Die WM-Torhüter (IV)
Pascal Zuberbühler
Zum Zusammenzug der Nationalmannschaft rückt er mit einem T-Shirt ein, auf dem steht: «The Rock». Er meint es nicht ironisch. Pascal Zuberbühler, die Nummer 1 im Schweizer Tor, ist ein grosser Mann mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein. Sein Hunger nach Erfolg ist schier unstillbar, sein Ehrgeiz touchiert die Grenze zur Verbissenheit. Das wäre kein Problem - würde er es nicht so deutlich zum Ausdruck bringen. Wer eine grosse Klappe schwingt, hat es hierzulande nicht leicht. Wer, wie Zuberbühler, offen sagt, dass er sich gerne exponiert und «etwas Spezielles» sein möchte, wird mit Argusaugen beobachtet. Und beim ersten Griff neben den Ball kollektiv und hohnlachend in die Durchschnittlichkeit zurückgezerrt.
Pascal Zuberbühler ist ein solider Goalie, der - wie alle anderen - gelegentlich Fehler macht. Sowohl sein Trainer im FC Basel, Christian Gross, wie der Nationalmannschaftscoach Köbi Kuhn halten dem 35-Jährigen unbeirrt den Rücken frei. Hinter seinem Aufstieg steht harte Arbeit. Der Ostschweizer wechselte erst im Alter von 15 Jahren von der Leichtathletik zum FC Frauenfeld. Ganz konnte er sich dem Sport aber nicht widmen; die Eltern bestanden auf dem Lehrabschluss als Bauspengler und Sanitärinstallateur. Zuberbühler stand um halb sechs Uhr auf, schuftete auf dem Bau, eilte ins Training und erledigte am Abend die Hausaufgaben. Der zähe Einsatz brachte ihn 1992 zum GC, 1999 ein erstes Mal zum FC Basel und nach einem Schlenker über Leverkusen und Aarau 2001 ein zweites Mal. Zehn Jahre lang harrte er im Nationalteam auf der Ersatzbank aus, musste Marco Pascolo, Stephan Lehmann und Jörg Stiel den Vortritt lassen, bevor er nach der EM 2004 endlich der Hüter der Nation wurde.
Der Keeper sagt, die Balance auf dem schmalen Grat zwischen Held und Versager sporne ihn an. Doch er erträgt den Absturz schlecht. Pascal Zuberbühler verfügt weder über die Leichtigkeit des grossen Talents noch die Gelassenheit des wahren Champions. Er ist ein Büezer, der gereizt reagiert, wenn man seine Arbeit in Frage stellt, und massregelt, wer ihn kritisiert. Ein typischer Schweizer eben.
Christine Steffen
quelle:
http://www.nzz.ch/2006/04/27/sp/articleE2NWZ.html