Interview Leipziger Volkszeitung 29.07.05
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Titelhamster Trapattoni: \\\"Mein Anspruch ist immer die Meisterschaft\\\"
Leipzig/Stuttgart. Er ist 66, fühlt sich wie 30 und ist wild entschlossen, seinen 20. Titel zu holen. Mit dem VfB Stuttgart. Trainer-Legende Giovanni Trapattoni über das Ligapokal-Finale gegen Schalke, seinen neuen Dänen-Star Tomasson und Plaudertasche Lothar Matthäus.
Frage: Gegen Hertha und Bayern München hatten Sie mit Ihrem VfB Stuttgart einen gelungenen Einstand. Welche Bedeutung hat der Ligapokal für Sie?
Giovanni Trapattoni: Vor allem für meine Spieler waren diese Erfolge wichtig, weil Sie ihr Selbstvertrauen stärken. Nur wer mutig ist und an sich glaubt, kann oben mitspielen. Das versuche ich ihnen beizubringen, wenngleich es für den Ligapokal natürlich noch keine Meisterschaftspunkte gibt.
Frage: Im spektakulärsten Wechsel des Sommers verpflichtete Stuttgart den Dänen Jon Dahl Tomasson. Sie kennen und schätzen Tomasson aus seiner Italien-Zeit. Was kann der Mann?
Giovanni Trapattoni: Tomasson ist ein hoch intelligenter Spieler und sein Gespür für die Situationen auf dem Platz ist unglaublich. Er hat beim AC Milan große internationale Erfahrung gesammelt. Wie wertvoll er für die Mannschaft ist, und dass er Spiele entscheiden kann, hat er bereits im Ligapokal gezeigt.
Frage: Ihr früherer Spieler Lothar Matthäus kritisierte die Personalie Tomasson, Vorgänger Kevin Kuranyi sei der Stärkere. Was erlaube Loddar?
Giovanni Trapattoni: Da kann ich zu Lothar nur sagen: Man sollte mehr Respekt haben vor so einem großen internationalen Spieler, der allein 74 Länderspiele absolviert hat. Aber aufgrund der Aussagen von Lothar hat das Aufeinandertreffen von Tomasson und Kuranyi im Ligapokal-Finale für die Öffentlichkeit sicher einen gewissen Reiz bekommen.
Frage: Mit Jesper Grönkjaer von Atletico Madrid wollen Sie einen weiteren Dänen ins Team holen, wäre Ihre neue Mannschaft dann damit komplett?
Giovanni Trapattoni: Wenn der Wechsel klappt, hätten wir keinen akuten Handlungsbedarf mehr. Grönkjaer wäre noch mal eine enorme Verstärkung für uns, ein vielseitiger Fußballer, den ich rechts und links spielen lassen kann. Mein Anliegen ist es aber auch, mich auch auf die jungen Spieler zu konzentrieren.
Streller, Gentner, Delpierre haben mich überzeugt in der Vorbereitung. Sie müssen gefördert und gestärkt werden, dann können wir auch vorn dabei sein.
Frage: Einen Giovanni Trapattoni holt man nur, wenn das Ziel die Meisterschaft ist. Ist der Titel mit dem neuen VfB drin?
Giovanni Trapattoni: Das ist auch mein Anspruch, natürlich, dafür bin ich nach Deutschland zurückgekehrt. Bei Benfica Lissabon hatte ich zu Beginn Schwierigkeiten, überhaupt eine Elf aufzustellen, trotzdem haben wir uns mit Selbstbewusstsein die Meisterschaft geholt und damit den Champions-League-Sieger FC Porto besiegt. Wer an sich glaubt, kann auch gegen Bayern München oder Schalke bestehen.
Frage: Es ist erstaunlich zu sehen, wie Sie mit 66 Jahren noch immer voll mittrainieren. Diese Bilder kennt man von deutschen Trainern nicht.
Giovanni Trapattoni: Ich brauche diese tägliche Arbeit auf dem Platz, um körperlich fit zu bleiben. Mein großes Vorbild, der ehemalige Fiat-Boss Agnelli, sagte immer: Du musst dich mit jungen Menschen umgeben, um selbst jung zu bleiben. Und ich kann versichern, im Kopf fühle ich mich immer noch wie Anfang 30.