Quelle: ORF-On
Das 275. Wiener Derby hat am Samstag mit dem ersten Sieg von Meister Rapid im Horr-Stadion seit über 19 Jahren geendet.
Die Hütteldorfer gewannen das von Fanausschreitungen überschattete und mit 30 Minuten Verspätung angepfiffene Duell mit der Austria durch Tore von Lawaree (29.) und Kincl (69.) 2:0 (1:0) und stellten in der ewigen Derby-Bilanz auf 116:101 Siege bei 58 Remis. Lawaree, der mit Kincl den zweiten grün-weißen Derby-Erfolg in Serie fixierte, revanchierte sich mit seinem Tor für das schwere Foul von Austria-Goalie Didulica am 26. Mai, als der Belgier schwere Gesichtsverletzungen erlitten hatte.
Die auf Grund der Zwischenfälle vor dem Spiel aufgeheizte Stimmung übertrug sich in der Anfangsphase auch auf die Spieler beider Mannschaften. Zahlreiche Fouls und Handgreiflichkeiten mündeten neben Verwarnungen für Linz und Hlinka in der 15. Minute in der Gelb-Roten Karte für Austria-Akteur Kiesenebner. Der ÖFB-Teamspieler wurde, nachdem er bereits in der 6. Minute das erste Mal Gelb gesehen hatte, wegen eines Fouls an Rapid-Kapitän Hofmann des Feldes verwiesen.
Für den ersten sportlichen Aufreger sorgte Ivanschitz (23.), der Didulica mit einem 18-m-Schuss erstmals prüfte. Im Gegenzug zielte Linz (23.) knapp am Tor von Rapid-Goalie Hedl, der den verletzten ÖFB-Teamtorhüter Payer (Achillessehnen-Entzündung) ersetzte, vorbei. Wenige Augenblicke später nahm das Austria-Trainerduo Stöger/Schinkels den Teamstürmer, der immer wieder in Handgreiflichkeiten verwickwelt war, vom Platz. Für Linz kam Mittelfeldspieler Metz.
Die Grün-Weißen, die wegen Sicherheitsbedenken unter Protest angetreten waren, zeigten sich von der aufgeladenen Atmosphäre wesentlich weniger beeindruckt als die Hausherren, agierten aggressiver und hatten auch mehr vom Spiel. Nach einem 30-m-Schuss von Ivanschitz (28.) hatte Didulica erneut Gelegenheit, sich auszuzeichnen.
Lawaree "rächt" sich auf sportliche Art
Zwei Minuten später war der Kroate aber geschlagen. Ausgerechnet Lawaree (29.), der vor dem Spiel von einer der zahlreichen aus dem Rapid-Sektor abgefeuerten Leuchtraketen getroffen worden war, lief nach Traumpass von Hofmann alleine auf Didulica zu und schoss souverän zur völlig verdienten 1:0-Führung ein. Die Austria, die dem Erzrivalen mit nur zehn Mann in allen Belangen unterlegen war, wurde vor der Pause noch durch Sionko (34./nach schöner Kombination von Metz und Rushfeldt) sowie Rushfeldt (38./nach Eckball von Ceh und Kopfball-Vorlage von Sionko über das Tor) gefährlich, Hedl war aber jeweils Sieger. Nach dem Seitenwechsel blieb Rapid tonangebend, die dezimierten Veilchen kamen nie ins Spiel, geschweige denn zu guten Tormöglichkeiten.
Kincl (69.) blieb es schließlich vorbehalten, für die Entscheidung zu Gunsten der dominierenden und wie eine Heim-Mannschaft auftretenden Gäste zu sorgen. Der eingewechselte Akagündüz versetzte Tokic, der ausgerutscht war, und legte ideal für seinen Sturmkollegen auf, der aus kurzer Distanz nur noch einschieben musste. Kincl übernahm mit acht Treffern die Führung in der Torschützenliste. Im Finish der enttäuschenden zweiten Spielhälfte vergab Ivanschitz die Chance auf einen noch deutlicheren Erfolg für die Rapidler, die damit den Rückstand auf den Tabellenführer aus Wien-Favoriten auf vier Punkte verringerten.
FK Austria Wien - SK Rapid Wien 0:2 (0:1)
Torfolge:
0:1 Lawaree (29.)
0:2 Kincl (69.)
Austria: Didulica - Dospel, Tokic, Antonsson, Schragner - Sionko (62./Sebo), Kiesenebner, Blanchard, Ceh (79./Lasnik) - Rushfeldt, Linz (23./Metz)
Rapid: Hedl - Dober (41./Garics), Martin Hiden (73./Martinez), Bejbl, Adamski - Korsos, Hofmann, Hlinka, A. Ivanschitz - Lawaree (60./Akagündüz), Kincl
Gelb-Rote Karte: Kiesenebner (15./Austria)
Gelbe Karten: Linz, Dospel bzw. Hlinka, Martin Hiden, Lawaree
Stimmen zum Skandalderby
Austria-Goalie Joey Didulica fand die Atmosphäre "super".
Frenkie Schinkels (Austria-Trainer): "Es hat heute keinen Spaß gemacht, es war nur aggressive Stimmung. Wenn ein Spieler nach 15 Minuten ausgeschlossen wird, macht es das natürlich nicht leichter. Die zweite Gelbe für Kiesenebner geht in Ordnung, bei der ersten hat er die Distanz nicht eingehalten. Mit zehn Mann haben wir Linz opfern und das Mittelfeld stabilisieren müssen. Rapid hat uns laufen lassen, wir sind nicht aus der eigenen Hälfte gekommen."
Josef Hickersberger (Rapid-Trainer): "Ich hoffe, dass alles erledigt ist, aber man weiß nie, was nach so einem Spiel passiert. Der Ausschluss war spielentscheidend. Dann konnte die Austria nur noch auf Standardsituationen hoffen. So stark sind wir trotz der zuletzt enttäuschenden Resultate schon, dass wir eine Überzahl ausspielen können. Das Spiel hat unter katastrophalen Vorzeichen stattgefunden. Ich wäre einverstanden gewesen, wenn das Spiel abgesagt und ins Happel-Stadion verlegt worden wäre"
Markus Kraetschmer (Austria-Manager): "Es hat Überlegungen gegeben, Didulica zwei Mal 45 Minuten vor der Westtribüne spielen zu lassen. Das haben aber beide Trainer abgelehnt. Die Disziplin der Austria-Fans hat mir heute sehr gefallen."
Joey Didulica (Austria-Tormann): "Das Spiel war nach 15 Minuten entschieden. Die Atmosphäre war super. Mit zehn Mann gegen eine motivierte und gut spielende Rapid-Mannschaft zu spielen, ist schwer. Der Schiedsrichter war sehr schnell mit den Gelben Karten."
Axel Lawaree (Rapid-Torschütze): "Es war nicht mein wichtigstes Tor, aber auf jeden Fall ein besonderes. Ich genieße diesen Moment, glaube, das war die beste Antwort auf das Foul von Didulica. So lange Didulica bei der Austria ist, wird es im Derby immer eine schwierige Situation sein. Ich will nicht mehr darüber reden, aber es ist klar, dass es die Fans nicht so schnell vergessen können. Das ist ein bisschen schade, aber eben eine spezielle Situation."
Roland Linz (Austria-Stürmer): "So etwas gehört nicht auf den Fußballplatz. Das hat nichts mit Sport zu tun. Meine Auswechslung hatte rein taktische Gründe."