
Damals FCB, heute Winterthur. Dario Zuffi erlebte in Basel bewegte Momente, heute liebt er die Ruhe. Fotos Holenstein/Di Domenico (EQ Images)
«Diesen Abgang hatte ich nicht verdient»
TOBIAS VON ROHR, Winterthur
Ex-FCB-Spieler Dario Zuffi lebt heute in Winterthur und trainiert dort die U21-Mannschaft. Er blickt mit gemischten Gefühlen auf seine Basler Zeit zurück.
Dario Zuffi, der Mann, der den FC Basel 1994 zum Aufstieg in die Nationalliga A schoss, sitzt im Stadion-Restaurant auf der Schützenwiese in Winterthur und nippt an einer Cola. Er ist 42, er ist sportlich gekleidet. Zuffi trainiert die U21-Mannschaft des FC Winterthur, es ist seine dritte Saison, daneben arbeitet er sechs Stunden pro Tag als Lohnbuchhalter. «Zusammen ergibt das einen 120-Prozent-Job. Aber ich mache es nur, weil es mir Spass macht», sagt Zuffi. Er strahlt die Gelassenheit und Bodenständigkeit aus, die immer schon sein Kennzeichen war.
Zuffi suchte nach seinem Rücktritt nie die grosse Bühne der Super-League-Vereine, bewusst wählte er den ruhigen FC Winterthur. Die Stelle als Juniorentrainer füllt er mit Hingabe aus. Hier kommt er her, hier kicken auch seine drei Söhne, der älteste sogar in der U21. Hier begann auch seine Fussballkarriere: Beim Vorortclub FC Töss, wo er alle Juniorenstufen durchlief und bereits mit 16 Jahren den Sprung in die erste Mannschaft schaffte. Zwei Jahre später wechselte er zum FC Winterthur. Von da an ging es rasant aufwärts. Die renommiertesten Clubs der Schweiz wurden schnell auf ihn aufmerksam. «Das konkreteste Angebot kam von den Young Boys Bern. Da sah ich auch eine gute Chance, in der Stammelf zu spielen», sagt Zuffi. Er behielt recht, es war eine gute Wahl - am Ende der Saison 1985/86 konnte er mit den Bernern den Meisterpokal in die Höhe stemmen. Er blieb sechs Jahre bei YB, gewann einmal den Cup, wurde Torschützenkönig und schaffte es ins Nationalteam. 1991 wechselte Zuffi zum FC Lugano und gewann ein zweites Mal den Cup.
Kein Karrierist. Aber schon als Spieler war Dario Zuffi kein Karrierist, die Familie war ihm wichtiger, und so kam es, dass er 1993 schliesslich beim damaligen NLB-Club FC Basel landete. Sein ältester Sohn sollte in diesem Jahr eingeschult werden. «Wir trafen dann einen Familienentscheid, unsere Kinder sollten in der Deutschschweiz aufwachsen», sagt Zuffi. «Kein NLA-Verein wollte so viel Geld in die Hand nehmen, um mich von Lugano wegzukaufen. Für einen NLB-Verein war diese Summe allerdings sehr viel niedriger», sagt er. Und so griff der FC Basel zu, der endlich den Wiederaufstieg bewerkstelligen wollte.
Mit seinem Wechsel in die zweithöchste Spielklasse hatte sich Zuffi alle Chancen auf eine eventuelle Weltmeisterschaftsteilnahme 1994 in den USA verbaut. Aber auch heute sagt er noch, dass er diesen Entscheid nie bereut habe. Denn der FCB stieg tatsächlich auf, und er, Zuffi, schoss am Ende das entscheidende Tor: Mit seinem Ausgleichstreffer per Freistoss gegen Etoile Carouge sicherte er dem FCB die Rückkehr in die höchste Schweizer Spielklasse. «Aber das Tor war nicht das Wichtigste, entscheidend war, dass wir es als Mannschaft gepackt haben.» Sein Name wird trotzdem für viele immer mit dem definitiven Aufstieg des FCB verbunden bleiben. Fünf Jahre blieb Zuffi bei Basel und stand während dieser Zeit regelmässig in der Stammelf.
Das emotionalste Spiel. Auf die Saison 1997/98 hin verpflichtete Basel erfahrene Kräfte aus der Bundesliga. Als Trainer figurierte nun Jörg Berger, und dieser brachte gleich vier Spieler aus der Bundesliga mit. Gebracht hat es wenig: Statt um den Meistertitel spielte man plötzlich um den Abstieg. «Sportlich hatten wir einige Probleme, das Team hat nicht gut zusammengepasst», sagt Zuffi. Der FCB musste den Gang in die Auf-/Abstiegsrunde antreten. Und dort stand man zwei Runden vor Ende praktisch vor dem Abstieg in die Nationalliga B.
Was dann folgte, war das «emotionalste Spiel meiner Karriere», wie Zuffi sagt, «eine Wahnsinnspartie für alle, da waren wir knapp vor dem Abgrund.» Das Auswärtsspiel in Kriens musste unbedingt gewonnen werden, um die Chance auf den Klassenerhalt zu wahren. «In diesem Spiel lief alles gegen uns, aber wir haben Moral gezeigt», erinnert sich Zuffi. Basel besiegte trotz einer frühen Roten Karte und dank einem gehaltenen Elfmeter von Stefan Huber Kriens mit 3:1 - Zuffi erzielte dabei das dritte Tor. Das letzte Spiel für den FCB bestritt er gegen Solothurn, es endete 3:0, Basel blieb definitiv oben - und Zuffis Zeit beim FCB endete abrupt.
Der Familie zuliebe. Es war kein schöner Abgang. Der FCB unter Präsident René C. Jäggi verlängerte seinen Vertrag nicht vorzeitig, weil er den Abstieg fürchtete - Zuffi entschloss sich schliesslich, nach Winterthur zu wechseln, wo ihm ein Anschlussvertrag als Juniorentrainer angeboten wurde. Der Familie zuliebe, wieder einmal. «Das war von mir nicht so gewünscht, ich wäre gerne in Basel geblieben», sagt Zuffi. «Ich habe viel für den FCB gemacht, ich hätte eine bessere Behandlung verdient gehabt.»
Heute bildet er die nächste Fussballergeneration in Winterthur aus, das gefällt ihm, sagt er. Wie lange er noch da bleibt, weiss er nicht: «Ich überdenke die Situation jedes Jahr neu. Heute muss ich auch nicht mehr langfristig planen.» Er hegt keine Ambitionen, je eine Profimannschaft zu trainieren. Vielleicht, sagt er, würde ihn der Juniorenbereich eines Super-League-Clubs reizen. Wenn die Familie mitmacht.
* Die baz-Serie «was wurde aus...?» erscheint jeden zweiten Samstag.
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