Der Fernseh-Markt wird neu aufgemischt
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(Si) Der TV-Sport ist in Bewegung. Mit dem Schritt ins
multimediale Zeitalter und neuen Keyplayers wie der Swisscom wird
die SRG gefordert wie kaum zuvor. «Wir müssen unsere Strategie
überdenken», sagt Urs Leutert, der Leiter Sport SF.
Leutert, zugleich Leiter der Business Unit Sport SRG SSR, die
für den Erwerb resp. die Herstellung der Sportprogramme zuständig
ist und diese finanziert, spricht an einer Medienkonferenz in
Zürich von einer «rasanten Entwicklung, bei der alles noch viel
schneller geht als erwartet. Free-TV, Pay-TV und Online laufen
zusammen, dazu kommen noch die mobilen Dienste». In diesem
galoppierenden Markt gilt es sich neu zu positionieren.
Wo ist die Grenze zwischen Fernsehen und mobilen Diensten? Was
heisst überhaupt noch «Exklusivität»? Die Vertragsverhandlungen
gestalten sich immer schwieriger. Die Rechte werden aufgesplittet
in verschiedene Vektoren. Zwei Juristen sind fast permanent mit
solch heiklen Fragen beschäftigt. Noch ist es nicht soweit wie in
Belgien, wo die «Belgacom» (die belgische «Swisscom») die gesamten
Fussballrechte gekauft hat und dem Fernsehen nur noch einen kleinen
Teil zur freien Verwertung überlässt.
Schwierige Vertragsverhandlungen
Nach dem Ausstieg von Cablecom als Mitbieter sind die SRG und
die Swisscom daran, das nationale Fussball-Paket (Football League
und Fussballverband mit Länderspielen) aufzuteilen. Was die SRG
ausschloss, ist die Übernahme von Teilrechten von Dritten (wie z.B.
von Cablecom). Meist werden die Verhandlungen wieder direkt mit den
Veranstaltern und weniger mit Agenturen geführt.
Die Verträge werden immer komplizierter. «Aus Verträgen sind
Bücher geworden», sagt Leutert, «auf zwei Zeilen steht der Betrag
und um was es geht, dann sind auf 50 Seiten die Verpflichtungen und
Einschränkungen aufgelistet». Dazu kommen noch die technologischen
Spezifikationen.
Fussball und Drei-Säulen-Prinzip
Obwohl Leutert sagt, dass von der Priorität her sich fast alles
um Fussball, Fussball und nochmals Fussball dreht, gilt für ihn bei
der Auswahl der Sportveranstaltungen das Drei-Säulen-Prinzip: 1.
Anlässe mit Schweizer Sportlerinnen und Sportlern, 2.
Sportveranstaltungen in der Schweiz und 3. internationale Sports-
Events wie, ausser Fussball-WM und EM, Champions League, Formel 1,
Tour de France, Leichtathletik und Ski-Weltcup.
Fast gleichzeitig laufen mit der Swiss Football League, dem
Fussballverband, der UEFA und dem Eishockey-Verband die Verträge
aus und mit Swiss-Ski nur noch ein Jahr weiter. Von der Super-
League wird die SRG weiterhin 10 Live-Spiele (davon 6 mit
Erstzugriffen) übertragen können. Gemäss Leutert ist die
Zusammenarbeit Football League und SRG ein MUSS, für beide Seiten.
SAT.1 wird zwar die von der Swisscom erworbenen Spiele vorerst
vermutlich weiterhin ausstrahlen, dann herrscht aber beim einstigen
«Fussballsender» Mattscheibe. Die Rechtekosten (zuerst 7 Millionen,
später 2,5 Mio) plus über 100'000 Produktionskosten pro Match waren
nicht mehr refinanzierbar. Wer für Swisscom die Spiele produzieren
wird, ist noch offen.
Trotz rauherem Marktumfeld will die SRG für die Rechte und die
Produktion nicht mehr Geld aufwenden als bisher. Dem Spardruck
fallen einige unilaterale Begleit-Programme zum Opfer. So wird es
von der Ski-WM 2007 kein eigenes Studio und kein Magazin mehr
geben. Nicht sparen will die SRG dagegen bei der Vielfalt (über 60
Sportarten!) und beim Produktionsstandard.
Wenig schmeichelhafte Wort findet Leutert für Swiss-Ski, wo die
neue Führung laut ihm alles anders machen wolle als bisher:
«Neueinsteiger und Bankdirektoren vergessen, dass, wenn man Rechte
von Veranstaltungen hat, diese auch noch übertragen muss.» Allein
am Lauberhorn wendet die SRG Jahr für Jahr über eine Million für
die Produktion auf.
Im Eishockey, wo die Rechte (TV, Radio, Internet) vom Verband
neu ausgeschrieben wurden, sind die Knackpunkte die Playoffs. Wegen
Terminüberschneidungen (u.a. mit dem FC Basel im UEFA-Cup) wurden
vier Spiele auf Online live übertragen mit bemerkenswerten
Zugriffen von 25'000 pro Match.
Erfolgreiche Internet-Plattform
Überhaupt zieht die SRG mit ihrem Portal
http://www.sport.sf.tv mit
einem umfassenden Added Value zum TV-Sport eine erfreuliche
Zwischenbilanz. Dazu gehören neben aktuellen News, Tabellen und
Dokumenationen ein umfangreiches Video-on-demand-Angebot und ein
Video-Archiv, ausgenommen Formel 1 und Champions-League (noch keine
Online-Rechte).
Allein am 20. Februar 2006 (Olympia-Riesenslaloms Frauen und
Männer) erreichte die Seite eine halbe Million Page-Impressions.
Das interaktive 3D-Game «Ski-Challenge» wurde nicht weniger als
250'000 Mal runtergeladen. Mit der Bewirtschaftung des Teletexts
(neu von Zürich statt von Biel aus mit 10 bis 12 Personen auf 7
Stellen) soll weiterer Mehrwert geschaffen werden.