Ruhrpott-Masochisten

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gruusigeSiech
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Ruhrpott-Masochisten

Beitrag von gruusigeSiech »

[size=-1]www.spiegel.de 19. Dezember 2005


BUNDESLIGA-KOMMENTAR

Ruhrpott-Masochisten
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Von Peter Unfried

Die Fußball-Bundesliga hat sich in die Winterpause verabschiedet, aber was bleibt? Ein Herbstmeister, den jeder erwartet hat, Nordclubs im Aufwind, dazu die üblichen Trainerentlassungen. War das schon alles? Nein! Sechs provokante Thesen zur Lage der Liga.
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1. Schalke will keinen Erfolg

Den spektakulärsten Schritt in der Vorrunde 2005/06 hat ganz sicher der FC Schalke 04 getan. Glückwunsch dazu. Denn offenbar will man es nicht anders. Die Tatsache, dass, und die Art, wie man den Erfolgstrainer Ralf Rangnick (Vizemeisterschaft, Pokalfinale, Champions-League-Qualifikation) rausgekantet hat, spricht dafür. Irgendwie passte der Rangnick nicht zu uns, hieß es unter Anhängern. Ach, warum denn nicht? Weil er einen Plan hatte?

Der schlimme Verdacht: Ist Schalke ein Masochistenhaufen, der nichts mehr fürchtet als Professionalität und Rationalität, die einen nachhaltigen Erfolg gewährleisten könnten? Nachhaltigkeit ist eine Qualität, die weder Manager Rudi Assauer noch der langjährige Trainer Huub Stevens geschaffen haben. Es ist jedenfalls ein bizarres Phänomen, dass die kollektive Identität Schalkes sich aus einer glorreichen Vergangenheit speist, die ein Elefantengedächtnis nötig macht, gleichzeitig aber Amnesie herrscht, was die Entwicklung im letzten Jahr betrifft.

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[size=-1]Wer das Team im Herbst 2004 herumstolpern sah oder nur auf die Tabelle schaute, dem müsste eigentlich in dieser Hinrunde im Angesicht international technisch und taktisch wettbewerbsfähiger Auftritte in Champions-League-Partien gegen Vorjahresfinalist Milan ein Unterschied aufgefallen sein. Rangnick hat übrigens für eine Bundesliganiederlage 16 Saisonspiele (Bilanz: 7/8/1) benötigt. Interimstrainer Oliver Reck nur eine einzige. Man sieht: Es geht voran.

2. Rückschlag für die Konzepttrainer

Rangnick und Uwe Rapolder (1. FC Köln, am Sonntag entlassen) sind die Protagonisten jener neuen Generation von Vertretern des Konzept- und Kollektivfußballs, die es in Spitzenjobs schaffen; nicht auf der Grundlage von 100 Länderspielen, sondern weil sie ihre Arbeit jahrelang gelernt und verfeinert haben. Vor seinem Rauswurf in Köln fragte ich Uwe Rapolder, ob er nicht den Gegenschlag der Anti-Moderne fürchte. Nein, sagte er: "Es gibt kein Zurück. Andernfalls würde Deutschland international völlig absacken." Das konzeptionelle Arbeiten sei "mittelfristig ohne Alternative".

Dass und wie man hier die angebliche Podolski-Rapolder-Kontroverse und dort die sogenannte "Ehrenrunde" Rangnicks im Stadion aufgebauscht und benutzt hat, um die Trainer zu diskreditieren, zeigt, dass die Aufklärung noch längst nicht in der Fußball-Welt angekommen ist. Es ist selbstverständlich kein Zufall, dass speziell "Bild" alles tut, damit das so bleibt.

3. Klopp muss in Mainz bleiben

Jürgen Klopp ist definitiv angekommen im Establishment. "Bild" lobt den Trainer des FSV Mainz 05, die "taz", Günter Netzer und der "kicker" schätzen seine fachlichen Qualitäten - das schafft nicht einmal Karl-Josef Ratzinger alias Benedikt XVI. Eigentlich müsste er jetzt den nächsten Karriereschritt machen.

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"Jürgen-Klopp-Sprache" ist mittlerweile ein Fachbegriff, den auch Nationalspieler Thomas Hitzlsperger unlängst benutzte für diese spezielle Artikulation, die die Fußball-Moderne mit dem schwäbischen Jugend-Slang der achtziger Jahre verbindet. Aber manchmal sehen ihn die Leute im Fernsehen und winken schon wieder ab, weil... tja, warum? Weil er nicht mehr das "new kid in town" ist, aber immer noch aussieht und redet wie Klopp.
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Das Relevante ist: Mainz 05 hat im schwierigen, zweiten Bundesligajahr zur Halbzeit vier Punkte Abstand auf einen Abstiegsplatz. Die neuerdings in der Liga obligatorische Superminusserie (fünf Niederlagen zum Auftakt) ist bereits überstanden. Die Chance ist da, den Zuschauer- und Fanclubboom in Infrastruktur umzuwandeln. Dafür braucht man Klopp.

Erstens ist der Verein zwar hundert Jahre alt, hat aber keine Vergangenheit - ohne Klopp. Zweitens bindet keiner wie Klopp sowohl das Fernseh-, wie das Fach- und das neue Mittelklassepublikum im Stadion. Letzteres zu halten, darum geht es an neuen Fußballstandorten im Besonderen.

4. Bayern wird im März Meister

Bayern wird Meister. Okay, das weiß jeder. Aber wann und wie? Sagen wir so: Wenn Bayern am 8. März gegen Milan aus der Champions League ausgeschieden sein sollte, kann ihnen im San Siro eigentlich bereits die Schale überreicht werden.

5. Auch Trainer haben ein Anrecht auf Niveau

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[size=-1]Musste man sich in dieser Hinrunde ein bisschen viel mit Trainerentlassungen beschäftigen? Gute Frage. Zur Beantwortung müsste man wissen, wozu die Bundesliga für den einzelnen da ist. Für jene Mehrheit, die Fußball über dessen Chef rezipiert, also das Fernsehen, oder bewusst als oberflächliche Unterhaltung nutzt, ist das aufgeregte Rein-Raus-Spektakel möglicherweise essentieller Bestandteil der Show.

Wer es so sieht, für den sind die Versuche der Betroffenen überflüssig und anti-unterhaltend, einen Diskurs anzuregen, der die Medien als Beteiligte begreift. Ich will nicht sagen, dass es keine Gründe geben kann, einen unfähigen oder auch nur erfolglosen Trainer zu entlassen.

Aber manchmal ist es so, dass man bei Trainer-Inquisitionen dabei steht (Frage eines Reporters: "Hat Wolfsburg nicht ein Trainerproblem, Herr Fach?") und über seine Berufswahl ins Grübeln kommt. Es kostete Holger Fach große Anstrengung, aber er antwortete mit dem Satz: "Lassen Sie uns auf einem Niveau Interviews führen, wo es Sinn macht." Der Mann hat Recht. Und darauf ein Anrecht.

6. Es fehlt der spektakuläre Fußball

Vielleicht ist das nur mein persönliches Problem dieser Hinrunde, aber: Es gibt zuwenig spektakulären Hochgeschwindigkeitsfußball in der Bundesliga. Einmal sah ich allerdings ein gutes 0:0.[/size]
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