Schöne Wildkatze auf samtenen Pfoten
BAZ-FAHRBERICHT: JAGUAR XK UND XKR MIT 4,2-LITER-V8-MOTOR UND 298 PS UND 420 PS

Grosser Auftritt. Der Sport-Jaguar vermag mit seiner Ausstrahlung die Menschen zu faszinieren.
Alfons studer
Ob mit 298 oder 420 PS, beim Jaguar mit dem XK am Heck spielt die reine Kraft nicht die entscheidende Rolle. Der Engländer fasziniert mit seinem Design, seiner Ausstrahlung und dem very britischen Innenraum.
Männer finden ihn sportlich toll, ein starkes Stück, bei Frauen löst er geradezu erotische Gefühle aus, lässt das schwache Geschlecht noch schwächer werden. Seine Faszination spielt er auf beide gleichermassen aus, der Sport-Jaguar mit dem XK am Heck. Dem Bild der Wildkatze wird der Brite schon optisch gerecht. Wie ein Jaguar vor dem Sprung duckt er sich auf die Strasse. Bereit, im nächsten Augenblick seine Beute zu erlegen. Kraft, Geschmeidigkeit, emotionale Ausstrahlung und Schönheit sind denn auch jene Attribute, die den XK zu dem machen, was er ist; eine besondere Gattung der edlen Sportwagenklasse.
Wen das Kribbeln im Bauch beim Anblick des Nobel-Sportlers noch verwundert, muss wissen, dass es sich beim Vorbild aus der freien Wildbahn, dem Panthera onca, um die grösste Raubkatze der amerikanischen Kontinente (Nord und Süd) und mithin um die drittgrösste Katze nach Tiger und Löwe überhaupt handelt. Verwandt ist der Jaguar mit dem Leoparden in Asien und Afrika, den er aber an Grösse und Gewicht (bis 110 kg) übertrifft.
Wie sehr der schnelle Jaguar die Leute in seinen Bann zieht, zeigt sich nicht zuletzt an der Aufmerksamkeit, die dem Briten am Stammtisch, im Büro und noch mehr auf der Strasse entgegengebracht wird. Allein der Name lässt schon bei vielen Frauen das Herz höher schlagen. Und dann, wenn sie vor dem XK mit seiner schlanken, kraftstrotzenden Linie stehen, bekommen sie, die sonst einen VW nicht von einem Opel unterscheiden können, nicht nur glänzende Augen, sie können dem Wunsch, einmal mit dem katzenartigen Gefährt das erotisierende Gefühl des Fahrens hautnah zu erleben, kaum widerstehen. Auf die Frage nach dem Warum erhält der erstaunte Journalist die alles erklärende Antwort, «weil es sich eben um einen Jaguar und nicht einfach um ein Auto handelt». Das wussten anscheinend schon die Maya, die den Jaguar als Gott verehrten, während sich die Könige mit den Fellen der Katze schmückten.
Wilde Gene.
Zurück zum Objekt der Begierde aus Blech, Holz und Leder. Beim neuen XK haben es die Entwickler in Coventry meisterhaft verstanden, den einstigen typisch britischen Stil ins Auto einfliessen zu lassen, ohne die jüngsten Techniken zu vernachlässigen. Der Jaguar hat alle Gene mitbekommen, die ihn zu einer echten Fahrmaschine wachsen liessen.
Dass er sich aber eher an ein distinguiertes Publikum richtet, macht der Brite dann klar, wenn der Blick ins Innere wandert. Der Duft von Leder weht einem entgegen. Dazu gibt es beim XK Walnussholz, beim XKR gebürstetes Aluminium. Edle Zutaten, die das Innere wohnlich gestalten. Alles fein verarbeitet, versteht sich. Einen Touch von Sportlichkeit vermittelt das Lederlenkrad, die grossen Rundinstrumente und der von der Rennpiste ins Cockpit versetzte rote Starterknopf. Kaum Rennfahrer-Gefühle können Schalthebel und Schaltebene der 6-Stufen-Automatik vermitteln. Im klassischen Stil gehalten, lassen sie eher Erinnerungen an eine Limousine denn an ein schnelles Coupé aufkommen.
Wie es sich für einen Sportwagen der Top-Klasse gehört, wird bei beiden «Katzen» bei der Ausstattung nicht gegeizt. Das ist bei Preisen von 127000 respektive 151000 Franken weiter auch kaum verwunderlich. Angenehm zum Beispiel das Keyless-Entry-System, bei dem der Schlüssel immer im Sack bleiben darf. Der Tempomat verfügt über einen Geschwindigkeitsbegrenzer, die Klimaanlage über eine Zweizonenregelung. Sitze, Lenkrad, Fenster etc. lassen sich elektrisch bedienen, Sitzheizung sowie ein Soundsystem inklusive 6-fach-CD-Wechsler mit 6 Lautsprechern und 100-Watt-Verstärker ist mit dabei wie ein Navigationsgerät, das nicht extra berappt werden muss. Für Sicherheit sorgen vier Airbags, ein Schleudertraumaschutz sowie das aktive Fussgängerschutzsystem, bei dem die Motorhaube im Falle eines Zusammenpralls angehoben wird.
Für sicheres Fahren.
Damit beim Gasgeben in Kurven oder in anderen heiklen Situationen keine Hektik aufkommt, verfügen beide XK über ABS sowie ein umfassendes elektronisches Stabilitätsprogramm, das als Beruhigungsmittel für die Nerven dient. Bi-Xenon-Scheinwerfer, die mit in die Kurve gehen, helfen mit, die Nacht zum Tag zu machen.
Weniger grosszügig zeigt sich der Jaguar beim Platzangebot. Obwohl mit 4,79m nicht eben klein geraten, geben sich der XK wie auch der XKR etwas menschenscheu. Zumindest in der zweiten Sitzreihe. Mit anderen Worten; das spezielle Kribbel-Feeling ist auf zwei Personen beschränkt, die hinteren Schalensesselchen dienen bestenfalls als Ablage für Schirm und Melone, aber ohne jeglichen Charme. Da tröstet vielleicht ein wenig der Kofferraum darüber hinweg, der immerhin 325 Liter bereithält. Genug für zwei Golfbags!
Sportlichkeit garantiert.
Über die Leistungsfähigkeit der beiden Katzen brauchen wir uns hier nicht weiter auszulassen. Ob 298 PS/219 kW oder 420 PS/ 306 kW, für sportliche Fahrwerte ist in jedem Fall gesorgt. Als XK schafft es der Jaguar in 6,2 Sekunden auf Tempo 100, mit einem R auf dem Rücken lässt er sich eine Sekunde weniger Zeit dafür. Bei 250 ist für beide sowieso Schluss, weil die Elektronik Tempoexzessen spätestens dann Einhalt gebietet.
Der Jag zeigt sich als Wildkatze mit Samtpfoten. Wers geniesserisch mag, kann mit ihm cruisen. Wer das Wilde liebt, kommt ebenfalls auf seine Rechnung. Wenn es sein muss, legt der Brite dank seinem V8-Motor mit und ohne Kompressor eine Performance an den Tag, die seinem Vorbild alle Ehre macht. Das hervorragende, auf Komfort abgestimmte Fahrwerk hilft mit, schnelle Fahrten zum Genuss werden zu lassen. Dabei kann der Fahrer auf die Schaltebene «manuell» wechseln und über die Wippen am Lenkrad die entsprechenden Gänge selbst wählen. Der sonore Sound, beim R untermalt von einem leisen Pfeifen, lässt zusätzlich die Emotionen hochgehen.
Etwas durstig.
Bleibt zum Schluss die dunklere Seite der schönen Katze, die sich weder mit in Milch getränktem Brot noch mit Whiskas zufriedengeben mag. Benzin muss her, und das nicht zu knapp. Der XK genehmigt sich im Schnitt 12,5 Liter, als XKR gibt er sich erst mit rund 13,8 Liter zufrieden. Vorausgesetzt allerdings, der Fuss wird ab und zu vom Gas genommen und auf Feinfühligkeit getrimmt.
Die Freude am Fahren wird dadurch allerdings kaum getrübt, denn der Jaguar stellt eine jener geglückten Mischungen automobiler Baukunst dar, die langsam auszusterben drohen. Unter Artenschutz muss er trotzdem nicht gestellt werden. Zumindest solange es noch Leute mit genügend Geld und Sinn fürs Besondere auf dieser Welt gibt.
technische daten:
Motor: 8 Zylinder, Hubraum 4196 cm3, (XK) Leistung 298 PS/219 kW, Drehmoment 411 Nm/4100. Mit Kompressor (XKR): 420 PS/306 kW, 560 Nm/4000. Beide Euro 4.
Kraftübertragung: Antrieb auf Hinterräder, 6-Gang-Automatik mit sequentieller Schaltung, Wippen am Lenkrad , ABS, Traktionskontrolle, Antischlupfregelung.
Reifen: Leichtmetallfelgen 18 Zoll, vorne Reifen 245/45 ZR 18, hinten 275/40 ZR 18. XKR mit 19- Zoll-Felgen.
Abmessungen/Gewicht: Länge 4,79 m; Breite 1,89 m; Höhe 1,32 m; Radstand 2,75 m; Leergewicht 1600 kg/1770 kg, 2+2 Sitze, Kofferraum 325 Liter, Benzintank 70 Liter.
Fahrleistungen/Verbrauch: 0-100 km/h 6,2 Sek. (XK), 5,2 Sek. (XKR), Spitze 250 km/h, Verbrauch im Schnitt 12,5 Liter resp. 13,8 Liter/100 km.
Preise: XK ab Fr. 127000.-, XKR ab Fr. 151000.-.