14. November 2006 spiegel.de
RASSISMUS-VORWÜRFE
"Ich werde jede Woche bepöbelt"
Die Tätlichkeit eines nigerianischen Spielers hat neue Rassismus-Diskussionen in der Oberliga Nordost ausgelöst - angeblich waren dem Faustschlag Beleidigungen wie "Nigger" vorausgegangen. Der gegnerische Verein wirft dem Spieler vor, seine Rolle zu inszenieren.
Hamburg - Wenn der FC Sachsen Leipzig heute Abend in der Oberliga Nordost/Staffel Süd bei Spitzenreiter Energie Cottbus II antritt, wird Abwehrchef Adebowale Ogungbure fehlen. Das Sportgericht des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) hat den 25-Jährigen vorläufig gesperrt, weil er am vergangenen Freitag seinen Gegenspieler Andriy Zapishnyi vom VFC Plauen geschlagen hat. Leipzig verlor die Partie 0:1.
Doch damit ist der Fall nicht abgeschlossen - denn Ogungbure behauptet in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung, dass ihn Zapishnyi beim Spiel in Plauen immer wieder als "Nigger" und "Bimbo" und die Familie des Nigerianers als "Affen" beleidigt haben soll. Deshalb habe er nach dem Abpfiff die Kontrolle verloren und zugeschlagen. Jens Ellinger, Geschäftsführer des FC Sachsen, sagte SPIEGEL ONLINE, dass ein Mitspieler von Ogungbure "entsprechende Äußerungen" gehört habe und dies in einer eidesstattlichen Erklärung bestätigen werde.
Der Ukrainer Zapishnyi streitet laut "Bild" dagegen jede Beleidigung ab. Sein Verein geht noch weiter. In einer offiziellen Erklärung, die auch auf der Homepage des Clubs nachzulesen ist, heißt es: "Aus Sicht des VFC Plauen e.V. ist es nicht mehr hinnehmbar, dass der Spieler Adebowale Ogungbure ganz offensichtlich versucht, eigenes Fehlverhalten durch Inszenierung einer vermeintlichen Märtyrerrolle zu rechtfertigen." Die Plauener haben dem NOFV einen Sonderbericht geschickt, in dem sie alle Rassismus-Vorwürfe zurückweisen und Ogungbure zudem vorwerfen, Plauener Zuschauer und Spieler beschimpft zu haben.
Ein Sprecher des NOFV wollte die Ereignisse auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE nicht kommentieren und verwies auf die anstehende Hauptverhandlung des Verbands-Sportgerichts. Der Termin ist noch offen. In den kommenden Tagen wird beim NOFV zudem entschieden, ob auch gegen Zapishnyi ermittelt wird.
Ogungbure war in diesem Jahr zweimal Opfer rassistischer Angriffe. Während der Partie beim Halleschen FC im März hatte er nach Beleidigungen durch gegnerische Anhänger diesen den Hitler-Gruß gezeigt. Bei einer erneuten Begegnung gegen Halle im Oktober in Leipzig kam es erneut zu Zuschauer-Beleidigungen gegen den Nigerianer, worauf der NOFV Halle zu einem Heimspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit verurteilte.