«Dann sind wir alle zufrieden»
Benno E. Oertig, Verwaltungsrats-Präsident der Stade de Suisse Nationalstadion AG und YB-Investor, über die YB-Krise, Peter Jauch, die mangelhafte Kommunikation, den neuen Trainer, «Mister YB» und seine Vision.
Die Young Boys hatten in dieser Saison oft das Nachsehen.
Was läuft bei YB falsch?
Benno E. Oertig: Wir haben eine sehr schwierige Phase zu durchlaufen. Ich verstehe die ganze Aufregung um YB nicht, aber ich habe gemerkt, wie viele Emotionen im Fussball dabei sind. Es geht nicht nur um Sieg und Niederlage, es geht im Fussball um viel mehr. Und es bringt uns im Stade de Suisse nichts, wenn wir wunderbare Konzerte veranstalten können und wenn die Unternehmen begeistert von unseren Räumlichkeiten sind, nein, das bringt uns alles nichts, wenn YB keinen Erfolg hat.
Es dünkt einen, dass YB seit Jahren den Erwartungen nachläuft.
Es gibt eine Statistik aller Spiele der letzten vier Jahre, und da steht YB deutlich auf Rang zwei hinter dem FC Basel. Was YB aber fehlt, ist ein Erfolg, wie es der Cupfinalsieg im Frühling gegen Sion gewesen wäre. Der Funke zum Publikum springt nicht, und das hat auch damit zu tun, dass YB zu wenig attraktiv und erfolgreich gespielt hat.
Jetzt gab es wieder einen Trainerwechsel. Auch Gernot Rohr ist in Bern rasch gescheitert u2026
u2026 ja, und das ist schade. Wir haben grosse Hoffnungen in Gernot Rohr gesetzt, aber die Mannschaft ist nicht weitergekommen, die Zuschauerzahlen sind nicht gestiegen, im Gegenteil, und die Heimspiele von YB sind oft langweilig gewesen. Die Heimniederlage gegen GC am Montag vor einer Woche war bestimmt bei allen Beteiligten der Anstoss zum Nachdenken.
Dann griff Ihr Verwaltungsratskollege Peter Jauch im «Blick» Trainer Rohr und Sportchef Marcel Hottiger scharf an. Diese Posse wirft wieder ein schlechtes Licht auf die YB-Kommunikationspolitik.
Das ist richtig. Wir wollen sauber und transparent kommunizieren. Peter Jauch hat einen unglücklichen Alleingang gemacht, das war eine Privatangelegenheit zwischen ihm und dem Trainer sowie dem Sportchef. Wir haben den Vorfall bedauert, doch nun müssen wir sofort in die Zukunft schauen. Eines ist klar: So etwas darf nie mehr passieren.
Privatangelegenheit? Die halbe Fussballschweiz war Zeuge davon. Gibt es bei YB keine Hierarchie in der Vereinsführung?
Wir benötigen einen Geschäftsführer, einen Mister YB, der im Fussballverein der starke Mann ist. Das geht aber nicht von heute auf morgen, denn es gibt nicht viele Leute, die qualifiziert sind, bei einem so grossen Verein wie YB diese Funktion auszuüben. Es geht dabei um das Koordinieren der Aufgaben mit den Fans und den Sponsoren. Darüber hinaus ist ein Geschäftsführer für die Zusammenarbeit der sportlichen Abteilungen zuständig und steht für den wirtschaftlichen Erfolg gerade. Sie können sicher sein, dass wir in den nächsten Wochen einen Geschäftsführer einstellen, der sich auch im Fussballgeschäft gut auskennt.
Was ist mit Ilja Kaenzig, dem jungen Schweizer Manager, der beim Bundesligisten Hannover nicht mehr glücklich ist?
Ich habe mit ihm gesprochen, aber das war vor einigen Monaten, und da war er noch zufrieden in Hannover. Es ist auch immer alles eine Frage der Kosten.
Viele Fans und Beobachter finden, dass Peter Jauch nach den jüngsten Vorfällen bei YB nicht mehr tragbar ist. Er hat die Erwartungen massiv geschürt, als er von 23 000 als anvisiertem Zuschauerschnitt und vom Meistertitel bis 2006 als Ziel sprach. Wie sehen Sie das?
Es war wie gesagt ein Fehler von Peter Jauch. Aber lassen Sie uns das intern besprechen.
Rohr wäre auch ohne Jauchs Vorstoss nicht mehr lange Trainer geblieben. Wie sieht denn der richtige YB-Trainer überhaupt aus?
Die Erwartungen und die Hoffnungen sind sehr hoch. Wir haben das schönste Stadion der Schweiz, wir haben eine gute Mannschaft mit starken Einzelspielern, wir haben Geldgeber, die sich für YB engagieren, wir haben ein riesiges Einzugsgebiet und einen Verein, der über eine grosse Anhängerschaft und über eine grossartige Tradition verfügt. Es braucht einen Trainer, der all diese Vorzüge nutzen und YB zum Erfolg führen kann.
Können Sie konkreter erklären, wie der neue Trainer sein soll?
Zu sportlichen Überlegungen bin ich grundsätzlich der falsche Ansprechpartner. Wir haben aber ein Stellenprofil erstellt. Der Trainer muss in erster Linie vom Typ her zu YB passen. Wir brauchen einen engagierten Trainer, der sich mit dem Verein und unseren Zielen identifiziert.
Das wollen alle Fussballvereine.
Natürlich. Und darum ist es auch so schwierig, den richtigen Trainer zu finden. Es gibt Hunderte von Möglichkeiten, und wir müssen die richtige Wahl treffen. Wir haben schon viel Zeit verloren. Ganz wichtig ist, dass wir einen Trainer holen, der die Spieler motivieren kann. YB hat sehr, sehr gute Fussballer. Sie müssen nur richtig motiviert werden.
Ist dieser Ansatz nicht ein bisschen kurz gegriffen? Jeder Fan, der einen Bruchteil dessen verdient, was ein YB-Spieler erhält, ist doch entsetzt, wenn er hört, dass die Fussballer noch besonders motiviert werden müssen.
Ich sage immer: Motivation versetzt Berge. Es sind die letzten fünf Prozent, die entscheidend sind. Die Spieler verdienen viel Geld, aber es ist für sie einfacher, wenn sie gut motiviert werden. Sehen Sie, ich bin bei zahlreichen Unternehmungen Verwaltungsratspräsident. Wir setzen im Verwaltungsrat die Leitlinien, wir entwickeln eine Strategie, einen Businessplan, aber dann lassen wir die operative Führung frei arbeiten. Es sind schliesslich alles Profis. Und wenn es nicht läuft, dann muss man handeln. Es geht bei YB auch um viel Geld, das ist keine romantische One-Man-Show mehr wie früher.
Wie kommen Sie eigentlich dazu, sich bei YB zu engagieren?
Seit meiner Kindheit bin ich glühender YB-Fan. Bei uns in Rapperswil und in Uznach mag man die Zürcher nicht besonders. Darum sage ich auch immer sofort, ich sei ein St. Galler (lacht). YB war das beste Team, ich war stolz auf diese Spieler. Zudem finde ich, dass die Hauptstadt allen Schweizern gehört. Ich vermisse einfach manchmal in Bern die Unterstützung für YB.
Wie meinen Sie das?
Wir erhalten immer wieder Kritik aus Zürich. Dort werden GC und der FCZ von den Medien und von den Politikern stark unterstützt. Wenn es bei YB einmal nicht läuft, greifen uns die Zürcher Medien genüsslich an.
Vielleicht sind die Berner misstrauisch, weil es bei YB in den letzten 15 Jahren oft turbulent war. Die Identifikation fehlt auch, weil es im Team und bei den Verantwortlichen kaum Berner hat.
Dennoch verstehe ich nicht, warum es gegen uns Investoren so viele Vorbehalte gibt. Wir sind bei YB vor vier Jahren eingestiegen. Es ist auch eine Herzensangelegenheit. Es geht nur um YB und nicht darum, was Benno E. Oertig findet oder will. Ich möchte lieber im Hintergrund wirken. Es ist nicht mein Ziel, jeden Tag drei Stunden mit Journalisten über die Lage bei YB zu diskutieren. Es ist ein Anliegen von uns, dass wir mit Berner Persönlichkeiten eine Art übergeordnetes Gremium bilden. Diese Leute aus der Politik, aus den Medien oder aus der Wirtschaft sowie ehemalige YB-Spieler sollen sich regelmässig treffen und uns mit ihrem Know-how Inputs geben.
Es gibt bei YB sechs Investoren, die viel Geld in dieses Stadion und YB gesteckt haben. Man spricht von 60 Millionen Frankenu2026
u2026 es geht um viel Geld, ja. Wichtig ist, dass alle in Bern merken: YB braucht Unterstützung, Ruhe und Geduld. Unsere Investitionen werden sich irgendwann sportlich auszahlen.
Ruhe gibt es am schnellsten, wenn YB wieder gewinnt.
Genau. Ich habe eine Vision: So wie GC in Bern aufgetreten ist, so stelle ich mir das YB der Zukunft vor. Ein dynamischer Trainer wie Krassimir Balakow an der Seitenlinie, dazu eine erfrischende, offensive Mannschaft mit motivierten, sympathischen Spielern. Dann sind wir alle zufrieden: Die Zuschauer, die Medien, die Spieler, die Investoren.
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Zur Person
Benno E. Oertig (55) aus Uznach SG wohnt in Freienbach SZ, ist verheiratet und Vater einer 16-jährigen Tochter. Der Verwaltungsratspräsident der Stade de Suisse Nationalstadion AG ist einer der sechs YB-Investoren. Oertig ist Gründer und Verwaltungsratspräsident der Intrum-Justitia-Gruppe (Kreditschutz) und auch operativer Leiter in der Schweiz, Deutschland und Österreich. (fdr)
Der Bund:
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