Gerd Müller - Der Bomber wird 60
Verfasst: 02.11.2005, 19:12
e sympathischs interview mit eim vo de gröschte dütsche fuessballer.
Teil 1
"Ich würde 10 Millionen verdienen"
Er ist der größte Torjäger aller Zeiten. Am morgigen Donnerstag wird er 60 Jahre alt. Im kicker-Interview spricht Bayern-Legende Gerd Müller über sein ruhiges, zufriedenes Leben.
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kicker: Herr Müller, zu Franz Beckenbauers 60. Geburtstag gab es mehrere Empfänge. Wie feiern Sie?
Gerd Müller: Mit meinen Freunden am Donnerstagabend. Eine Woche später lade ich die Bayern- Amateure ein. Mehr muss ich nicht haben.
kicker: Was bedeutet Ihnen dieser runde Geburtstag?
Müller: Das ist etwas ganz Normales, wie der 58. oder 59.
kicker: Haben Sie Probleme mit dem Älterwerden?
Müller: Nein. Ich bin noch genauso beieinander wie vor einem Jahr. Es geht so weiter, wie es bisher war. Und es ist in Ordnung so.
kicker: Welche Zeit war die schönste in Ihrem Leben?
Müller: Im Fußball die vier Wochen bei der WM in Mexiko 1970.
kicker: Sie schossen zehn Tore.
Müller: Ja, schon; aber auch mit der Mannschaft war alles super, wir sind noch heute Freunde. Allein Ersatztorwart Manfred Manglitz hatte ein bisschen einen Schlag.
kicker: 1974 war es nicht besser?
Müller: Die damalige Mannschaft war auch okay, aber es bestand nicht diese Freundschaft wie 1970. Und Helmut Schön brachte auch gute Stimmung rein. Wie war dieser Bundestrainer nervös! Er stach sich beim Essen vor Spielen in die Backe, weil er am Mund vorbeizitterte. Schön holte mich immer zur Nationalelf, auch wenn ich bei Bayern nicht so gut war.
kicker: Wie oft waren Sie nicht so gut?
Müller: Es gab Phasen, in denen ich zwei, drei Liga-Spiele lang nicht traf. In der Nationalelf schoss ich dann Tore, das war die Rettung.
kicker: Welche Phase war die schlimmste in Ihrem Leben?
Müller: Meine Entziehungskur damals. Aber da war ich in der ersten Woche gar nicht bei Bewusstsein. Da wurde ich stillgelegt.
kicker: Es heißt, man ist so alt, wie man sich fühlt. Wo liegt Ihr gefühltes Alter?
Müller: Ich fühle mich wie 50. Wie ich heute beim Tennis rennen kann! Wenn es so bleibt, ist es prima. Ich spiele jeden Tag. Wenn ich aber dreimal hintereinander gegen einen starken Gegner antrete, habe ich Schmerzen im Oberschenkel, wegen meiner Hüften. Beide sind kaputt, ich habe zwei künstliche. Fußball geht deshalb nicht mehr.
kicker: Sie spielen also nicht mehr in der so genannten Grabstein-Liga, in der die über 50 Jahre Alten kicken?
Müller: Nein, aber die Mannschaft gibt es noch; ich habe weiter Kontakt zu einigen Spielern.
kicker: Wie läuft Ihr Tag ab?
Müller: Ich stehe um sechs Uhr auf. Dann frühstücke ich gemütlich, zwischen sieben und halb acht fahre ich zu Bayern, dabei hole ich Zeitungen. An der Säbener Straße schaue ich zuerst beim Schmid Sepp, dem Zeugwart, vorbei, wir ratschen. Um acht gehen wir ins Jugendhaus, wo ich mit Hermann Gerland und einigen Jugendtrainern weiterratsche. Um neun sind wir in der Kabine, um zehn beginnt das Training. Hinterher, gegen halb zwölf, fahre ich zum Tennis. Ich spiele eine Stunde. Um 14.15 Uhr bin ich beim Nachmittagstraining. Um Viertel nach vier gehtu2018 s nach Hause, halb sechs ist Abendessen, anschließend schaue ich fern: Fußball - sonst Filme, aber keinen in voller Länge. Ich zappe ständig. Fünf nach zehn bin ich im Bett.
kicker: Warum so zeitig?
Müller: Ich war schon immer Frühaufsteher. Als Schulkind habe ich für eine Bäckerei samstags um fünf Uhr Semmeln ausgefahren mit dem Rad - und auf Trinkgeld gehofft in den rausgehängten Taschen. Fürs Kino reichte es, 40 Pfennige vorne, erste Klasse. Als Schichtarbeiter musste ich auch um fünf raus, um sechs begann die Arbeit in der Weberei; sie dauerte bis 14.30 Uhr. Mit siebzehneinhalb Jahren lernte ich Schweißen und Löten, damit ich diese Schicht nicht mehr machen musste. Außerdem habe ich dabei das Doppelte verdient, über 500 Mark.
kicker: Wenn Sie etwas ändern könnten in Ihrem Leben, was würden Sie anders machen?
Müller: Nichts. Ein schöneres Leben gibt es nicht. Der Fußball ist mein Hobby und Beruf.
kicker: Sie leben sehr zurückgezogen, anders als Ihr einstiger genialer Partner, Franz Beckenbauer. Beneiden oder bemitleiden Sie ihn?
Müller: Ich beneide ihn darum, dass er dieses Programm schafft. Mein Leben wäre das nicht. Ich meide die Öffentlichkeit, wo es möglich ist. Ich glaube, Franz kann nicht mehr anders. Wenn er zwei Tage zu Hause ist, wird er kribbelig. Ich bewundere ihn, den Verrückten.
kicker: Könnten Sie sich ein Leben ohne Fußball vorstellen?
Müller: Wenn beim FC Bayern Schluss wäre, würde ich dennoch immer wieder vorbeischauen. Aber erst vor acht Wochen habe ich einen Fünfjahresvertrag als Co-Trainer der Amateure unterschrieben.
kicker: Wie lange wollen Sie arbeiten?
Müller: Diese fünf Jahre in jedem Fall - wenn es gutgeht. Anschließend wird es nicht mehr funktionieren mit so jungen Spielern. Aber dem Verein möchte ich irgendwie verbunden bleiben und dieses oder jenes tun.
kicker: Was für ein Typ Trainer sind Sie?
Müller: Eher der weiche. Kollege Hermann Gerland ist der harte, zum Draufhauen.
kicker: Geben Sie den Stürmern Tipps?
Müller: Die fragen gar nicht. Außerdem kann ich denen meine Stärken nicht geben.
kicker: Woher hatten Sie Ihre Qualitäten?
Müller: Die hatte ich schon immer.
kicker: War Ihr Vater Fußballer?
Müller: Nein. Mein Bruder Heinz war technisch sogar besser als ich, aber zu faul. Wir haben auf der Straße gespielt, da gab es noch Plätze, wo wir spielen durften, selbst wenn wir Fensterscheiben einschossen. Am schönsten war es, wenn beim Sportfest wir Volksschüler gegen die Oberschüler spielten. Die bekamen immer den Arsch voll. Erst mit zwölf Jahren ging ich in den Verein.
kicker: Sie waren immer Torjäger?
Müller: Ja. Und wehe, die anderen haben den Ball nicht abgespielt!
kicker: Wissen Sie, wieso Sie dieser besondere Torjäger wurden?
Müller: Speziell trainiert habe ich nicht. Ich hatte diesen Riecher, also war ich meist eine Zehntelsekunde schneller als die Verteidiger.
kicker: Wären Sie gerne heute Profi ?
Müller: Ja. Wenn ich das sehe . . .
kicker: Die tollen Arenen?
Müller: Auch; aber das Grünwalder Stadion war genauso schön.
kicker: Wären Sie wegen des Spiels oder des Geldes noch gerne aktiv?
Müller: Das Geld käme automatisch dazu. Wenn es aber keinen Spaß gemacht hätte, hätte ich bei den 50- Jährigen nicht mitgemacht; ich ließ mich dafür sogar fit spritzen.
kicker: Franz Beckenbauer sagte im kicker-Interview zu seinem 60. Geburtstag, er war am meisten auf Sie angewiesen. Und Sie?
Müller: Ich brauchte meine Nebenleute, habe aber viele Tore mit Franz gemacht, weil wir uns blind verstanden. Wir beherrschten den Doppelpass. Wehe aber, du hast etwas falsch gemacht! Dann schrie er: Rennu2018, du Dicker! Ich plärrte zurück: Leck mich am . . . , gehu2018 zurück! Er ist aber nicht nach hinten gespurtet, sondern spaziert. Der Franz war super. Ich habe immer in guten Mannschaften gespielt.
Teil 1
"Ich würde 10 Millionen verdienen"
Er ist der größte Torjäger aller Zeiten. Am morgigen Donnerstag wird er 60 Jahre alt. Im kicker-Interview spricht Bayern-Legende Gerd Müller über sein ruhiges, zufriedenes Leben.
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kicker: Herr Müller, zu Franz Beckenbauers 60. Geburtstag gab es mehrere Empfänge. Wie feiern Sie?
Gerd Müller: Mit meinen Freunden am Donnerstagabend. Eine Woche später lade ich die Bayern- Amateure ein. Mehr muss ich nicht haben.
kicker: Was bedeutet Ihnen dieser runde Geburtstag?
Müller: Das ist etwas ganz Normales, wie der 58. oder 59.
kicker: Haben Sie Probleme mit dem Älterwerden?
Müller: Nein. Ich bin noch genauso beieinander wie vor einem Jahr. Es geht so weiter, wie es bisher war. Und es ist in Ordnung so.
kicker: Welche Zeit war die schönste in Ihrem Leben?
Müller: Im Fußball die vier Wochen bei der WM in Mexiko 1970.
kicker: Sie schossen zehn Tore.
Müller: Ja, schon; aber auch mit der Mannschaft war alles super, wir sind noch heute Freunde. Allein Ersatztorwart Manfred Manglitz hatte ein bisschen einen Schlag.
kicker: 1974 war es nicht besser?
Müller: Die damalige Mannschaft war auch okay, aber es bestand nicht diese Freundschaft wie 1970. Und Helmut Schön brachte auch gute Stimmung rein. Wie war dieser Bundestrainer nervös! Er stach sich beim Essen vor Spielen in die Backe, weil er am Mund vorbeizitterte. Schön holte mich immer zur Nationalelf, auch wenn ich bei Bayern nicht so gut war.
kicker: Wie oft waren Sie nicht so gut?
Müller: Es gab Phasen, in denen ich zwei, drei Liga-Spiele lang nicht traf. In der Nationalelf schoss ich dann Tore, das war die Rettung.
kicker: Welche Phase war die schlimmste in Ihrem Leben?
Müller: Meine Entziehungskur damals. Aber da war ich in der ersten Woche gar nicht bei Bewusstsein. Da wurde ich stillgelegt.
kicker: Es heißt, man ist so alt, wie man sich fühlt. Wo liegt Ihr gefühltes Alter?
Müller: Ich fühle mich wie 50. Wie ich heute beim Tennis rennen kann! Wenn es so bleibt, ist es prima. Ich spiele jeden Tag. Wenn ich aber dreimal hintereinander gegen einen starken Gegner antrete, habe ich Schmerzen im Oberschenkel, wegen meiner Hüften. Beide sind kaputt, ich habe zwei künstliche. Fußball geht deshalb nicht mehr.
kicker: Sie spielen also nicht mehr in der so genannten Grabstein-Liga, in der die über 50 Jahre Alten kicken?
Müller: Nein, aber die Mannschaft gibt es noch; ich habe weiter Kontakt zu einigen Spielern.
kicker: Wie läuft Ihr Tag ab?
Müller: Ich stehe um sechs Uhr auf. Dann frühstücke ich gemütlich, zwischen sieben und halb acht fahre ich zu Bayern, dabei hole ich Zeitungen. An der Säbener Straße schaue ich zuerst beim Schmid Sepp, dem Zeugwart, vorbei, wir ratschen. Um acht gehen wir ins Jugendhaus, wo ich mit Hermann Gerland und einigen Jugendtrainern weiterratsche. Um neun sind wir in der Kabine, um zehn beginnt das Training. Hinterher, gegen halb zwölf, fahre ich zum Tennis. Ich spiele eine Stunde. Um 14.15 Uhr bin ich beim Nachmittagstraining. Um Viertel nach vier gehtu2018 s nach Hause, halb sechs ist Abendessen, anschließend schaue ich fern: Fußball - sonst Filme, aber keinen in voller Länge. Ich zappe ständig. Fünf nach zehn bin ich im Bett.
kicker: Warum so zeitig?
Müller: Ich war schon immer Frühaufsteher. Als Schulkind habe ich für eine Bäckerei samstags um fünf Uhr Semmeln ausgefahren mit dem Rad - und auf Trinkgeld gehofft in den rausgehängten Taschen. Fürs Kino reichte es, 40 Pfennige vorne, erste Klasse. Als Schichtarbeiter musste ich auch um fünf raus, um sechs begann die Arbeit in der Weberei; sie dauerte bis 14.30 Uhr. Mit siebzehneinhalb Jahren lernte ich Schweißen und Löten, damit ich diese Schicht nicht mehr machen musste. Außerdem habe ich dabei das Doppelte verdient, über 500 Mark.
kicker: Wenn Sie etwas ändern könnten in Ihrem Leben, was würden Sie anders machen?
Müller: Nichts. Ein schöneres Leben gibt es nicht. Der Fußball ist mein Hobby und Beruf.
kicker: Sie leben sehr zurückgezogen, anders als Ihr einstiger genialer Partner, Franz Beckenbauer. Beneiden oder bemitleiden Sie ihn?
Müller: Ich beneide ihn darum, dass er dieses Programm schafft. Mein Leben wäre das nicht. Ich meide die Öffentlichkeit, wo es möglich ist. Ich glaube, Franz kann nicht mehr anders. Wenn er zwei Tage zu Hause ist, wird er kribbelig. Ich bewundere ihn, den Verrückten.
kicker: Könnten Sie sich ein Leben ohne Fußball vorstellen?
Müller: Wenn beim FC Bayern Schluss wäre, würde ich dennoch immer wieder vorbeischauen. Aber erst vor acht Wochen habe ich einen Fünfjahresvertrag als Co-Trainer der Amateure unterschrieben.
kicker: Wie lange wollen Sie arbeiten?
Müller: Diese fünf Jahre in jedem Fall - wenn es gutgeht. Anschließend wird es nicht mehr funktionieren mit so jungen Spielern. Aber dem Verein möchte ich irgendwie verbunden bleiben und dieses oder jenes tun.
kicker: Was für ein Typ Trainer sind Sie?
Müller: Eher der weiche. Kollege Hermann Gerland ist der harte, zum Draufhauen.
kicker: Geben Sie den Stürmern Tipps?
Müller: Die fragen gar nicht. Außerdem kann ich denen meine Stärken nicht geben.
kicker: Woher hatten Sie Ihre Qualitäten?
Müller: Die hatte ich schon immer.
kicker: War Ihr Vater Fußballer?
Müller: Nein. Mein Bruder Heinz war technisch sogar besser als ich, aber zu faul. Wir haben auf der Straße gespielt, da gab es noch Plätze, wo wir spielen durften, selbst wenn wir Fensterscheiben einschossen. Am schönsten war es, wenn beim Sportfest wir Volksschüler gegen die Oberschüler spielten. Die bekamen immer den Arsch voll. Erst mit zwölf Jahren ging ich in den Verein.
kicker: Sie waren immer Torjäger?
Müller: Ja. Und wehe, die anderen haben den Ball nicht abgespielt!
kicker: Wissen Sie, wieso Sie dieser besondere Torjäger wurden?
Müller: Speziell trainiert habe ich nicht. Ich hatte diesen Riecher, also war ich meist eine Zehntelsekunde schneller als die Verteidiger.
kicker: Wären Sie gerne heute Profi ?
Müller: Ja. Wenn ich das sehe . . .
kicker: Die tollen Arenen?
Müller: Auch; aber das Grünwalder Stadion war genauso schön.
kicker: Wären Sie wegen des Spiels oder des Geldes noch gerne aktiv?
Müller: Das Geld käme automatisch dazu. Wenn es aber keinen Spaß gemacht hätte, hätte ich bei den 50- Jährigen nicht mitgemacht; ich ließ mich dafür sogar fit spritzen.
kicker: Franz Beckenbauer sagte im kicker-Interview zu seinem 60. Geburtstag, er war am meisten auf Sie angewiesen. Und Sie?
Müller: Ich brauchte meine Nebenleute, habe aber viele Tore mit Franz gemacht, weil wir uns blind verstanden. Wir beherrschten den Doppelpass. Wehe aber, du hast etwas falsch gemacht! Dann schrie er: Rennu2018, du Dicker! Ich plärrte zurück: Leck mich am . . . , gehu2018 zurück! Er ist aber nicht nach hinten gespurtet, sondern spaziert. Der Franz war super. Ich habe immer in guten Mannschaften gespielt.


