Bin eigentlich schon seit über zehn Jahren Fan von Leicester City, kam aber erst 2003 das erste Mal nach Mittelengland für eine Schnupperstunde "Footie". Seitdem habe ich in Leicestershire viele wunderbare Freunde gemacht und versuche, in einem Abstand von je etwa einem Jahr, regelmässig ein Spiel im Walkers Stadium mitzuerleben.
Nun gut, zu Beginn dieses Februars war es wieder mal soweit: Nach einer Mammut-Zugfahrt über Zürich, Lausanne und Genf ging es ab Genève-Aéroport mit EasyJet in Richtung East Midlands Airport. Dort wurde ich von Kollegen abgeholt.
Am Samstag ging es ans Spiel gegen Plymouth Argyle.
Zu Leicester City muss ich hier anfügen, dass seit dem Beinahe-Konkurs 2003 praktisch kein Stein mehr auf dem anderen steht und Konstanz zu einem Fremdwort geworden ist. Seit dem Abstieg aus der Premier League 2004 kämpft mein Lieblingsverein mit konstant unkonstanten Trainern, Spielern und Clubverantwortlichen. In den letzten 2 Jahren wurden nicht mehr als 6(!!) Trainer verschlissen, darunter der derzeitige Trainer von Bolton, Gary Megson. Dieser Negativrekord steht nicht zuletzt durch den neuen Clubbesitzer, den Serbisch-Amerikanischen Millionär Milan Mandaric (vormals bei Portsmouth FC). Bereits hat Mandaric seit der Übernahme vor knapp anderthalb Jahren kräftig in einen "Neuaufbau" investiert, doch die Neueinkäufe erwiesen sich bisher durchwegs als Flops. Die Mannschaft dümpelt auch jetzt noch (unter Ian Holloway) unmotiviert im unteren Tabellendrittel vor sich hin und steckt 13 Runden vor Schluss bereits in einem "Relegation Dogfight", ein Abstieg ist durchaus möglich.
Zum Plymouth-Spiel gibt es eigentlich nichts wirklich Nennenswertes beizufügen, ausser dass Leicester (mal wieder typisch) mit 0-1 verlor. Es war ein Spiel zum vergessen, ohne Pfupf und Spannung. Der Rasen im Walkers hat seltsamerweise recht abgebaut, die Gründe dafür sind noch unklar.
Die Stimmung im Walkers Stadium wird schon seit längerem bemängelt, obschon es zu einem der moderneren in England gehört. Irgendwie schaffen es die Leicester-Fans nicht, im eigenen Stadion für dauerhafte und qualitativ gute Unterhaltung zu sorgen. Das Fassungsvermögen von 32'500 ist eigentlich auch nicht ohne.
Die Preise in den Turnstiles sind halt wie meist überall in England - ziemlich hoch.

Ein Bier im Plastikbecher/Hotdogs/Pukka Pies gibts für 3 bis 4 Pfund, einen Tee für 1.50. Alkohol ist im Sitzplatzbereich natürlich verboten, dasselbe gilt für Stehen. Die Stewards können da ganz schön rabiat durchgreifen.
Nun gut, nach diesem eher enttäuschenden Erlebnis gönnte ich mir ein paar Tage darauf noch einen Auswärtstrip nach Watford. Meine Kollegen hatten bereits eine Mitfahrgelegenheit im Bus organisiert und so machten wir uns auf Richtung Süden.
Nach knapp 2 Stunden und einem Abstecher an einer Autobahnraststätte kamen wir leicht ausserhalb der Stadtgrenze Londons in Watford an. Viel Zeit zum Pubhopping gab es nicht, wir waren knapp dran mit der Zeit. Ich habs dann aber doch noch kurz ins Oddfellows geschafft, wo auch Auswärtsfans eingelassen werden.

Vicarage Road ist ein seltsames, eckiges und altes Stadion mit vier unterschiedlich geformten und unterschiedlich grossen Tribünen. Infrastrukturmässig definitiv aus dem alten Jahrhundert.

Draussen stehen sich die Fans für schnelle Snacks, Fish 'n Chips und anderen Fastfood die Füsse platt. Die schön aufgemachten Matchhefte im A5-Format kosten in der Championship bei allen Klubs gleichviel (?): 3 Pfund.
Um ins Stadion eingelassen zu werden, wird der Strichcode auf dem Matchticket eingescannt (das Ticket sollte deswegen nicht verbogen werden!).
Zum Spiel: Grösstenteils ausgeglichen, gab der Schiedsrichter in der 40. Minute der ersten Halbzeit einen umstrittene Rote Karte gegen einen Watford-Spieler für Trikotzupfen nach einem Konter von Leicester, was von den einheimischen Fans natürlich ordentlich bebuht wurde. Trotz dieser Überlegenheit gegen einen der Aufstiegsfavoriten und Premier League-Absteiger schaffte es Leicester wieder mal nicht, das Spielgeschehen an sich zu reissen. Die Mannschaft in Blau enttäuschte auf der ganzen Linie: Kurz vor der Pause kassierten die "Foxes" ein dümmliches 1-0. An diesem Spielstand änderte sich nichts mehr und so schritt die "Blue Army" aus Leicestershire frustriert von dannen. Wenigstens sorgten die Auswärtsfans für ordentlich Stimmung, die zahlreich mitgereisten Leicester-Fans gaben den Watford-Kontrahenten ordentlich was auf den Deckel - zumindest, was die Variation der Chants und die Lautstärke betraf. Viele Lieder sind genial... genial lustig.
Auf der stillen Rückfahrt im Buskonvoi wurden wir noch von der Polizei auf Motorrädern aus Watford rausmanövriert. Am Strassenrand wurden wir ordentlich verhöhnt - unter anderem von einem einsamen, kleinen Jungen im Watford-Trikot, der uns den Stinkefinger zeigte. Ich fands eher amüsant.
Als Leicester City-Fan muss man dieser Tage eine dicke Haut haben, denn der Frust und die Enttäuschung sitzen bisweilen ganz schön tief... Leider.
Trotzdem möchte ich die Erlebnisse auf der Insel gegen nichts anderes eintauschen.
Das frühlingshafte Wetter mit ordentlich Sonnenschein hat einiges dazu beigetragen, das auch dieser Ausflug mit einem positiven Fazit abgeschlossen werden konnte.