Konter hat geschrieben:Je länger, denn mehr bin ich entschieden gegen Geisterspiele. Es ist schon krass wie sehr man sich verbiegen muss, damit die Geldgeber ihr Kackprodukt im Fernseher zeigen dürfen.
Ich finde da denkst du ein wenig zu kurz. Was ist denn die Alternative? Abbruch? Ist es denn fair (also ein Punkt der nichts mit Geld zu tun hat) wenn man nun Meister und Absteiger nach 3/4 gespielter Meisterschaft festlegt? So geschehen in Belgien und Schottland. Zack, ihr wart im März auf dem letzten Platz, ihr seid jetzt eine Liga tiefer.
Dabei ist es jetzt Zeit, diese Entwicklung endlich hinter uns zu lassen und den Fussball als mehr oder weniger reines Marketing von Produkten hinter uns zu lassen. Ich meine ist es zu fassen?! Der Ball ruht für 2 Monate und alles geht bachab und der Bund muss in der vergleichsweise kleinen Schweizer Liga 200 Mio. Franken Kredit geben.
Schlussendlich muss man akzeptieren, dass Fussballclubs private Unternehmen sind. Auch viele anderen Unternehmen hatten Mühe mit der Krise und der Liquidität. Insofern sehe ich keinen Grund hier speziell auf die Fussballclubs zu zeigen. Es macht für Unternehmen schlichtweg keinen Sinn Reserven für Einnahmeausfälle von mehreren Monaten anzuhäufen. Das ist parkiertes Kapitel, welches niemandem nützt. Natürlich sollte man einige Reserven für den Notfall haben.
Übrigens heisst es auch nicht, dass die 200 Mio. genutzt werden. Das ist einfach mal ein Angebot.
Uns war praktisch allen in den letzten 10 Jahren klar, dass diese Entwicklung des Fussballs mit dem toxischen und hochdynamischen aber instabilen Spekulationsmarkt, der vor allem in den letzten 5 Jahren völlig absurde Transfersummen generiert hat, mittel- und langfristig nicht tragbar ist.
Die Transfersummen bilden sich aus Angebot und Nachfrage. Scheinbar waren die Transfersummen tragbar, sonst wären sie nicht bezahlt worden. Besteht keine Nachfrage, wird man auch sein Angebot nicht zu einem überhöhten Preis los (z.B. wird Madrid Bale nicht mehr los). Viele Vereine konnten ihre Schulden reduzieren bzw. auf ein verträgliches Niveau senken im Vergleich zu den Einnahmen. Zudem gibt es "Schulden" und "Schulden", z.B. Hypotheken wie es Privatpersonen haben oder einfach Verbindlichkeiten von Ratenzahlungen.
Worauf ich hinaus will: Offenbar hat der Wachstum funktioniert. Summen stiegen, Einnahmen stiegen, Vereine konnten sich teure Transfers leisten.
Ich sehe zwei heikle Punkte.
1. Um sich dies zu leisten muss man mehr Ertrag erwirtschaften. Wenn dies auf dem Buckel der Fans passiert, ist das keine gute Entwicklung. Da kann ich jetzt keine faktenbasierte Aussage machen. Aus meiner Wahrnehmung haben die Top-Clubs in Europa aber eher versucht, neue Märkte zu erschliessen, anstatt die bestehenden Fans zu melken. Aber wie gesagt, dazu kann ich keine objektive Aussage machen.
2. Können Scheiche und Mäzene Geld hereinpumpen und den Wettbewerb verfälschen. Hier gibt es aus meiner Sicht einige Werkzeuge dies zu verhindern. Die Bundesliga kennt die 50+1 (oder so) Regel, die UEFA das Financial Fairpaly. Letzteres finde ich auf dem Papier ein gutes Mittel. In der Umsetzung harzt es ein wenig, teilweise sind die Strafen zu lasch, teilweise kommen die Clubs aufgrund Beziehungen um die Strafe herum. Das ist nicht gut.
Aber wie in jeder kapitalistischen Krise, statt dass man innovativ neue Wege sucht, klammert man sich (vor allem die Gewinner des jetzigen Systems) an den etablierten Strukturen und versucht, es krankhaft am Leben zu erhalten und das meist auf Kosten der Allgemeinheit, der Öffentlichkeit, dem Staat.
Was ist denn für dich ein innovativer Weg? Wie wäre es mit konkreten Vorschlägen? Ist e-Sport innovativ?
Ich finde nämlich deine negative Auflistung ist eine ziemlich lösungsorientierte Problemlösung für den Moment(!)
Kein Abklatschen, kein gemeinsamer Jubel, kein Auflaufen, keine intensiven Momente vor dem Spiel in der Kabine. Die Spieler werden zu noch seelenloseren Robotern degradiert, als es die rasante Hochprofessionalisierung der letzten 30 Jahre ohnehin schon getan hat.
Man hat sich lösungsorientiert an die Auflagen der Behörden angepasst. Das ist vielleicht nicht gerade "innovativ", aber geht zumindest in die Richtung.
In der Schweiz sucht man zudem eine Lösung in der Verbindung von Fernsehübertragungen und Saisonkartenbesitzern. Auch das finde ich zumindest "lösungsorientiert", eine Vorstufe zu innovativ.
Wie immer nach dem Motto die Gewinne für die Privaten und die Kosten für die Allgemeinheit.
Puh, da packst du jetzt aber die Populismus Keule deiner politische Gesinnung aus. Das hat hier eigentlich nichts verloren, schade.
Ein paar sachliche Fragen zu den Kosten für die Allgemeinheit:
Bezahlt der Bund (=die Allgemeinheit) Geld welches er nicht mehr sieht oder handelt es sich um Kredite?
Leiht der Bund Staatsgeld aus oder machen dies wie bei den Krediten für KMU's die Banken und der Bund übernimmt die Bürgschaft?
Welche "Privaten" sacken denn die Gewinne aus den Fussballclubs ein? Gibt es viele Clubbesitzer die mit einem Fussballclub persönliche Gewinne erwirtschaften? Wenn ja, welche?
Aber ich hoffe, dass dieses krampfhafte Retten der akutellen Strukturen nicht funktionieren wird. Der Fussball lebt von Emotionen, aber mit Geisterspielen werden diese Emotionen massiv eingeschränkt. Wenn dann nach einem Tor aber nicht mal mehr ein gemeinsamer Jubel stattfinden kann, die Essenz der positiven Emotion im Fussball, dann hat man ein massives Problem.
Absolut. Allerdings ist es 1. vorübergehend und 2. alternativlos zu einem kompletten Abbruch.
Das het mit Fuessball gar nüd zdue!
Der Ball ist rund und muss ins Eckige. Von daher hat das viel mit Fussball zu tun. Das Spiel ist da. Es fehlt dem Spiel einfach das Herz. Vorübergehend.
Ein Mensch mit einer Herz-Lungenmaschine bleibt auch ein Mensch.
Edit: Selbstverständlich verstehe und respektiere ich Meinungen, die Geisterspiele nicht mögen. Man muss sich dann einfach bewusst sein, dass dies entweder Abbruch mit Wertung per März oder Abbruch ohne Wertung bedeutet (was vermutlich in den Regeln definiert ist).
Ist genauso wie beim schwedischen Coronahandling. Man kann das bevorzugen, man kann dafür argumentieren, alles legitim. Man muss aber ehrlich genug sein, die Fakten auszusprechen: Man opfert Risikopatienten für das Wohl der Allgemeinheit und Wirtschaft. Entscheidet man sich für diesen Weg, muss man hinstehen und dazu stehen. Man kann nicht andere Wege kritisieren und seine eigenen Nachteile unter den Teppich kehren.