlt, die Uefa kassiert. Ausgeblendet wird der Fakt, dass für die Länder und Städte indirekt auch etwas zurückkommt. Schwer zu sagen ist nur: wie viel.
Im Moment ist unbestritten, dass Umfragen zur Euro im Schweizer Volk nicht mehr so positiv enden würden wie noch vor Bekanntgabe der neusten Zahlen. Doch die Lehre ist, dass sich dem Diktat der Uefa zu unterwerfen hat, wer eine Kandidatur eingeht. Kallen erinnert daran, dass niemand die Spielregeln geändert habe. Schon früh seien - auch von den Behörden - Papiere unterschrieben worden, die Verpflichtungen nach sich zögen. «Dass dies 2001 womöglich nicht überall kommuniziert wurde, ist nicht auf die Uefa zurückzuführen», so Kallen.
Die Erfahrung zeigt, dass kein Mangel an Kandidaten herrscht. Auch für die Euro-2012-Bewerber Italien, Polen/ Ukraine und Ungarn/Kroatien weicht die Uefa nicht vom harten Forderungskatalog ab: acht Stadien, Kapazität mindestens 30 000. Sollte dies in kleineren Ländern nicht (mehr) möglich sein, «fände die Euro nur noch in den fünf grossen Ländern statt», schliesst Kallen. Dass in Portugal nicht acht, sondern zehn Euro-Stadien stehen, ist auf regionalpolitische Überlegungen zurückzuführen. Hier sei die Frage erlaubt: Warum hat die mächtige Uefa den Unsinn nicht verhindert?
In der Schweiz wird der öffentliche Beitrag diskutiert, in Österreich, wo das Turnier bis jetzt weniger beunruhigt, sind es der eben begonnene Stadionbau in Klagenfurt und der Ausbau der Wiener U-Bahn. Die Frage der Nachhaltigkeit wird sich immer stellen - vor allem im Zusammenhang mit den Stadien. Auch die Schweiz besitzt ein derzeit mehrheitlich leeres Euro-Werk: das Stade de Genève. Wetten, dass Italien den Zuschlag für 2012 erhält?
Harte Spielregeln
Hohe Uefa-Einnahmen an den letzten EM-Endrunden - 2008 wird nicht anders sein
Von Peter B. Birrer
Im Sommer 2008 wird in der Schweiz und in Österreich die Fussball-EM- Endrunde ausgetragen. Das Grossereignis wirft bereits jetzt seine Schatten voraus. Die PR-Welle hat nicht erst mit der Vergabe des Turniers 2002 eingesetzt. In PR-Mitteilungen türmen sich die Zahlen in der gleichen Art, wie jeweils der Formel-1-Zirkus verkauft wird. Fast acht Milliarden Personen würden - kumuliert gezählt - die Euro vor dem Fernsehgerät verfolgen. Deshalb folgt der Werbeslogan: «Die ganze Welt schaut zu.» Das ist weit übertrieben, ändert aber nichts daran, dass die Schweiz den Grossanlass (mit-)organisiert. Der nächste PR-Termin ist die Auslosung der Qualifikationsgruppen am 27. Januar in Montreux.
Dass nicht alles Sonnenschein ist, zeigen die teilweise zwiespältigen Erfahrungen der Euro 2000 in Holland/ Belgien und 2004 in Portugal. Hier wie dort waren die öffentlichen Instanzen finanziell gefordert, und die Nachhaltigkeit der EM-Turniere lässt sich nur schwer beziffern. Holland hatte mit der Euro mehr Erfolg als der Juniorpartner Belgien. In Portugal kursieren erschreckende Zahlen, weil die meisten der mit öffentlichem Geld finanzierten Stadien nicht ausgelastet sind, aber im Unterhalt viel kosten.
Zu berücksichtigen ist im Weiteren, dass sich die Euro-Organisationsform verändert hat. Fungierten 2000 die nationalen Fussballverbände Hollands und Belgiens als Hauptveranstalter, ist es seither der Europäische Fussballverband Uefa, der das gewonnene Know- how von Turnier zu Turnier transferiert. Für 2008 rechnet die Uefa mit Rekordeinnahmen von bis zu 1,5 Milliarden Franken, wovon die Veräusserung der Fernsehrechte 900 Millionen einbringen soll. 200 Millionen würden an die teilnehmenden Auswahlen ausgeschüttet, das wären 85 Millionen mehr als 2000. Und 400 Millionen gingen an die Fussballverbände Europas. «Mit der Euro finanziert sich der europäische Fussball über vier Jahre», sagt Martin Kallen, der COO des Turniers, «so profitieren zum Beispiel auch Malta, Zypern und die Oststaaten.»
Die Zahlen stehen mit jenen 200 Millionen Franken im Kontrast, welche die Euro 2008 gemäss neusten Berechnungen die öffentlichen Instanzen allein in der Schweiz kosten soll. Die Stichworte hierzu: Sicherheit (65 Mio.), Transport, Infrastruktur, Marketing. So entbrennen Diskussionen; vor allem die Gastgeberstädte Bern, Zürich, Basel und Genf wehren sich dagegen, für 80 Millionen geradestehen zu müssen. Nicht klar ist allerdings, welche Posten in diesem Betrag hochgerechnet werden. Aber die Polemik ist da, und der flotte Spruch lautet: Der Staat bezahlt, die Uefa kassiert. Ausgeblendet wird der Fakt, dass für die Länder und Städte indirekt auch etwas zurückkommt. Schwer zu sagen ist nur: wie viel.
Im Moment ist unbestritten, dass Umfragen zur Euro im Schweizer Volk nicht mehr so positiv enden würden wie noch vor Bekanntgabe der neusten Zahlen. Doch die Lehre ist, dass sich dem Diktat der Uefa zu unterwerfen hat, wer eine Kandidatur eingeht. Kallen erinnert daran, dass niemand die Spielregeln geändert habe. Schon früh seien - auch von den Behörden - Papiere unterschrieben worden, die Verpflichtungen nach sich zögen. «Dass dies 2001 womöglich nicht überall kommuniziert wurde, ist nicht auf die Uefa zurückzuführen», so Kallen.
Die Erfahrung zeigt, dass kein Mangel an Kandidaten herrscht. Auch für die Euro-2012-Bewerber Italien, Polen/ Ukraine und Ungarn/Kroatien weicht die Uefa nicht vom harten Forderungskatalog ab: acht Stadien, Kapazität mindestens 30 000. Sollte dies in kleineren Ländern nicht (mehr) möglich sein, «fände die Euro nur noch in den fünf grossen Ländern statt», schliesst Kallen. Dass in Portugal nicht acht, sondern zehn Euro-Stadien stehen, ist auf regionalpolitische Überlegungen zurückzuführen. Hier sei die Frage erlaubt: Warum hat die mächtige Uefa den Unsinn nicht verhindert?
In der Schweiz wird der öffentliche Beitrag diskutiert, in Österreich, wo das Turnier bis jetzt weniger beunruhigt, sind es der eben begonnene Stadionbau in Klagenfurt und der Ausbau der Wiener U-Bahn. Die Frage der Nachhaltigkeit wird sich immer stellen - vor allem im Zusammenhang mit den Stadien. Auch die Schweiz besitzt ein derzeit mehrheitlich leeres Euro-Werk: das Stade de Genève. Wetten, dass Italien den Zuschlag für 2012 erhält?