Hammer Interview mit Adjetey - scheint ein super cooler geerdeter Typ zu sein. Hoffentlich haben wir noch lange Freude an Ihm.
Habe hier das ganze Interview aus der BAZ für Euch rauskopiert.
«David Degen ist wie ein Vater für mich»Jonas Adjetey (20) ist seit April nicht mehr aus der Abwehr des FC Basel wegzudenken. Warum er ein Künstler ist – und weshalb ihn der FCB schockiert hat.
Oliver Gut,
Linus Schauffert
Publiziert heute um 19:03 Uhr

Ist der Mittelpunkt der Basler Dreier-Fünfer-Abwehrkette: Jonas Adjetey.
Foto: Marc Schumacher (Freshfocus)
Jonas Adjetey, seit fast einem halben Jahr warten wir auf ein Interview mit Ihnen. War Ihnen das bewusst?
Ich habe bereits im Trainingslager in Seefeld vom Club erfahren, dass die ersten Anfragen gekommen sind.
Bevor ich zuletzt in die Nationalmannschaft ging, hiess es dann, dass mein erster Interviewtermin tatsächlich anstehe.
Weshalb gingen Sie nicht früher vor die Medien?
Der Club und ich haben abgewogen, wann der richtige Zeitpunkt sein würde. Wir kamen zum Schluss, dass es erst jetzt ist. Der Club hat mir gesagt, dass er seine jungen Spieler möglichst lange schützt – und das finde ich total okay.
Sind Sie nervös?
Einen ersten medialen Auftritt hatte ich ja bereits in Sitten nach dem Spiel. Da war ich etwas nervös, ja. Aber ich habe gemerkt, dass es gar nicht so ein riesiges Ding ist. Daher geht es jetzt gut mit der Nervosität.
Durch Ihre ausbleibende mediale Präsenz sind Sie fast schon zu einem Mythos geworden. Klären Sie uns auf. Wer sind Sie?
Ich bin ein junger Spieler, der seine Fussballkarriere in Ghana gestartet hat. Dort habe ich einige Spiele mit Club und Nationalmannschaft bestritten, bevor mir der Sprung in die Schweiz gelang. Als Person bin ich eher ruhig und zurückhaltend. Aber ich weiss, was ich will und wie ich es erreichen kann.

«Wenn er mich als Soldat bezeichnen will, ist das für mich in Ordnung»: Jonas Adjetey über FCB-Trainer Fabio Celestini.
Foto: Marc Schumacher (Freshfocus)
Sind Sie auch ein Soldat, wie Ihr Trainer Fabio Celestini oft sagte, wenn er von Ihnen sprach?
Er ist der Trainer und sieht mehr als ich. Meine Aufgabe ist einfach, stets 120 Prozent zu geben. Das Weitere überlasse ich dem Trainerteam. Wenn Fabio Celestini mich als Soldat bezeichnet, ist das für mich in Ordnung. Ich weiss ja, wie er den Ausdruck meint.
Trotz Ihrer Position als Innenverteidiger und dem Beinamen Soldat haben Sie in 20 Profispielen für den FC Basel nur zwei Gelbe Karten geholt. Wie geht das?
Viele Leute glauben, dass ein Innenverteidiger viele Verwarnungen fast schon zwangsweise holen muss, weil es seine Aufgabe ist, das Tor um jeden Preis zu verteidigen. Teilweise ist das richtig. Aber wenn das Team als Einheit gut funktioniert, gibt es weniger Situationen, in denen man ein Foul begehen muss. Und das war bei uns zuletzt der Fall.
Es hat sicherlich auch etwas mit individueller Qualität zu tun. Mit gutem Timing und Disziplin.
Nicht unbedingt. Es hängt wie gesagt auch viel vom Team ab. Zudem ist es ein Einfaches, Gelbe Karten aufgrund von Disziplinlosigkeiten zu vermeiden. Ob er Gelb zückt oder nicht, liegt im Ermessen des Schiedsrichters. Das Beste nach einem Foul ist es immer, ruhig zu bleiben und schnellstmöglich die Position wieder einzunehmen, besonders als Innenverteidiger.

«Das Beste nach einem Foul ist es immer, ruhig zu bleiben und die Position einzunehmen, besonders als Innenverteidiger.»
Foto: Marc Schumacher (Freshfocus)
Wenn Sie über Fussball als Kunst nachdenken, kommen den meisten Leuten wohl Offensivaktionen in den Sinn. Ist für Sie Verteidigen gleichermassen eine Kunst?
Auf jeden Fall. Denn zum Verteidigen gehört so viel. Man muss vor jeder Intervention genau nachdenken, die Spielsituation analysieren und die richtige Entscheidung für ein Tackling treffen. Verteidigen ist genauso komplex wie angreifen.
Sind Sie schon ein Meisterkünstler?
Nein, ich habe noch viel zu lernen. Ich schaue mir Spieler an, die besser sind als ich, und versuche, etwas mitzunehmen.
Wer sind Ihre Vorbilder?
Zum Beispiel William Saliba, Virgil van Dijk oder Dayot Upamecano. Zu diesen dreien schaue ich hoch und studiere sie.
Wie gehen Sie bei Ihrer Studie vor?
Neben den Analysen meiner eigenen Spiele schaue ich mir in meiner Freizeit oft Spiele der Topclubs an und beobachte genau, was die Spieler machen. Auch von Ruben Dias habe ich mir viel angesehen. So versuche ich, jeden Tag etwas Neues zu lernen.
Studieren Sie auch Ihre Gegner in der Super League?
Ja, da hilft uns der Staff dabei. Er erklärt uns die Qualitäten der Gegner und wie wir uns in den jeweiligen Situationen verhalten sollten.
Was ist das Geheimnis Ihres Abwehrspiels?
Das kann ich so nicht beantworten. Aber zentral ist: Wenn ich einem Gegner direkt gegenüberstehe, liegt mein Fokus nur auf dem Ball. Denn den Körper kann er bewegen, wie er will, doch wenn man nur den Ball ansieht, hat man die beste Chance, zwischen ihn und den Gegner zu kommen. Meine Ansicht ist: Der Innenverteidiger ist wie ein Sicherheitsbeamter. Er muss sich darum kümmern, dass niemand vorbeikommt. Dafür tue ich alles.
Junge Fussballer wollen oft den Ball in den Füssen haben und Tore schiessen. Gefällt es Ihnen besser, den Ball zu erobern oder ihn zu haben?
Ihn zu erobern und ihn dann zu haben. (lacht)
Im letzten Heimspiel gegen Yverdon hatte man den Eindruck, Sie trauen sich mehr zu mit dem Ball am Fuss als noch in den Spielen davor.
Ja, ich habe aus diesem Spiel auch noch eine Szene im Kopf, als ich mich nach vorn anbot und dann mit dem Ball am Fuss gelaufen bin. Das ist schon etwas, auf das ich den Fokus lege. Aber darüber hinaus gibt es unzählige weitere Dinge, in denen ich mich noch verbessern muss.
Legen Sie dafür auch Extraschichten ein?
Ja, das tue ich. Hauptsächlich im defensiven Bereich, aber hin und wieder liegt der Fokus auch auf dem Spiel mit dem Ball.
Seit dem 2:0 gegen Lausanne-Ouchy am 6. April haben Sie in der Liga keine einzige Minute verpasst. Was macht Sie besser als die Konkurrenten, die Sie auf Ihrer Position haben?
Ich sehe es so: Beim FC Basel haben wir ein hohes Niveau, und alle Spieler sind beinahe gleich gut. Ich habe ganz einfach die Chance genutzt, die sich mir auch aufgrund der Verletzungen von Mitspielern geboten hat.
Demnach haben Sie Ihre jetzige Stellung in erster Linie Ihrer Mentalität zu verdanken.
Zu einem grossen Teil bestimmt. Man muss immer bereit sein, denn man weiss nie, wann die Chance kommt. Vor meinem Sprung in die Stammelf spielte ich bei der U-21 und bereitete mich auf genau diesen Moment vor. Man muss das machen, was von einem erwartet wird. Und das sehr gut – vor allem, wenn es darauf ankommt.
Hat es Sie überrascht, dass Sie seit April kein Spiel mehr verpassten?
Ja, ein wenig. Aber dann auch wieder nicht. Denn es war ja das, worauf ich mich die ganze Zeit vorbereitet hatte. Ich wusste, dass meine Zeit irgendwann kommen würde.
Mittlerweile sind Sie auch auf dem internationalen Markt gefragt. Zu einem Transfer kam es in diesem Sommer aber nicht. Stattdessen verlängerten Sie beim FCB Ihren Vertrag bis 2028. Haben Sie solche Angebote bereits in diesem Sommer erwartet?
Ich habe nicht vorhergesehen, dass internationale Clubs Interesse an mir zeigen würden. In diesem Sommer hiess es plötzlich, dass ein paar Clubs an mir interessiert seien. Das war eine spannende Erfahrung.
Was für Clubs waren es denn?
Tatsächlich weiss ich das nicht genau, da mein Berater sich um diese Dinge kümmert.
Weshalb kam es nicht zu einem Transfer?
In erster Linie, weil ich mich hier sehr wohlfühle. Mein Plan war es von vornherein, noch eine Zeit lang beim FCB zu bleiben. Der Zeitpunkt für einen Wechsel wäre zu früh gewesen, da ich ja gar nicht so viele Einsätze hatte. Zuerst brauche ich noch Spielminuten und Erfahrung, und der FCB ist ein Club, bei dem man sich hervorragend entwickeln kann.
Wenn Sie sich aussuchen könnten, wie Ihre Karriere von diesem Zeitpunkt an verläuft, was wären die nächsten Schritte und bei welchem Verein würden Sie Ihre Karriere beenden wollen?
Zuerst möchte ich festhalten: Ich danke Gott, dass ich jetzt hier bin. Der FC Basel ist ein super Club, und ich liebe es hier. Ich schätze das Umfeld sehr, das für mich geschaffen wurde und wie man sich sofort um mich kümmerte. Aber könnte ich es mir wirklich aussuchen, würde ich vielleicht zwei Jahre hierbleiben und dann in eine grössere Liga wechseln. Bayer Leverkusen wäre beispielsweise ein Verein, der mir vorschwebt, denn auch dort kann man sich gut weiterentwickeln. Schon seit einiger Zeit höre ich immer wieder, dass mein Spielstil in die Bundesliga passen würde. Nach einer Zeit in Deutschland könnte ich mir auch vorstellen, in der Serie A zu spielen. Und vielleicht komme ich ja dann nach Basel zurück, um meine Karriere zu beenden.
Warum ist die Premier League nicht in Ihrem Plan?
Das ist einmal eine Auslegeordnung und aktuell gerade weit weg. Wenn eines Tages ein Angebot aus England kommt, schliesse ich das natürlich nicht aus.
Es heisst, David Degen hätte sich im Sommer 2022 besonders um Ihre Verpflichtung bemüht. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?
Er ist in erster Linie der Präsident des Clubs. Aber für mich ist David Degen wie ein Vater. Denn er war derjenige, der sich mir nach meiner Ankunft angenommen hat. Er ist immer da, wenn ich ihn brauche, und bot mir sofort an, dass ich jederzeit auf ihn zukommen könnte.
Nutzen Sie dieses Angebot regelmässig?
Zu Beginn öfter als jetzt.
Wer kümmert sich jetzt um Sie?
Meine Familie ist nicht hier, aber der Club kümmert sich so gut um mich, dass ich ihn beinahe als meine Ersatzfamilie bezeichnen würde. Nach dem Training gehe ich fast immer nach Hause, ruhe mich aus und esse etwas. Nach draussen gehe ich gar nicht so viel. Daher komme ich auch gut allein zurecht.
Fühlen Sie sich zuweilen nicht einsam?
Nein, denn das ist, was ich mein ganzes Leben lang gemacht habe. Auch in Ghana bin ich nach dem Training nach Hause gegangen, habe gegessen und habe geschlafen. Das war der Tagesablauf. Hin und wieder treffe ich mich mit Emmanuel Essiam, den ich schon lange kenne. Und ich telefoniere täglich mit meiner Familie.
Sie wuchsen in Accra auf und begannen dort Fussball zu spielen. Was hat Ihnen der Fussball in jungen Jahren bedeutet?
Ich habe es immer geliebt, Fussball zu spielen. Mein Vater ist früh verstorben, aber meiner Mutter war es immer wichtig, dass ich in die Schule gehe. Mit etwa 16 Jahren, damals spielte ich für einen kleinen Quartierverein in Accra, bot sich mir die Möglichkeit, in die zweite Mannschaft von Berekum Chelsea zu wechseln, weil ein Scout auf mich aufmerksam wurde. Also mussten wir die Entscheidung treffen, ob ich auf die Karte Fussball setze und die Schule hinten anstehen muss. Ein paar Verantwortliche haben mit meiner Mutter gesprochen und konnten sie davon überzeugen. Von diesem Punkt an habe ich jeden Tag alles für den Fussball getan.
Sie sagten, Sie hätten Ihren Vater verloren.
Ja. Das Leben war hart. Aber meine Mutter hat alles für meine kleine Schwester und mich getan. Die Umstände waren schwierig, unsere Mutter musste jeweils zusehen, dass wir immer etwas auf dem Tisch hatten. Sie hatte mehrere Jobs, war Verkäuferin in einem Laden und Köchin. Aber sie hatte immer ein Auge auf mich und schaute zu, dass ich in die Schule ging.
Sind Sie bereits in der Situation, in der Sie Ihre Familie in Ghana unterstützen können?
Ja, ich versuche mein Bestes, damit sie alles bekommen, was sie wollen. Denn das Kümmern um meine Familie hat für mich oberste Priorität. Jetzt bin ich der ältere Bruder und der älteste Sohn. Ich tue heute das, wofür mein Vater eigentlich da gewesen wäre.
Denken Sie, diese Vergangenheit verstärkt die Wertschätzung, die Sie gegenüber der Möglichkeit beim FC Basel haben?
Auf jeden Fall. Dafür danke ich Gott. Denn er hat etwas Grosses bewirkt in meinem Leben. Es hilft auch dabei, mit beiden Füssen auf dem Boden zu bleiben. Denn meine Familie ist alles für mich. Wenn sie glücklich sind, bin ich es auch.
Können Sie den Erfolg, den Sie haben, geniessen und auch mal entspannen?
Im Fussball geht es immer weiter. Es geht mal hoch, mal runter. Daher ist es für mich keine Situation, in der ich entspannen kann. Ich will alles geben, bis ich sehe, dass meine Beine und meine Hände nicht mehr weitermachen können. Dann kann ich mich zurücklehnen und sehen, was ich erreicht habe, dass ich meiner Mutter und meiner Schwester ein Lächeln ins Gesicht gezaubert habe. Irgendwann Mitte vierzig. (lacht)

«Ich muss alles geben, bis ich sehe, dass meine Beine und meine Hände nicht mehr weitermachen können.» Jonas Adjetey sagt, Entspannung habe in seinem Fussballerleben keinen Platz.
Foto: Georgios Kefalas (Keystone)
Die Geschichte von Ihrer Entdeckung durch David Degen und Philipp Kaufmann wurde schon mehrfach erzählt. Schildern Sie doch aus Ihrer Perspektive, wie Sie die erste Kontaktaufnahme des FC Basel erlebt haben.
Ich hatte keine Ahnung davon, dass die beiden bereits im Herbst 2021 in Ghana waren. Im Sommer 2023 spielte ich mit der ghanaischen U-Nationalmannschaft ein Turnier in Marseille. Danach machte ich mir meine Gedanken und ahnte, dass wohl etwas von einem europäischen Club kommen könnte. Plötzlich rief mich mein Berater an und sagte mir, man hätte meinen Flug geändert. Anstatt zurück nach Ghana zu fliegen, flog ich nach Basel.
Wie war diese Nachricht für Sie?
Ich war komplett geschockt. Ich hatte vom FCB bereits gehört, wusste beispielsweise, dass sie schon oft in der Champions League gespielt hatten. Aber ich startete sogleich eine Google-Suche. Und ich dachte mir: Wow, das ist ein grosser Club. Ich war so erstarrt, dass ich einfach in meinem Zimmer blieb. So etwas Riesiges hatte ich nicht erwartet.
Was wussten Sie damals schon über den FC Basel?
Ich habe mir ein paar Spiele auf Youtube angesehen, und in einem davon erzielte Taulant Xhaka gegen YB ein Traumtor. Das war der Moment, an dem ich erfuhr, dass Granit Xhaka einen älteren Bruder hat. Ich habe sofort einem Freund geschrieben und ihm erzählt, dass ich mit einem Xhaka zusammen spielen werde.
Wie erlebten Sie die ersten Tage in Basel?
Wir mussten gleich nach meiner Ankunft an den Tegernsee aufbrechen, daher habe ich vorerst nicht viel von der Stadt und vom Trainingsgelände beim Joggeli gesehen. Ich habe mich sehr gefreut, aber es war auch mit ein wenig Angst verbunden. Gerade wenn man die grossen Spieler sieht. Aber sie waren alle sehr offen und haben mich unterstützt.
Wie sieht es aus mit Deutschstunden?
Als ich kam, nahm ich einige Stunden. Mittlerweile hat sich das aber aufgelöst. Aber ich lerne von meinen Mitspielern und kann mich einigermassen verständigen. Ich habe schon Fortschritte gemacht.
Bestellen Sie in der Stadt auf Deutsch?
Ich gehe ja kaum in die Stadt. Aber ja, dann versuche ich, auf Deutsch zu bestellen. Ich habe aber Respekt davor, dass ich mich im Ton vergreife.
Obwohl Sie kaum in die Stadt gehen, hat man Sie doch an der Fasnacht gesehen.
Das war tatsächlich eines der wenigen Male, dass ich da war. Ich hatte Probleme mit meiner Kreditkarte und hatte deshalb einen Termin auf der Bank. Und als ich die Leute und den Cortège sah, konnte ich nicht anders, als stehen zu bleiben und mir das Ganze einen Moment lang anzusehen. Und wissen Sie, was?
Nein.
Das war das allererste Mal, dass ich in der Stadt war!