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Verfasst: 25.02.2006, 14:35
von ellesse
Ich wär froh, mir hätte sone Trainer wie de Jose Mourinho, und nid die Schloftablette CG.... jaja, der Neid der Besitzlosen...
Verfasst: 25.02.2006, 14:44
von Tüllhuffe
Wo kommen wir denn hin, wenn Trainer schon Schiedsrichterentscheide in Frage stellen! Hängen oder vor ein österreichisches Gericht mit dem Schwerverbrecher!
Verfasst: 25.02.2006, 17:38
von alduccio
fma79 hat geschrieben:Ich wär froh, mir hätte sone Trainer wie de Jose Mourinho, und nid die Schloftablette CG.... jaja, der Neid der Besitzlosen...
Me muess dr CG zum Zettelischribkurs schicke......

José Mourinho - ein Porträit (1.Teil)
Verfasst: 20.04.2006, 10:45
von Ernesto
Weltwoche -- 16/2006
Play, boy
Aus dem Englischen von Werner Richter
Wenn José Mourinho an der Seitenlinie steht und einfach nur aussieht, schweigen Frauen genüsslich. Seine Spieler gehen für ihn in jeden Zweikampf, gegnerische Teams verachten ihn mehr als eine Schwalbe. Was ist dran am Trainer des FC Chelsea, des reichsten Fussballvereins der Welt?
Es mögen sich zweiundzwanzig Weltklassefussballer auf dem Spielfeld tummeln, aber wenn José Mourinho von seiner Bank an der Auslinie aufspringt, etwa für eine schön vorformulierte Schimpftirade gegen einen bedauernswerten Linienrichter, heften sich alle Blicke auf ihn. Zum Teil liegt es daran, dass der Chelsea-Trainer einfach unglaublich gut aussieht. Wenn der gegnerische Coach neben ihm am Spielfeldrand steht, für gewöhnlich ein Senior mit Hängebacken, sieht es meistens aus wie Oliver Hardy gegen Errol Flynn. Mourinho hat edlere Züge als die meisten Schauspieler, dichtes, graudurchwirktes Haar, Zweitagebart, sorgsam nachlässig geknüpfte Krawatte, den besten Mantel im Fussballsport (Kaschmir, Armani, 2700 Franken) und ist mittlerweile 43, ohne ein einziges Gramm zu viel auf den Rippen zu haben. Es steht zu bezweifeln, dass er dieselbe Karriere geschafft hätte, wäre er hässlich geboren, aber Spiel für Spiel ist er wohl der erfolgreichste Trainer der Fussballgeschichte.
Der andere Grund dafür, dass alle auf ihn blicken, besteht darin, dass Mourinho u2013 ganz unabhängig vom Ergebnis u2013 normalerweise das letzte Wort hat. Wenn Chelsea gewinnt, was die Jungs in Blau auch fast immer tun, heimst er das Verdienst dafür ein. Verlieren sie doch einmal, lässt er eine paranoide Schmährede vom Stapel, in der reihenweise vermutete Verschwörungen vorkommen. Wenn am 7. Mai die englische Meisterschaft endet, heisst der Sieger vermutlich wieder Chelsea. Und trotz des frühen Scheiterns in der Champions League ist und bleibt er die dominierende Persönlichkeit des Sports, ebenso brillant wie bösartig. Zum grossen Trainer wurde er im Zuge eines Projekts, das schon in seiner Kindheit begann. Zum paranoiden Verschwörungstheoretiker wegen des Laufs der portugiesischen Geschichte.
Seine drei grossen F
José Mourinho kam 1963 in der Hafenstadt Setúbal zur Welt, unter der Herrschaft des faschistischen Diktators Salazar. Mourinhos Vater Félix war Torwart, der immerhin einmal acht Minuten lang in der portugiesischen Nationalmannschaft spielte und später Trainer wurde. Seine Mutter Maria Júlia gehörte Portugals herrschender Klasse an. Ihr Onkel stand dem Salazar-Regime nahe und besass mehrere Sardinenfabriken. Mourinho wuchs auf dem Landgut des Grossonkels auf. Man hatte Dienstboten und besuchte Privatschulen: Mourinhos exzellente Ausbildung verschaffte ihm die Fremdsprachenkenntnisse, die ihm auf der Karriereleiter halfen. So etwas ist in Portugal ungewöhnlich, wo nach Schätzungen noch heute fast die Hälfte der Bevölkerung funktionelle Analphabeten sind.
1974, als Mourinho elf war, verjagte die Nelkenrevolution die Faschisten. Grossonkels Sardinenimperium wurde grossteils verstaatlicht. Die Mourinhos verloren ihr Landgut und zogen nach Aires im Landesinneren um, ebenfalls in eine Villa. Portugals Umsturz war der letzte seiner Art in Westeuropa. Die meisten Menschen auf dieser Hälfte des Kontinents können sich nicht mehr vorstellen, wie es ist, wenn einem anonyme Mächte die Welt der Kindheit zerstören. Mourinho kann das sehr wohl, und seine Frau Tami auch. Sie wuchs im heutigen Angola auf, und ihr Kleinmädchenreich zerbrach in einem Guerillakrieg gegen die portugiesischen Kolonialherren. Der Vater kämpfte in der portugiesischen Besatzungsarmee, bekam einen Schuss in den Rücken und wurde als Invalider verabschiedet. Als 1975 das neue Regime in Portugal seine Kolonien aufgab, musste die ganze Familie nach Lissabon ausfliegen.
Mit einem Wort, sowohl Mourinho wie seine Frau erfuhren schon früh im Leben, dass das Leben völlig unschuldiger Menschen durch geheime Gewalten verwüstet werden kann. Erfahrungen dieser Art erzeugen sehr leicht Verschwörungstheorien. So gibt es gewissermassen zwei Sorten von Staaten: die, wo man Verschwörungstheorien abtut (der Grossteil von Westeuropa), und die, wo man ihnen sehr wohl anhängt (die meisten armen Länder). So glauben viele Serben daran, dass es eine Verschwörung des Westens gab, Slobodan Milosevic in Den Haag zu ermorden. Fast überall in der arabischen Welt gilt es praktisch als Dogma, dass hinter dem Anschlag auf die Twin-Towers am 11. September die Juden stecken. Und viele Afrikaner sind überzeugt, dass Aids von westlichen Wissenschaftlern im Labor ausgekocht worden ist.
Eine Besonderheit der Verschwörungstheorien in Portugal ist, dass dort oft der Fussball im Zentrum eines vermuteten Komplotts steht. Zum Beispiel nehmen viele Portugiesen an, dass ihre Niederlage gegen Gastgeber Südkorea an der letzten WM geschoben war (und das könnte sogar stimmen). In einem Land, wo die zwei grössten Tageszeitungen beides Sportgazetten sind, ist eine solche Einstellung wohl nur logisch. Das zentrale Klischee zum Portugal der Salazar-Diktatur sind die drei F: Fatima (der Schrein, bei dem 1917 die Jungfrau Maria drei Bauernkindern erschien), der Fado und Futebol. Das mag trivial und stereotyp klingen, aber Mourinho selbst hat einmal gesagt, dass diese «drei F» sein Leben gut beschreiben. Der fromme Katholik, der die Fatima-Wallfahrt gleich mehrmals unternahm, wuchs mit dem Fussball auf. Sein Grossonkel finanzierte das Stadion von Vitória Setúbal, und vom Vater wurde Mourinho schon in der Kindheit zum besten Trainer der Welt gedrillt.
Analyst und Verschwörungstheoretiker
Mourinho war schon mit fünfzehn klar, dass er es nie zum Profifussballer bringen würde. «Wenn du einen Vater hast, Ex-Spitzenspieler», erklärt er in seinem fliessenden, aber auch sehr eigenen Englisch, «und dein Traum ist es, so zu sein wie er, aber du ahnst, dass du das nicht schaffst, dann gibt das eine ganz besondere Motivation. Ich wollte im Fussball wirklich gross werden. Und ich hatte das Gefühl, dass ich gute Voraussetzungen zum Trainer und Manager habe.»
Er war kaum ein Teenager, als ihn sein Vater, der damals ein Team der dritten Division Portugals trainierte, losschickte, um Spielanalysen von künftigen Gegnern auszuarbeiten. Später, beim Zweitligisten Setúbal FC, übertrug Félix Mourinho seinem Sohn die Oberaufsicht über die Balljungen, um so während des Spiels seiner Mannschaft taktische Anweisungen zu übermitteln. Auf dem Spielfeld brachte es José Mourinho gerade mal in die Reserve von Belenenses, dann studierte er Sportwissenschaft an der Universität von Lissabon. Er büffelte die Physiologie, Psychologie und Philosophie des Sports, ehe er sich drei Jahre lang als Turnlehrer verdingte. Auf die Frage, weshalb erfolglose Profifussballer so oft hervorragende Trainer werden, antwortete er einmal lakonisch: «Mehr Zeit zum Lernen.»
Trotzdem konnte man als gescheiterter Fussballer von Mitte zwanzig keinen gutdotierten Trainerjob an Land ziehen. Was Mourinho die Karriere bahnte, das waren seine Sprachkenntnisse. 1993 stellte Sporting Lissabon als Manager Bobby Robson an, der nichts ausser Englisch sprach. Als er am Flughafen eintraf, holte ihn dort sein junger Dolmetscher ab. Robson erzählte später: «Zwei Dinge fielen mir an José sofort auf: sein ausgezeichnetes Englisch u2013 und dass er verdammt gut aussah. Etwas zu gut für meinen Bedarf!» Als Robson später zu Barcelona wechselte, stellte er dem neuen Klub nur eine einzige Bedingung: dass er Mourinho mitbringen durfte.
Im Februar dieses Jahres, als Chelsea auswärts gegen Barcelona spielte, trommelten katalanische Fans auf den Mannschaftsbus der Londoner und bedachten José Mourinho mit dem Schmähnamen «El traductor!». Er wird schrecklich wütend, wenn jemand behauptet, er sei bei Barça nichts als ein Übersetzer gewesen u2013 und in Wahrheit hat er dort ja recht bald viel mehr als das gemacht. Auch Robson entdeckte nämlich Mourinhos enormes analytisches Talent: «Da war dieser Bursche von Anfang dreissig, keinerlei Spielerfahrung, kaum je als Trainer gearbeitet, und der bringt mir Berichte über unseren nächsten Gegner, die ebenso gut sind wie alles, was ich bisher von den Spitzenprofis der Branche gekriegt habe.»
Danach überredete Robson sogar noch seinen Nachfolger Louis van Gaal dazu, Mourinho als Analysten zu behalten. Es war der ideale Job für einen Mann mit Mourinhos fussballerischem Denkansatz. Denn er hat nie den Ehrgeiz besessen, einen bestimmten Spielstil zu entwerfen. Vielmehr liegt sein Genie darin, die Schwachstellen des Gegners auszukundschaften und dann zu nutzen. Er selbst sagt es so: «Wenn du einen Ferrari fährst und ich einen Kleinwagen, und ich will dich im Rennen trotzdem schlagen, dann muss ich dir entweder eine Achse brechen oder Zucker in den Tank schütten.»
Seine Grundpfeiler
Ein typisches Beispiel war der Match zwischen Chelsea und Barcelona letztes Jahr in der Champions League. Im Hinspiel hatte Chelsea bei Barcelona 2:1 verloren. Für das Rückspiel in London rechnete jeder damit, dass sie defensiv beginnen würden, wie Mourinhos Teams das immer tun. Stattdessen überrumpelte man Barça, indem Chelsea mit vier Stürmern begann und praktisch alle Bälle über den rechten Flügel spielte, wo Barças van Bronckhorst verteidigte, der am Ball zwar ausgezeichnet ist, aber u2013 wie Mourinho erspäht hatte u2013 vor Zweikämpfen zurückscheut. Gleich zu Anfang des Spiels kamen Chelseas Spieler dreimal an van Bronckhorst vorbei. Und zwei ihrer Flanken wurden verwertet. Schon nach neunzehn Minuten führten sie 3:0. Mourinho hatte seinen alten Verein eliminiert.
José Mourinho - ein Portrait (1. Teil)
Verfasst: 20.04.2006, 10:49
von Ernesto
Weltwoche -- 16/2006
Play, boy
Aus dem Englischen von Werner Richter
Wenn José Mourinho an der Seitenlinie steht und einfach nur aussieht, schweigen Frauen genüsslich. Seine Spieler gehen für ihn in jeden Zweikampf, gegnerische Teams verachten ihn mehr als eine Schwalbe. Was ist dran am Trainer des FC Chelsea, des reichsten Fussballvereins der Welt?
Es mögen sich zweiundzwanzig Weltklassefussballer auf dem Spielfeld tummeln, aber wenn José Mourinho von seiner Bank an der Auslinie aufspringt, etwa für eine schön vorformulierte Schimpftirade gegen einen bedauernswerten Linienrichter, heften sich alle Blicke auf ihn. Zum Teil liegt es daran, dass der Chelsea-Trainer einfach unglaublich gut aussieht. Wenn der gegnerische Coach neben ihm am Spielfeldrand steht, für gewöhnlich ein Senior mit Hängebacken, sieht es meistens aus wie Oliver Hardy gegen Errol Flynn. Mourinho hat edlere Züge als die meisten Schauspieler, dichtes, graudurchwirktes Haar, Zweitagebart, sorgsam nachlässig geknüpfte Krawatte, den besten Mantel im Fussballsport (Kaschmir, Armani, 2700 Franken) und ist mittlerweile 43, ohne ein einziges Gramm zu viel auf den Rippen zu haben. Es steht zu bezweifeln, dass er dieselbe Karriere geschafft hätte, wäre er hässlich geboren, aber Spiel für Spiel ist er wohl der erfolgreichste Trainer der Fussballgeschichte.
Der andere Grund dafür, dass alle auf ihn blicken, besteht darin, dass Mourinho u2013 ganz unabhängig vom Ergebnis u2013 normalerweise das letzte Wort hat. Wenn Chelsea gewinnt, was die Jungs in Blau auch fast immer tun, heimst er das Verdienst dafür ein. Verlieren sie doch einmal, lässt er eine paranoide Schmährede vom Stapel, in der reihenweise vermutete Verschwörungen vorkommen. Wenn am 7. Mai die englische Meisterschaft endet, heisst der Sieger vermutlich wieder Chelsea. Und trotz des frühen Scheiterns in der Champions League ist und bleibt er die dominierende Persönlichkeit des Sports, ebenso brillant wie bösartig. Zum grossen Trainer wurde er im Zuge eines Projekts, das schon in seiner Kindheit begann. Zum paranoiden Verschwörungstheoretiker wegen des Laufs der portugiesischen Geschichte.
Seine drei grossen F
José Mourinho kam 1963 in der Hafenstadt Setúbal zur Welt, unter der Herrschaft des faschistischen Diktators Salazar. Mourinhos Vater Félix war Torwart, der immerhin einmal acht Minuten lang in der portugiesischen Nationalmannschaft spielte und später Trainer wurde. Seine Mutter Maria Júlia gehörte Portugals herrschender Klasse an. Ihr Onkel stand dem Salazar-Regime nahe und besass mehrere Sardinenfabriken. Mourinho wuchs auf dem Landgut des Grossonkels auf. Man hatte Dienstboten und besuchte Privatschulen: Mourinhos exzellente Ausbildung verschaffte ihm die Fremdsprachenkenntnisse, die ihm auf der Karriereleiter halfen. So etwas ist in Portugal ungewöhnlich, wo nach Schätzungen noch heute fast die Hälfte der Bevölkerung funktionelle Analphabeten sind.
1974, als Mourinho elf war, verjagte die Nelkenrevolution die Faschisten. Grossonkels Sardinenimperium wurde grossteils verstaatlicht. Die Mourinhos verloren ihr Landgut und zogen nach Aires im Landesinneren um, ebenfalls in eine Villa. Portugals Umsturz war der letzte seiner Art in Westeuropa. Die meisten Menschen auf dieser Hälfte des Kontinents können sich nicht mehr vorstellen, wie es ist, wenn einem anonyme Mächte die Welt der Kindheit zerstören. Mourinho kann das sehr wohl, und seine Frau Tami auch. Sie wuchs im heutigen Angola auf, und ihr Kleinmädchenreich zerbrach in einem Guerillakrieg gegen die portugiesischen Kolonialherren. Der Vater kämpfte in der portugiesischen Besatzungsarmee, bekam einen Schuss in den Rücken und wurde als Invalider verabschiedet. Als 1975 das neue Regime in Portugal seine Kolonien aufgab, musste die ganze Familie nach Lissabon ausfliegen.
Mit einem Wort, sowohl Mourinho wie seine Frau erfuhren schon früh im Leben, dass das Leben völlig unschuldiger Menschen durch geheime Gewalten verwüstet werden kann. Erfahrungen dieser Art erzeugen sehr leicht Verschwörungstheorien. So gibt es gewissermassen zwei Sorten von Staaten: die, wo man Verschwörungstheorien abtut (der Grossteil von Westeuropa), und die, wo man ihnen sehr wohl anhängt (die meisten armen Länder). So glauben viele Serben daran, dass es eine Verschwörung des Westens gab, Slobodan Milosevic in Den Haag zu ermorden. Fast überall in der arabischen Welt gilt es praktisch als Dogma, dass hinter dem Anschlag auf die Twin-Towers am 11. September die Juden stecken. Und viele Afrikaner sind überzeugt, dass Aids von westlichen Wissenschaftlern im Labor ausgekocht worden ist.
Eine Besonderheit der Verschwörungstheorien in Portugal ist, dass dort oft der Fussball im Zentrum eines vermuteten Komplotts steht. Zum Beispiel nehmen viele Portugiesen an, dass ihre Niederlage gegen Gastgeber Südkorea an der letzten WM geschoben war (und das könnte sogar stimmen). In einem Land, wo die zwei grössten Tageszeitungen beides Sportgazetten sind, ist eine solche Einstellung wohl nur logisch. Das zentrale Klischee zum Portugal der Salazar-Diktatur sind die drei F: Fatima (der Schrein, bei dem 1917 die Jungfrau Maria drei Bauernkindern erschien), der Fado und Futebol. Das mag trivial und stereotyp klingen, aber Mourinho selbst hat einmal gesagt, dass diese «drei F» sein Leben gut beschreiben. Der fromme Katholik, der die Fatima-Wallfahrt gleich mehrmals unternahm, wuchs mit dem Fussball auf. Sein Grossonkel finanzierte das Stadion von Vitória Setúbal, und vom Vater wurde Mourinho schon in der Kindheit zum besten Trainer der Welt gedrillt.
Analyst und Verschwörungstheoretiker
Mourinho war schon mit fünfzehn klar, dass er es nie zum Profifussballer bringen würde. «Wenn du einen Vater hast, Ex-Spitzenspieler», erklärt er in seinem fliessenden, aber auch sehr eigenen Englisch, «und dein Traum ist es, so zu sein wie er, aber du ahnst, dass du das nicht schaffst, dann gibt das eine ganz besondere Motivation. Ich wollte im Fussball wirklich gross werden. Und ich hatte das Gefühl, dass ich gute Voraussetzungen zum Trainer und Manager habe.»
Er war kaum ein Teenager, als ihn sein Vater, der damals ein Team der dritten Division Portugals trainierte, losschickte, um Spielanalysen von künftigen Gegnern auszuarbeiten. Später, beim Zweitligisten Setúbal FC, übertrug Félix Mourinho seinem Sohn die Oberaufsicht über die Balljungen, um so während des Spiels seiner Mannschaft taktische Anweisungen zu übermitteln. Auf dem Spielfeld brachte es José Mourinho gerade mal in die Reserve von Belenenses, dann studierte er Sportwissenschaft an der Universität von Lissabon. Er büffelte die Physiologie, Psychologie und Philosophie des Sports, ehe er sich drei Jahre lang als Turnlehrer verdingte. Auf die Frage, weshalb erfolglose Profifussballer so oft hervorragende Trainer werden, antwortete er einmal lakonisch: «Mehr Zeit zum Lernen.»
Trotzdem konnte man als gescheiterter Fussballer von Mitte zwanzig keinen gutdotierten Trainerjob an Land ziehen. Was Mourinho die Karriere bahnte, das waren seine Sprachkenntnisse. 1993 stellte Sporting Lissabon als Manager Bobby Robson an, der nichts ausser Englisch sprach. Als er am Flughafen eintraf, holte ihn dort sein junger Dolmetscher ab. Robson erzählte später: «Zwei Dinge fielen mir an José sofort auf: sein ausgezeichnetes Englisch u2013 und dass er verdammt gut aussah. Etwas zu gut für meinen Bedarf!» Als Robson später zu Barcelona wechselte, stellte er dem neuen Klub nur eine einzige Bedingung: dass er Mourinho mitbringen durfte.
José Mourinho - ein Portrait (2. Teil)
Verfasst: 20.04.2006, 10:50
von Ernesto
Im Februar dieses Jahres, als Chelsea auswärts gegen Barcelona spielte, trommelten katalanische Fans auf den Mannschaftsbus der Londoner und bedachten José Mourinho mit dem Schmähnamen «El traductor!». Er wird schrecklich wütend, wenn jemand behauptet, er sei bei Barça nichts als ein Übersetzer gewesen u2013 und in Wahrheit hat er dort ja recht bald viel mehr als das gemacht. Auch Robson entdeckte nämlich Mourinhos enormes analytisches Talent: «Da war dieser Bursche von Anfang dreissig, keinerlei Spielerfahrung, kaum je als Trainer gearbeitet, und der bringt mir Berichte über unseren nächsten Gegner, die ebenso gut sind wie alles, was ich bisher von den Spitzenprofis der Branche gekriegt habe.»
Danach überredete Robson sogar noch seinen Nachfolger Louis van Gaal dazu, Mourinho als Analysten zu behalten. Es war der ideale Job für einen Mann mit Mourinhos fussballerischem Denkansatz. Denn er hat nie den Ehrgeiz besessen, einen bestimmten Spielstil zu entwerfen. Vielmehr liegt sein Genie darin, die Schwachstellen des Gegners auszukundschaften und dann zu nutzen. Er selbst sagt es so: «Wenn du einen Ferrari fährst und ich einen Kleinwagen, und ich will dich im Rennen trotzdem schlagen, dann muss ich dir entweder eine Achse brechen oder Zucker in den Tank schütten.»
Seine Grundpfeiler
Ein typisches Beispiel war der Match zwischen Chelsea und Barcelona letztes Jahr in der Champions League. Im Hinspiel hatte Chelsea bei Barcelona 2:1 verloren. Für das Rückspiel in London rechnete jeder damit, dass sie defensiv beginnen würden, wie Mourinhos Teams das immer tun. Stattdessen überrumpelte man Barça, indem Chelsea mit vier Stürmern begann und praktisch alle Bälle über den rechten Flügel spielte, wo Barças van Bronckhorst verteidigte, der am Ball zwar ausgezeichnet ist, aber u2013 wie Mourinho erspäht hatte u2013 vor Zweikämpfen zurückscheut. Gleich zu Anfang des Spiels kamen Chelseas Spieler dreimal an van Bronckhorst vorbei. Und zwei ihrer Flanken wurden verwertet. Schon nach neunzehn Minuten führten sie 3:0. Mourinho hatte seinen alten Verein eliminiert.
Erkenntnisse dieser Art hatten Robson und van Gaal schwer beeindruckt. Mourinho seinerseits hat auch von ihnen gelernt (obwohl er das nie zugeben würde), und er nahm auch immer wieder an Trainerkursen teil, wo er unter anderem lernte, seine Spieler nie anzusprechen, wenn sie die Sonne im Gesicht haben. Im Jahr 2000 war er bereit für den ersten Posten als Cheftrainer. Zuerst bei Benfica Lissabon, dann bei União Leiria und schliesslich beim FC Porto, wo er zu wahrer Grösse heranwuchs.
Porto im Norden des Landes ist wunderschön am Atlantik und Rio Douro gelegen, doch die wichtigsten Bauten der Stadt sind Monstrositäten aus Beton. Unter Salazar flossen nämlich fast alle Investitionen nach Lissabon. Und da wir in Portugal sind, erstreckte sich die Diskriminierung gegen Porto natürlich auch auf den Fussball. In einer Geschichte aus dem Jahr 1940 verhaftete Salazars Geheimpolizei zwei Ungarn, die für Porto kickten, als Spione; einer wurde später hingerichtet.
Als Mourinho dort antrat, verkündete er, in der nächsten Saison werde er den Meistertitel gewinnen. Die Grundpfeiler seiner Methode waren abgesteckt, und sie lauteten:
«Lass keine Spielerstars zu, die schon grosse Pokale gewonnen haben. Arbeite stattdessen lieber mit etwas weniger talentierten, unbekannteren Fussballern, die aber ehrgeizig sind.»
«Bilde die Verteidigung zu einer beweglichen Wand aus: Wenn einer der Verteidiger nicht auf Position steht, muss dahinter sofort ein zweiter in die Bresche springen.»
«Ob fair oder unfair, tu alles, was es braucht, um zu gewinnen.»
«Verbringe mehr Zeit als jeder andere Trainer mit dem Auskundschaften deiner Gegner.»
Hunger und Gehorsam
Natürlich gewann Porto in seiner ersten Saison die Meisterschaft. Und den Uefa-Cup gleich noch dazu. Bevor die Mannschaft nach Sevilla zum Endspiel gegen Celtic flog, schickte Mourinho einen Bus voraus, der Computer und eine ganze Videothek mit von ihm selbst zusammengestellten Celtic-Studien transportierte. Im Finale gingen die Spieler vom FC Porto ständig zu Boden, um Freistösse und vor allem Zeit zu schinden. Es kam zur Verlängerung, die mit einem «Silver Goal» endete. Und Porto schoss es. Später enthüllte Mourinho, er habe sein Team ganz speziell in Taktiken für fünfzehn Minuten Verlängerung trainiert u2013 so was hat noch kein anderer Coach getan. Vielleicht ist Genie ja schlichtweg die Bereitschaft, härter als irgendwer sonst zu arbeiten.
Im nächsten Jahr, 2004, gewann der Verein die Champions League. Im Endspiel u2013 einem 3:0-Kantersieg über AS Monaco u2013 war eine klassische Mourinho-Vignette zu beobachten: Ehe der Trainer seinen Ersatzmann Dmitri Alenitschew aufs Feld schickte, gab er dem Russen an der Seitenlinie minutenlang Anweisungen, für die er einen Notizblock dabeihatte. Eine Viertelstunde später hatte Porto zwei Tore mehr. Bei der Pressekonferenz nach dem Finale redete Mourinho vor allem über sich selbst. Fair enough: Immerhin war er der jüngste Trainer, der die begehrteste Trophäe im europäischen Fussball je gewonnen hatte.
Chelsea, der reichste Klub der Welt, der vom reichsten Mann Europas, dem Russen Roman Abramowitsch, gesponsert wird, beschloss damals, ihn abzuwerben. Bei der Ankunft in London erklärte Mourinho auf einer Pressekonferenz (seinem natürlichen Biotop), er sei «etwas Besonderes».
Jetzt besass er ein unbegrenztes Budget. Seit Abramowitsch 2003 den Klub übernahm, hat Chelsea Hunderte von Millionen Pfund aufgewendet. Mourinho hätte ein unvergessliches Team zusammenstellen können. Der Russe reichte seinem neuen Trainer eine Liste mit Spitzenspielern und fragte ihn, welche davon er haben wollte. Keinen, antwortete Mourinho. «Wenn man sich die Lebensläufe der Chelsea-Spieler heute ansieht, klingen die ähnlich wie die der Jungs vom FC Porto, als ich dort anfing», erläuterte er das einmal. «Keiner von ihnen hat schon grosse Pokale gewonnen. Gut, wir haben zwei Europameister dabei, Claude Makelele und Paulo Ferreira. Aber englischer Champion ist zum Beispiel noch niemand geworden. Kaum einer kennt den Geschmack von grossen Siegen.» Er wollte seine Spieler so hungrig, dass sie ihr Ego dem Teamgeist opfern können.
Alle Schlüsselspieler des FC Chelsea waren allerdings schon da, bevor Mourinho kam. Seine Neuerwerbungen haben entweder wenig beeindruckt (Asier del Horno, Ricardo Carvalho und u2013 Mourinhos eigenwilligster Einkauf u2013 Didier Drogba, der 55 Millionen Franken kostete), sitzen auf der Bank (Shaun Wright-Phillips) oder wurden schon weiterverkauft (Tiago). Als Chelsea diesen März gegen Barcelona in der Champions League unterging, zeigte sich deutlich die inferiore Technik der meisten Spieler u2013 ein bizarres Manko beim reichsten Verein der Welt. Mourinho sucht eben nicht in erster Linie nach technischem Können aus, sondern nach Athletik und dem Willen zum Gehorsam.
José Mourinho - ein Portrait (3. Teil)
Verfasst: 20.04.2006, 10:51
von Ernesto
Gehorchen tun ihm seine Spieler ohne jeden Zweifel. Auch hier ist sein Aussehen ein zentraler Faktor. Denn Fussball ist eine sehr oberflächliche Branche, in der die Homoerotik nur so brodelt. Attraktive und gutgekleidete Männer werden bewundert. Hässliche Spieler werden verhöhnt, hässliche Trainer haben es schwer, an die Spitzenposten zu kommen. (Der Schweizer Christian Gross zum Beispiel ist zwar ein exzellenter Teamchef, aber dem Mann mit der Mönchsfrisur, dem schlechten Englisch und einer uncoolen Staatsangehörigkeit war zu prophezeien, dass er es bei Tottenham nicht lange machen würde, zumal er auf seiner ersten Pressekonferenz mit einem U-Bahn-Fahrschein in der Hand aufs Podium kam.)
Spieler wie Schulmädchen
Mourinho dagegen ist «etwas Besonderes». «Die Spieler sind verzweifelt bemüht, alles Erdenkliche zu tun, um seine Anerkennung zu gewinnen, wie Schulmädchen, die um einen wohlwollenden Seitenblick ihres Lieblingslehrers wetteifern», schreibt der Politologe David Runciman von der Cambridge University in der London Review of Books. «Mourinho hat erkannt, dass es auch zum Trainerjob gehört, seiner Mannschaft das Publikum zu verschaffen, das sie für Bestleistungen eben braucht.»
Auch die Werbebranche honoriert sein gutes Aussehen. Mourinho kriegt die Sorte Verträge, die üblicherweise für Starspieler reserviert sind: So ist er etwa das Gesicht von American Express in Europa und Asien. Was seine weiblichen Fans angeht, bemerkte kürzlich ein Freund von mir, der das sowohl von der Ehefrau wie von der Geliebten kennt: «Wenn man mit Frauen fernsieht und Mourinho kommt ins Bild, verstummen die augenblicklich.»
Keinen Gefallen an ihm finden jedoch die meisten Fussballfans. Zum Teil liegt das daran, dass Chelseas Siege keinerlei Stil haben, während die früheren Favoriten Manchester United und Arsenal glorreiche Angriffschlachten boten. Zum Teil ist es auch Chelseas Reichtum (Mourinho selbst streicht knapp 12 Millionen Franken pro Jahr ein, mehr als jeder seiner Spielern). Aber wohl am meisten nervt an Mourinho der bereits erwähnte Verfolgungswahn. Hier ein paar Beispiele seiner paranoiden Anschuldigungen:
- Arsenal kontrolliere den Spielplan der Premier League und sorge dafür, dass Chelsea einen harten Zeitplan hat. («Ist etwa José Mourinho der Einzige, der sich diese Paarungen ansieht und sie etwas merkwürdig findet?»)
- Sky Television habe das Foul von Michael Essien gegen Liverpools Dietmar Hamann in hundertfacher Wiederholung gesendet, weil man dort Chelsea hasst und Essien suspendiert sehen möchte.
- Überhaupt hasse ganz England den FC Chelsea: «Wenn wir mal verlieren, ist das ein Nationalfeiertag.»
- Beim Match Barcelona u2013 Chelsea 2005 habe Barcelona-Trainer Frank Rijkaard zur Halbzeit die Kabine von Schiedsrichter Anders Frisk betreten und diesen dazu gebracht, in der zweiten Halbzeit Drogba auszuschliessen. (Nachdem Mourinho diese Behauptung aufgestellt hatte, bekam Frisk dermassen viele Morddrohungen von Chelsea-Fans, dass er sich aus dem Fussball zurückzog.)
Die Katastrophe
Und so weiter, Woche für Woche. Natürlich tragen die britischen Medien daran eine Mitschuld, weil sie diesen Quatsch überhaupt bringen. Natürlich bringt Mourinho diese Verschwörungstheorien auch deshalb aufs Tapet, um seine Spieler zusammenzuschweissen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, sie stünden allein gegen den Rest der Welt. (Viele Fussballer sind blöd genug, einem so etwas abzunehmen.)
Leider bekommt man aber den Eindruck, dass er selbst an diese Verschwörungen glaubt. Ein Teil des Problems liegt wohl darin, dass José Mourinho wie ein Sechsjähriger kaum je die Erfahrung des Verlierens gemacht hat. Und wenn er dann doch einmal verliert, weiss er sich nicht zu beherrschen.
Doch selbst wenn er gewinnt, bleibt ein schaler Geschmack zurück. Ein typischer Ablauf: José Mourinho streitet sich mit dem Arsenal-Trainer Arsène Wenger. Mourinho schickt Wenger eine Weihnachtskarte zur Versöhnung. Wenger antwortet ihm nicht. Daraufhin kündigt Mourinho öffentlich die Gesprächsbasis mit Wenger auf.
Nicht besser ist sein Einfluss auf die Spieler. Michael Essien u2013 der während seiner Zeit in Frankreich ein gefeierter Star war u2013 wurde unter Mourinho zur Fussballvariante des Profikillers. Und kürzlich gestand seine Kreatur Didier Drogba: «Manchmal mach ich eine Schwalbe, manchmal bleib ich stehen.» (Nun gelten im englischen Fussball, wo sich noch ein kleiner Restbegriff von Fairplay erhalten hat, Schwalben als echte Todsünde.)
Es steht zu bezweifeln, dass Abramowitsch sich wirklich ein solches Image zulegen will. Zu Beginn der Saison wurde bekannt, dass der Oligarch mehrere Russen nach London geschickt hat, um mit Spielern und Betreuern von Chelsea zu sprechen und herauszubekommen, ob alles in Ordnung sei. Das Scheitern in der Champions League dürfte sein Vertrauen nicht eben gestärkt haben. Doch vorderhand bleibt Mourinho der Trainer von Chelsea. Und solange man daran glaubt, dass es im Fussball noch um andere Dinge als um Tabellenplätze geht, ist dieser Verein, der mit Rohstoffgewinnen auf Kosten der einfachen Leute in Russland finanziert und von einem Paranoiker geleitet wird, eine Katastrophe.
Verfasst: 20.04.2006, 14:15
von Gonzo
Ernesto hat geschrieben:Weltwoche -- 16/2006
Play, boy
Sau guete Artikel. Sött me jedem BaZ Sport Journi jede Morge lut vorlese! Pflichttermin - keini Usnahme!
Verfasst: 20.04.2006, 14:16
von Gevatter Rhein
Top-Artikel. Merci fürs Inestelle Ernesto.
Verfasst: 20.04.2006, 14:26
von maldini
super artikel vomene guete autor, simon kuper...schriibt immer wider wenn wichtigi events aastöhn, gueti artikel über fuessball. het au scho zwäi biecher usegä: Football Against The Enemy und Ajax, The Dutch, The War...
Verfasst: 20.04.2006, 14:38
von reto
Gonzo hat geschrieben:Sau guete Artikel. Sött me jedem BaZ Sport Journi jede Morge lut vorlese! Pflichttermin - keini Usnahme!
ein wirklich guter artikel.
so etwas aber von der baz zu verlangen, naja. da steckt wochenlange recherche und arbeit dahinter. dafür reicht die zeit eines sportjournalisten bei einer tageszeitung eher nicht, sich während wochen nur auf ein thema zu fokussieren, würd ich jetzt mal so behaupten.
Verfasst: 20.04.2006, 14:42
von Gevatter Rhein
Wochenlange Recherche? Sorry kann ich nicht ernstnehmen.
Ausserdem gehts eher um die Art und Weise (fundiert) sowie um die Qualität (Fachwissen, Wahrheitsgehalt). Oder anders gesagt, ein Marcel Rohr könnte ein Jahr für einen Artikel bekommen, und würde keine 10% dieser Qualität hinbekommen.
Verfasst: 20.04.2006, 14:52
von Fenta
Gevatter Rhein hat geschrieben:Wochenlange Recherche? Sorry kann ich nicht ernstnehmen.
Ausserdem gehts eher um die Art und Weise (fundiert) sowie um die Qualität (Fachwissen, Wahrheitsgehalt). Oder anders gesagt, ein Marcel Rohr könnte ein Jahr für einen Artikel bekommen, und würde keine 10% dieser Qualität hinbekommen.
Wie wahr und leider ist einer der besseren Journalisten fest beim FCB angestellt...