Keine Show, aber ein weiterer Sieg
DIE SCHWEIZ BAUT MIT DEM 1:0 (0:0) GEGEN VENEZUELA IHRE POSITIVEN SERIEN AUS

Wieder kein Erfolg. Marco Streller (l.) streckt sich gegen Venezuelas Leonel Vielma vergeblich nach dem Ball. Foto Keystone
HANSJÖRGSCHIFFERLI
Das 1:0 gegen Venezuela durch Alex Freis spätes Tor war für die Schweiz ein weiteres gutes Resultat, aber kein sonderlich bedeutender Anlass.
Es sei, gestand Köbi Kuhn hinterher, «bestimmt nicht die grosse Show» gewesen. Auch er wusste, dass seine Mannschaft aus einem klaren Chancenplus mehr als ein spätes Tor hätte zustande bringen müssen. Selbst, wenn Kuhn grundsätzlich «mit der Einstellung zufrieden» war, so war doch nicht zu übersehen, dass die Schweiz an diesem Tag eines freundschaftlichen Anlasses und halt doch noch ziemlich fern von der Heim-EM weder die Qualität noch den letzten Willen aufbrachte, ihren Teil zu einer grösseren «Show» beizutragen.
Dazu fehlte aber, nur gut zwei Monate nach dem WM-Achtelfinal gegen die Ukraine, auch das Publikum. «Wenigstens kamen die 12500 in roten Trikots», merkte Kuhn zu diesem Thema mit der ihm eigenen Ironie an. Andererseits dachte auch er zu Recht, die Mannschaft habe in der jüngeren Vergangenheit - und dies durchaus nicht nur in Punktspielen - eigentlich genügend «Vorleistungen» erbracht, um auch für einen Vorbereitungsmatch gegen einen minder prominenten Gegner mehr Zuspruch verdient zu haben.
Ein denkwürdiger Anlass also wars in keiner Beziehung. Dennoch ist diese Schweizer Mannschaft stabil genug, auch eine solche Pflichtaufgabe am Ende mit einem Sieg abzuschliessen; einen willigen, offensiv allerdings unterdotierten Gegner von der ersten bis zur letzten Minute unter Kontrolle zu halten; und auch ihre bemerkenswerten Serien fortzusetzen.
Zuberbühlers rekord. Nach dem 1:0 gegen die Venezolaner, die aktuelle Nummer 8 Südamerikas, ist die Schweiz im WM-Jahr 2006 auch nach zehn Spielen ungeschlagen. Mittlerweile sind es 25 Matches seit der EM 2004, von denen die Schweiz nur jenen im vergangenen November in Istanbul verloren hat. Und in 13 dieser 25 Matches blieb sie ohne Gegentreffer, nun schon sechsmal in Folge. Als Pascal Zuberbühler, 45 Minuten lang so gut wie unbeschäftigt geblieben, ausgewechselt wurde, hatte er seinen persönlichen Rekord auf 560 Minuten ohne Gegentor ausgebaut.
Das alles sind klare Hinweise auf die gewachsene Stabilität der Mannschaft, ihr zunehmendes Selbstverständnis eines Winnerteams. Was aber liess sich an individuellen Schlüssen aus diesen 90 Minuten ziehen? Nicht neu sind natürlich solche wie diese: Dass Patrick Müller in der Nationalmannschaft sein Leibchen überzieht und dann 90 Minuten konzentriert und so gut wie fehlerlos spielt. Dass Alex Frei in guter Form ist, sich auch besser als einst ins Kollektivspiel einbringt und, vor allem, weit weniger Chancen als andere für einen Treffer braucht. Sein 1:0 war bereits sein 30. für die Schweiz; die Nummer 3 in der «ewigen» Skorerliste ist er schon. Noch vier Tore fehlen ihm, um Kubilay Türkyilmaz zu erreichen, der sich im September 2001 mit seinen Treffern Nummer 33 und 34 bei einem 3:0 in Luxemburg zu Beginn der Amtszeit Kuhns aus dem Nationalteam verabschiedete.
Vom verfügbaren Stamm weniger überzeugend trat Linksverteidiger Ludovic Magnin auf. Hakan Yakins Auftritt war mässig, jener Daniel Gygax etwas besser, der Raphaël Wickys und später Christoph Spychers vernünftig. Und Marco Streller glückte es ein weiteres Mal nicht, seine Torblockade zu lösen. Was weiterhin die Frage aufwirft, ob es ihm neben der Form nicht auch an der Klasse fehlt.
huggels comeback. Sein Comeback nach neuneinhalb Monaten gab Benjamin Huggel am Platz Johann Vogels - aufmerksam, solide, gar mit einem vortrefflichen letzten Pass auf Streller, den dieser aber nicht verwerten konnte. Dennoch wurde Huggel zur Pause ausgewechselt, was dem Beobachter gewiss nicht zwingend erschien, und auch Huggel keine schlüssigen Folgerungen über seinen Platz im Kader erlaubte (auf jeden Fall keine positivenu2026).
Debütiert haben mit Teileinsätzen Alberto Regazzoni, der sich in 23 Minuten auf der linken Flanke für weitere Aufmerksamkeit empfahl, und Gökhan Inler, er jedoch nur zehn Minuten. Das Spiel gegen Costa Rica am Mittwoch, wohl mit Fabio Coltorti im Tor und nochmals ohne den angeschlagenen Vogel, kann weitere Indizien liefern, in welche Richtung Kuhns Gedanken zielen. Und das sind ja die Dinge, die zu dieser Zeit der EM-Vorbereitung am meisten interessieren.
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