Ein Coupé wie damals
Zwei Türen, kurzes Stufenheck, kantige Schulter: Das neue 1er Coupé zitiert die Vergangenheit. Vor 40 Jahren sorgte der 02 für glänzende Augen, heute interpretiert BMW die klassische Linie neu. Und es wird auch wieder ein kleines Cabrio, einen Supersportler und einen Dreitürer geben.
Von Georg Kacher In den Sechzigerjahren war die Auto-Welt noch in Ordnung. CO2 kannte man bestenfalls aus dem Chemie-Unterricht, Premium war ein Fremdwort, und die Radarfalle befand sich noch in der Frühphase der Entwicklung. Die deutschen Automarken kamen auf dem langen Weg nach ganz oben nur schleppend voran. Der teuerste Audi hieß Super 90, der billigste Mercedes war der 190c, und Opel hatte mit Kapitän, Admiral und Diplomat gleich drei Oberklasse-Limousinen im Programm. Eines aber hat sich in all den Jahren nicht geändert. Damals wie heute kamen die sportlichsten Modelle aus München. Nach Isetta und 600/700setzten die Bayern auf agile Limousinen in drei Formaten. Die mit Abstand erfolgreichste Baureihe war der von 1966 bis 1977 produzierte zum Artikel02er. Der Zweitürer mit der Haifisch-Front, den dünnen Dachpfosten und der umlaufenden "Wasserlinie" verkörperte in Perfektion die Kernwerte der Marke: Leistung, Dynamik, Freude am Fahren.
Kein Wunder, dass man bei der Entwicklung der jetzt aktuellen 1er-Reihe den legendären 02er zum großen Vorbild und zum Maß aller Dinge erklärte. Leider entsprach die praktische Umsetzung bislang nicht ganz der im Laufe der Zeit stark verklärten Erinnerung. Erstes Urteil: Fahrdynamik top, Optik geht so, Raumangebot hinten mau, Preise hoch, Anmutung innen unter Durchschnitt. Das Facelift ist jetzt in Ordnung, aber unter dem Strich hatten wir uns mehr erhofft, als BMW uns vor fünf Jahren die erste vielversprechende Studie der 1er-Reihe zeigte.
Dafür überzeugt der 1er ab sofort durch seine umweltfreundliche Technik. Die Benziner spritzen direkt ein, die Diesel haben mehr Mumm, die Motoren machen beim Ampelstopp automatisch Pause, die Lenkung verbraucht weniger Energie und die Bremsen laden beim Verzögern die Batterie. Der neue 120d geht mit seinen 177 PS wie der geölte Blitz, konsumiert im Schnitt nur 4,9 Liter auf 100 Kilometer und bleibt mit 129 g CO2/km knapp unter dem EU-Limit. Bravo, BMW!
Die Schokoladenseite des 1er Coupé: Kurzes Heck wie früher, die Türscheiben haben keinen Rahmen.
Auch die weitere Evolution der 1er-Reihe orientiert sich stark am 02er. Auf der IAA debütiert der Zweitürer mit Stummelheck. Sein Urahn wurde in den USA als Coupé vermarktet u2013 auf diese Modellbezeichnung will man zum Verkaufsstart Anfang 2008 wieder zurückgreifen. Im Februar nächsten Jahres folgt das 1er-Cabrio. Diesmal konnten sich die Puristen durchsetzen und das vom Vertrieb favorisierte versenkbare Hardtop abwehren. Stattdessen bekommt der kompakte Viersitzer ein klassisches Stoffverdeck, das sich gegen Aufpreis elektrisch öffnen und schließen lässt.

Das Cabrio kommt Bügelfrei und mit Stoffverdeck
Beim Open-Air-1er ist der Geist des legendären 02 besonders lebendig. Wie viele moderne Cabrios besitzt der BMW einen Zentralschalter für alle vier Fensterheber, ein aufsteckbares Windschott, eine heizbare Heckscheibe und automatisch ausfahrende Überrollbügel hinter den Fondkopfstützen. Zu den prinzipbedingten Nachteilen gehören das relativ enge Fondabteil mit der schmalen und steilen Rückenlehne sowie das, vor allem offen, knappe Kofferraumvolumen. Ursprünglich wollte BMW die M-Variante sogar vor dem facegelifteten Dreitürer auf der Detroit Motorshow Anfang 2007 präsentieren. Doch dann wurde das M-Projekt "bis auf Weiteres" zurückgestellt.
Optisch und technisch ist das Auto zwar fertig, aber auf die Frage nach dem exakten Einsatztermin erntet man nur Schulterzucken. Dabei hatte die M GmbH nicht weniger als drei Varianten vorbereitet: ein Coupè (inklusive M1 GTR), ein Cabrio und einen E82 Touring. Das Touring-Thema hat sich inzwischen jedoch ebenso erledigt wie die viertürige Limousine. Grund: Das Maßkonzept passt nicht, die Nähe zum 3er kann erst mit Anlauf der nächsten Modellgeneration entzerrt werden.

Power-1er: Der M1 bekommt den alten M3-Sechszylinder mit 343 PS.
Mit dem 343 PS starken, famosen 3,2-Liter-Sechszylinder aus dem inzwischen eingestellten M3, könnte der künftige M1 in 5,2 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen und trotz der etwas schlechteren Aerodynamik 280 km/h schnell sein. Noch bessere Werte wären zu erreichen, wenn BMW sich dazu durchringen würde, wesentliche Elemente des Wagens aus Kohlefaser zu fertigen und so das Gewicht drastisch zu reduzieren. Auch optisch müsste dieser Wagen eine Brücke schlagen zum unvergessenen 2002tii u2013 und natürlich auch zu den noch extremeren Sport-Autos von Schnitzer, Koepchen oder Alpina. Designmäßig erhoffen wir uns Kotflügelverbreiterungen, erste Schritte in Richtung adaptiver Aerodynamik und als kleine Verbeugung vor dem 02 turbo einen knallroten Instrumenteneinsatz sowie eine fette Öldruck-Warnleuchte.
Was kommt sonst noch in Sachen 1er-BMW? Allradantrieb ist möglich aber nicht zwingend, ein 130ti mit 306 PS würde uns die Wartezeit bis zum M1 verkürzen, und wer ein Cabrio und ein Coupé hinbekommt, der könnte doch auch einen zweisitzigen (Mille Miglia) Leichtbau-Stromlinien-Speedster auf die Räder stellen.
Fazit von AUTO BILD-Autor Georg Kacher
Bislang ist der kleine BMW eigentlich nichts Besonderes. Außer mit seinem Heckantrieb konnte er in der Kompaktklasse kaum Akzente setzen. Mit der Modellausweitung aber sieht die Sache ganz anders aus. Der Dreitürer ist gelungen und könnte durchaus den 02 Touring beerben. Vor allem aber das Coupé und das Cabrio sind absolute Hingucker, die nicht nur in ihrer Klasse einmalig sind. In dieser Konfiguration passt die 1er-Familie bestens in unsere Zeit u2013 den M1 sollten wir uns einfach gönnen.