FCB: Nach dem kritischen InterviewWas von Gigi Oeris Attacke zu halten istElf Jahre nach ihrer Amtsübergabe wirft die Ehrenpräsidentin des FC Basel mit einem Angriff auf ihren direkten Nachfolger viele Fragen auf. Zeit für ein paar Antworten.
Florian Raz
Publiziert heute um 12:30 Uhr
Feierlaune 2004: Gigi Oeri trägt den Stern, den der FC Basel nach dem zehnten Meistertitel seiner Vereinsgeschichte im Wappen tragen darf. Foto: Markus Stücklin (Keystone)
Der FC Basel kann fast alles. Nur eines nicht: Ruhe. Also platzt mitten in die Sommerpause ein Interview von Ehrenpräsidentin Gigi Oeri in der «Basler Zeitung». Was als Würdigung des verstorbenen Ex-Präsidenten Werner Edelmann beginnt, wird zum Rundumschlag gegen alle FCB-Führungen seit 2012.
Besonders heftig attackiert die heute 67-Jährige elf Jahre nach ihrem Abgang ihren direkten Nachfolger Bernhard Heusler. Der habe sie damals «aus dem Club gedrängt».
Seither diskutiert die Region mal wieder hochemotional darüber, wer warum was gemacht hat. Wer sich all die Erfolge ans Revers heften darf – und wer Schuld ist an der inzwischen wieder prekären Lage. Oeris Abgang? Heuslers Abgang? Sein Nachfolger Bernhard Burgener? Der aktuelle Präsident David Degen? Ein paar Antworten.
Wurde Gigi Oeri von Bernhard Heusler aus dem Club gedrängt?
Bessere Zeiten: Gigi Oeri und Bernhard Heusler bei ihrem Abschied als FCB-Präsidentin. Foto: Georgios Kefalas (Keystone)
So hat sie es
jetzt der BaZ erzählt. Mit dem wohl entscheidenden Zusatz: «So empfinde ich das heute.» In jener Zeit jedenfalls gibt es dafür keine Anzeichen. Bernhard Heuslers Aufstieg im Club geschieht in einer Zeit, in der Oeri als Mehrheitsaktionärin, Präsidentin und Transferchefin alle Fäden in ihren Händen hält.
Es ist trotzdem kein Zufall, dass an der Medienkonferenz nach den Krawallen vom 13. Mai 2006 nicht Oeri auf dem Podium sitzt. Stattdessen wird Heusler vorgeschickt, der damals in der Öffentlichkeit noch kaum in Erscheinung getreten ist. Ein Zeichen dafür, wie viel Verantwortung ihm intern schon zuvor übergeben worden ist – mit Oeris Segen.
Oeris Abschied aus dem täglichen Club-Geschäft kommt im Januar 2009 nach einer auch emotional aufreibenden Trainerwahl. Erst will sie den langjährigen Trainer Christian Gross durch dessen Assistenten Fritz Schmid ersetzen. Dann verlängert sie doch mit Gross. Und der entlässt daraufhin Schmid.
Nach diesem Hin und Her wird Heusler als Delegierter des Verwaltungsrats verantwortlich für das Tagesgeschäft. Und Oeri distanziert sich auch örtlich vom Club. Sie treibt zwar den Bau des Nachwuchszentrums voran. Aber sie lebt meist auf Ibiza, baut dort ein Tierheim auf und finanziert Filme. Als die Basler 2011 Manchester United aus der Champions League werfen, erlebt Oeri das auf den Balearen vor dem TV.
An der Generalversammlung, an der sie 2012 verabschiedet wird, wirkt Oeri mit sich und ihrem Nachfolger im Reinen. Sie betont das «einzigartige Vertrauensverhältnis zu Bernhard Heusler sowie zum übrigen Vorstand». Sie sagt: «Es fällt mir überhaupt nicht schwer loszulassen.» Und sie ruft in den Saal: «Stehen Sie hinter Bernhard Heusler! Er ist einer der besten Männer, die es beim FCB je als Präsident gegeben hat.»
Warum gehen die Aktien 2012 von Oeri an Heusler?
Weil sie niemand sonst haben will. Obwohl sie für einen symbolischen Franken zu haben wären. Als Erklärung hilft ein Blick auf die Zahlen. Als Oeri geht, übergibt sie zwar einen finanziell gesunden Club. Sie kann das aber bloss tun, weil sie 2009 fast zehn Millionen Franken eingeschossen hat, um das Defizit zu decken.
In Oeris Zeit macht der FCB manchmal einen kleineren Gewinn – und manchmal 9,7 Millionen minus. Der Club gilt unter den Vermögenden in der Nordwestschweiz als nicht wirtschaftlich. Oeri hat klargemacht, dass sie keine Defizitgarantie mehr übernimmt. Und niemand hat Lust, eigenes Geld im Fussball zu verbrennen.
Heusler bleibt darum auf den Aktien sitzen. Und weil er kein genug grosses Vermögen hat, muss der FCB ein Club werden, der sich selber finanziert. In den fünf Jahren unter Heusler macht der FCB insgesamt rund 90 Millionen Franken Gewinn. Die Hälfte seiner Anteile verschenkt er in jener Zeit an die anderen FCB-Verwaltungsräte.
Als Bernhard Burgener 2017 die Aktien schliesslich für geschätzte 16 Millionen Franken kauft, erhält er dafür nicht nur einen Fussballclub im Wert von rund 160 Millionen Franken. 60 Millionen davon liegen auch direkt als flüssige Reserven in den Kassen.
Übergabe bei tiefem Kassenstand: Bernhard Burgener (vorne) und David Degen. Foto: Urs Lindt (Freshfocus)
Burgener geht davon aus, den Club gewinnbringend weiterführen zu können. Er kündet an, sich als erster Präsident der FCB-Geschichte im Erfolgsfall Dividenden auszahlen zu wollen.
Es kommt aber ganz anders. Als David Degen 2021 nach einem heftigen Machtkampf die Aktien übernimmt, macht
Burgener laut «Basler Zeitung» sogar noch Gewinn. Degen bezahlt demnach 18,4 Millionen für die Aktien. Aber die Kassen des FCB sind zu diesem Zeitpunkt leer. Die Folge: Zum
Jahresbeginn 2023 müssen die aktuellen Aktionäre eigenes Geld einschiessen, um die Finanzen im Lot zu halten.
Wird Oeris Wirken für den FCB unterschätzt?
Rund 50 bis 60 Millionen Franken hat Gigi Oeri insgesamt in den FC Basel investiert. Foto: Freshfocus
Alle wissen, dass es den FC Basel in seiner heutigen Form ohne Gigi Oeri nicht gäbe. 1999 kommt sie in einen Club, der von seiner grossen Vergangenheit und der Hoffnung auf eine goldene Zukunft lebt. Und dabei gerne Millionen ausgibt, die er nicht besitzt.
Es sind wohl 50 bis 60 Millionen Franken, die die Ehefrau des Roche-Erben Andreas Oeri insgesamt in den Club steckt. Geld, das nicht nur an teure Spieler und noch teurere Trainer fliesst, sondern mit dem auch langfristige, professionelle Strukturen aufgebaut werden.
Schwankend sehen Oeris Popularitätswerte aus. Wobei sie just zu Beginn und zum Ende ihrer Tätigkeit am höchsten in der Gunst der Öffentlichkeit steht. Es sind die Jahre, in denen sie im Hintergrund agiert. Als sie dazwischen den Titel Transferchefin trägt und auch noch Präsidentin ist, ist sie nicht nur sichtbarer. Sie muss auch erleben, dass ihre Entscheidungen und ihre seltenen, aber dafür umso extrovertierteren öffentlichen Auftritte nicht überall gleich goutiert werden. Intern sorgt ihre Sprunghaftigkeit für Unruhe.
Unter ihr erlebt der FCB zudem einen der schwersten Konflikte zwischen Clubführung und Fankurve mit den Ausschreitungen 2006 als Tiefpunkt. Als sie 2012 abtritt, sind aber all die Irritationen längst vergeben und vergessen. Minutenlang sind die stehenden Ovationen, als sie zur Ehrenpräsidentin gewählt wird.
Wie gross ist Oeris Einfluss auf den FCB heute?
Etwas gebaut, das bleibt: Gigi Oeri 2013 bei der Einweihung des Nachwuchs-Campus des FC Basel. Foto: Urs Lindt (Freshfocus)
Gering. Und gleichzeitig nicht zu unterschätzen. Oeri hat ihre Distanz behalten. Auch das Interview, das jetzt die Vergangenheit wieder aufleben lässt, führt sie von Ibiza aus. Aber sie ist über den Nachwuchs noch immer mit dem FCB verbunden. 2,6 Millionen Franken fliessen von ihr jährlich in die Stiftung, die den Campus des FCB betreibt.
Und dann halten sich Gerüchte, dass Degen von Oeri mit einer siebenstelligen Summe unterstützt worden sei, damit er Burgeners Aktien kaufen konnte. Sie selber streitet das im Interview mit der BaZ ab.