Feanor hat geschrieben: 08.06.2022, 22:43
naja, er ist zurzeit der Leader der republikanischen Partei, deren Sprachrohr und Vorbild. Diese Partei verhindert eine Entwicklung, somit kann er sehr wohl direkt verantwortlich beschrieben werden.
Ob Trump das Waffengesetz entworfen und durchgesetzt hat, damit man von «Trumps Waffengesetz» sprechen kann oder ob Trump als Kopf der Republikaner eine positive Entwicklung des Waffengesetzes verhindert, sind zwei komplett verschiedene Fragen.
Ich finde aber auch, dass du Trump ein wenig überschätzt, wenn du in ihm eine Person siehst, welche als Leader, Sprachrohr und Vorbild der Republikaner eine Verschärfung des Waffenrechtes zulassen könnte.
Waffen und Republikaner hegen eine lange und tiefe Beziehung. Ich denke nicht, dass Trump während seiner Amtszeit in der Lage gewesen wäre, eine Verschärfung des Waffengesetzes gegen den Willen der Partei und ihrer Stammwählerschaft durchzubringen. Jedenfalls nicht in der Zeit von Beginn bis kurz vor dem Ende. Einen Versuch gab es ja, wurde dann aber abgebrochen.
Seit der Mobilisierung der Randgruppen mittels offensichtlicher Lügen, deren Radikalisierung und dem Capitol-Sturm, scheint Trump über mehr Macht innerhalb der Partei zu verfügen. Er hat quasi ein neues Ausmass an Lüge und Emotionalisierung (spezifisch Wutentfachung) legitimiert und damit die Demagogie/Hetze auf ein neues Level gebracht und entfesselt. Die gemässigteren Stimmen sind in eine Art Schockstarre gefangen und wagen sich nicht mehr gegen ihren Führer zu erheben, weil sie die Konsequenzen durch die Wutentbrannten fürchten.
Ich kann mir vorstellen, dass Trump mit dieser neu gewonnenen Macht
theoretisch in der Lage wäre, die Republikaner dazu zu bringen, eine mögliche Verschärfung des Waffenrechts nicht mehr zu verhindern.
Praktisch würde dies wohl daran scheitern, dass seine Macht auf Demagogie beruht. Die Macht ist also nicht an Trumps Person oder Wort gebunden, sondern an seine Verkörperung der Position als radikalster Hetzer. Und hier droht die Gefahr, dass überholt und abgelöst zu werden. Der aufgehetzte Teil der Wähler würde sich gegen Trump stellen, wenn er ihnen ihr Recht auf Waffenbesitz nur ein wenig einschränken wollte und die ganze Partei müsste erhebliche Einbussen bei Wahlkampfspenden und Wählerstimmen in Kauf nehmen. Er müsste also eine ganz teuflische Lüge erfinden, welche die Aufgehetzen in ihrem Ansinnen befriedigte, damit sie eine scheinbar existenzielle «Freiheit» aufgeben würden, wovon sie überzeugt sind ein Anrecht darauf zu haben.
Insofern würde ich Trump
legislativ allerhöchstens für die Aufhebung von Obamas Verordnung verantwortlich machen. Im erweiterten Kontext ist seine Verantwortung schon grösser.
Die Abhängigkeit der Republikaner von der Waffenlobby währt schon lange. Was ich Trump diesbezüglich vorwerfen würde ist, dass er für die zunehmende Demagogisierung verantwortlich ist und damit diese Abhängigkeit verstärkt hat. Sie beruhte schon immer auf Wahlkampfspenden und Wählerstimmen, wobei Trump mit der Aufwiegelung die Abhängigkeit von den Wählerstimmen, respektive die Furcht davor, sie nicht mehr beschwichtigen zu können, verstärkt hat.
Trump ist kein Führer, der eine Vision oder eine gesellschaftliche Idee vertritt. Er heizt ein, verursacht Bewegung/Chaos und positioniert sich dann an der Spitze der Richtung dieser Bewegung. Seine Idee beschränkt sich also lediglich darauf, ganz oben auf der Spitze zu stehen. Wohin die Bewegung führt, ist ihm eigentlich egal, solange die Bewegung nur grösser wird und er weiterhin zuoberst steht, sogar über der Verfassung. So erkläre ich mir jedenfalls seine ständigen Gesinnungswechsel.
Wer so gestrickt ist, kann weder ideelles Vorbild sein, noch wirklich führen. Er lässt sich ja selbst von der Wut der Massen führen. Die aufgebrachte Masse folgt ihm nur in die Richtung, welche ein Ventil für ihre unterdrückte Wut in Aussicht stellt und Trump weiss diese Richtungen vorauszuahnen. Die Verängstigten folgen ihm, weil sie Parteiausschluss, Machtverlust oder Schlimmeres befürchten.