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Was bringen vorzeitige Trainerwechsel?
Von Helmut Dietl und Egon Franck*
In den meisten Organisationen gibt es einen natürlichen Zeitpunkt für einen Führungswechsel. In der katholischen Kirche liefert der Tod des Papstes diesen Anlass. In politischen Parteien eignen sich Wahlniederlagen zu Zäsuren in der Führung. Für Managerwechsel in Unternehmen bieten sich abgelaufene Arbeitsverträge an. In Sportklubs ist der «natürliche» Zeitpunkt für einen Trainerwechsel das Saisonende. Ein neuer Mann hat dann bis zum Beginn der neuen Saison ausreichend Zeit, das Spielerkader seinen Wünschen entsprechend anzupassen und das Team taktisch neu einzustellen. Diese «natürlichen» Zeitpunkte für einen Führungswechsel sind also dadurch gekennzeichnet, dass dieser relativ reibungslos und ohne grosse Produktivitätseinbussen erfolgen kann.
In vielen Organisationen beobachten wir aber auch Führungswechsel ausserhalb dieser natürlichen Zeitfenster. Beispielsweise kann eine katastrophale Wahlumfrage zu einem vorgezogenen Wechsel an der Parteispitze führen oder ein Einbruch des Aktienkurses die Trennung von Managern beschleunigen. Auch in Sportklubs werden Trainer häufig während der Saison entlassen, wenn der gewünschte sportliche Erfolg ausbleibt. Wie alle Führungswechsel ausserhalb des natürlichen Zeitfensters führen auch Trainerentlassungen in der laufenden Saison zu erheblichen Kosten durch Turbulenzen und Abfindungszahlungen. Daher stellt sich die Frage, ob mit einer vorzeitigen Trainerablösung tatsächlich eine Produktivitätssteigerung erzielt wird - oder ob solche Manöver vom Klubvorstand nur dazu benutzt werden, erboste Klubmitglieder und Fans zu besänftigen und so von eigenen Managementfehlern abzulenken.
Die bisher vorgelegten wissenschaftlichen Studien unterstützen in erster Linie diese Ablenkungs- und Besänftigungsthese, da sie keine signifikante Verbesserung der Spielstärke infolge vorzeitiger Trainerwechsel nachweisen konnten. Eine kürzlich von Juan de Dios Tena und David Forrest anhand aller vorzeitigen Trainerwechsel im spanischen Profifussball im Zeitraum von 2002 bis 2005 durchgeführte empirische Untersuchung ermöglicht eine Neubewertung des Sachverhalts. Die beiden Forscher weisen nach, dass ein vorzeitiger Trainerwechsel zu unterschiedlichen Effekten bei Heim- und Auswärtsspielen führt. Anders als bei den Auswärtsspielen, bei denen sich kein positiver Effekt nachweisen lässt, spielten die untersuchten Klubs nach einem vorzeitigen Trainerwechsel bei Heimspielen signifikant besser.
Dieser Unterschied verdeutlicht, dass ein «neuer Besen» keine unmittelbare Verbesserung der Mannschaft bewirken kann. Eine solche Verbesserung müsste ja bei Heim- und Auswärtsspielen gleichermassen spürbar sein. Die Erklärung für den nur bei Heimspielen wirksamen Trainerwechsel liefert ein indirekter Effekt. Es zeigt sich, dass ein vorzeitiger Trainerwechsel «bessere» Fans erzeugt. Deren Unzufriedenheit wird dadurch besänftigt, sie unterstützen deshalb ihre Mannschaft im eigenen Stadion mit mehr Enthusiasmus. Dies wirkt sich positiv auf die Leistung des Heimteams und negativ auf die Leistung der Gastmannschaft aus. Zudem werden Schiedsrichterentscheidungen zugunsten der Heimequipe beeinflusst. Die Wissenschafter bestätigen also die Besänftigungsthese, weisen aber nach, dass die Zufriedenstellung der Anhänger kein blosses Ablenkungsmanöver darstellt, sondern reale Wirkungen hat. «Bessere» Fans sind der sprichwörtliche zwölfte Mann auf dem Platz. Durchschnittlich gewinnen Mannschaften durch diesen Heimeffekt in den sieben Spielen nach einem vorzeitigen Trainerwechsel 2,42 Punkte mehr, als sie ohne Trainerwechsel gewonnen hätten.
Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, weshalb vor allem Vereine, die in Abstiegsgefahr geraten, zu vorzeitigen Trainerentlassungen neigen. Bei diesen Klubs ist nicht nur das Besänftigungspotenzial am grössten. Die abstiegsgefährdeten Klubs erzielen auch den grössten wirtschaftlichen Vorteil aus dem vorzeitigen Trainerwechsel. Die zusätzlichen 2,42 Punkte können über den Klassenerhalt entscheiden. Da mit einem Abstieg Erlöseinbussen im zweistelligen Millionenbereich einhergehen können, lassen sich die Abfindungskosten leicht kompensieren.
* Helmut Dietl und Egon Franck sind ordentliche Professoren an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Beide beschäftigen sich seit Jahren unter anderem mit ökonomischen Fragen des Sports.
Sport und Ökonomie
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Die Wissenschafter bestätigen also die Besänftigungsthese, weisen aber nach, dass die Zufriedenstellung der Anhänger kein blosses Ablenkungsmanöver darstellt, sondern reale Wirkungen hat. «Bessere» Fans sind der sprichwörtliche zwölfte Mann auf dem Platz. Durchschnittlich gewinnen Mannschaften durch diesen Heimeffekt in den sieben Spielen nach einem vorzeitigen Trainerwechsel 2,42 Punkte mehr, als sie ohne Trainerwechsel gewonnen hätten.
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